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Sonntag, 11. Juli 2010
Maitagorry
Die Sonne sticht von einem vor Hitze weißen Himmel, der trockene Wind zwirbelt den Staub auf den Wegen zu Schleiern, die wilde Pirouetten drehen: Tanzt in der Stille des Mittags, Nymphen des Pan! Bussarde pfeilen hoch oben die Luft mit weit tragenden Klagerufen.
Ein gnadenlos dörrender Sommer brachte die erste Mißernte; hungern mußte niemand; die Zehntscheuer leerte sich. Maitagorry, das Feuerweib, wurde unfruchtbar. Als Bäuerin ging sie durch Schmach und Schimpf. Schön, aber schlank, blühend, aber tot. Man hielt die Schwurfinger erdwärts.
Die Leute murrten; der Schoß der Erde blieb trocken. Das Vieh klagte vor Durst. Sie trieben es zum Saufen in die Kieswüste des Stromes. Sie selbst tranken Wein. Auf den Stalltüren mehrten sich angenagelte Eulen. Barral nahm sie ab und hieb sie den Bauern um die Ohren; die Eule sei ein nützlicher Vogel; ob sie zur Dürre auch Wühlmäuse noch haben wollten? Zwei Brunnengräber erstickten im Schacht. Bei der Beerdigung bekreuzigte sich Ghissi, als Mon Dom erschien. Abends auf dem Kirchplatz fragte er Ubarray, was das solle; ringsum sei es nicht besser. Ubarray zuckte die Schultern. Morgens hängten sie an das Haus Etche-Ona einen Steinkauz. Als der Herr, durch das Hämmern geweckt, heraustrat, starrten sie ihn feindselig an.
Die Erde glühte. In der Schmiede war es noch heißer. Außer dem Feuerschurz hatte niemand etwas an. Die Muskeln glänzten wie Öl. Die Hämmer klingelten auf die Reife. Man fertigte nichts mehr als Reife, sie warm auf Bottiche zu keilen. Abkühlend schlossen sie das Holz zusammen. Aus der dunkelsten Ecke kam Maitagorry, das Baumwolltuch um die Hüften gewickelt, ein Kreuz zwischen den Brüsten. Barral nahm es in die Faust. Ein Ruck, und das Kettchen riß. Ihre Augen blitzten. "Larrart wird es tun", sagte Barral. - "Larrart." Sie lächelte mitleidig. "Du bist es. Dich will ich haben." - "Du wagst es, mich du zu nennen?" - "Ja!" fauchte sie. Der Lärm der Arbeit übertönte die Worte. Die Gesellen schauten nicht hin. - "Maita, ich schlage keine Frau, die ich liebe." - "Oh, wie feige bist du. Dann verdorren wir alle, wie ich! dann sterbe ich vor dir, niemand begräbt dich, dann verfluche ich die Erde, dich, mich, meine Kinder!" - Barral schob sie fort. Sie schlug die Zähne in seine Hand und flog zu Boden. "Maita! komm zu dir!" Die Bälge sausten. Die Hämmer klingelten. - "Zu Euch", sagte sie und rutschte auf Knien zu ihm, ihn zu umarmen. Er sah ihren Rücken zucken. "Guter Herr. Guter Herr. Für Euch bin ich geboren. Was ich habe, ist Euer. Auch mein Zorn. Auch mein Haß. Auch meine Rache."
Er zwang sie am Handgelenk hoch. "Rache?" - Ihre Tränen strömten. "Fürchterlich sind die Geister. Mon Dom, Ihr fürchtet sie nicht? Zypressen brennen, wenn Leheren vorbeikriecht. Verraten. Euer Schreck verrät Euch. Luziade, goldbrauner Hirt, ich weiß, wo du sterblich bist. Wo hast du die Peitsche? Nur mit der Peitsche wirst du mein Herr. Nur wenn ich blute, regnet es. Blute ich nicht, regnet es Blut. Kälber mit zwei Köpfen. Blinde Kinder. Mord... Trage deine Schuld, oder ich erwürge dein Gewissen, ich sitze auf deinen Träumen, und wenn ich will, so halte ich dein Herz auf, bis es nicht mehr pulst."
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