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Freitag, 27. April 2007
Wallfahrt
Die Glocken haben wieder geläutet. Als das erzene Gedröhn endlich verhallt ist, wage ich mich vor die Tür, Helm und Rüstung unter dem Arm. Während ich sie anlege, kommt ein Mann aus der Sakristei der Kirche, neben der mein Mopped parkt. Er spricht einen anderen am Fuß der Treppe an, und das Erste, was ich höre: "Das kann doch wohl nicht angehen, daß bei den Gremiensitzungen neuerdings immer die Protestanten in der Überzahl sind. Wo sind wir denn hier?" -
Ja, wo sind wir denn hier? Irland um 1920? Hl. röm. Reich dt. Nation im Zeitalter der Glaubenskriege? Rom, Vatikanstaat, Oberbayern, Ratzingerland? Nein, ganz im Westen Deutschlands, in Nachbarschaft zu den liberalen Niederlanden. Wir schreiben das 21. Jahrhundert, und am Niederrhein toben die Grabenkämpfe des Konfessionsgerangels.
Der Helm sitzt, ich schwinge mich aufs Motorrad. Jetzt gebe ich mir die volle Dröhnung, ich fahre nach Kevelaer.
1641 befand sich dort ein fahrender Händler auf Hökertour. Da meinte er eine herrische Stimme zu hören, die ihm auf gut Plattdeutsch befahl: ‚Op deze plaats sult gij mij een kapelleken bouwen!‘
"Ich bin weitergegangen und habe jene Stimme mir für dieses erste Mal aus dem Sinn geschlagen", erklärte der arme Schlucker Hendrick Busman später einer Synode zu Venlo, die den Fall untersuchte, aber der Herr hatte kein Einsehen und Erbarmen. "Sieben oder acht Tage nachher ging ich wieder desselben Weges und hörte auf der nämlichen Stelle zum zweiten Mal die vorbemerkte Stimme und dieselben Worte. Dadurch wurde ich in großes Leidwesen versetzt, indem ich meine geringen Mittel und Verhältnisse erwog." Trotz seiner geringen Mittel sparte sich Busmans sein "Kapelleken" vom Mund ab. Bald kamen Leute, um es zu sehen und dort zu beten, und schon im nächsten Jahr soll es dort zu ersten wundersamen Heilungen gekommen sein. Besonders Lahme lernten urplötzlich wieder laufen und Blinde sehen. Bis 1647 ereigneten sich nicht weniger als 6 aktenkundige Wunder, woraufhin die Kirche Kevelaer zum Wallfahrtsort erklärte. Heute kommen, haltet euch fest, jährlich bis zu 800.000 Pilger, und es gibt eine eigene Bikerprozession und Gebetsstätte. Jede Kneipe, jedes Hotel in dem Städtchen heißt Zum Goldenen Lamm, Zu den Heiligen Schlüsseln oder sonstwas Katholisches, und die vielen Devotionalienläden und kirchlichen Herrenausstatter zeigen kurioseste Zierrate und die possierlichsten Kleidungsstücke.

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