"Denn wir leben im Zeichen der Ebene und des Himmels.” (Rilke, Worpswede)
Beim Gehen nur den Pirol im Schilfmeer singen hören und den Flügelschlag
der abstreichenden Schwäne über dem Wasser.
Morgen streichen auch wir ab, über die Ostsee nach Nordosten und dann
tief hinein in die Wälder. (Für eine Weile ohne Anschluß)
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Wellblechhütte mit Reetdachanleihe? Unverkennbar. Hier feiert das norddeutsche Reetdach seine zeitgemäße Reinkarnation in Messingblechen. "Mit ihrem Entwurf orientierten sich die Architekten an der regionalen Bautradition rohrgedeckter Fischerkaten", heißt es in einer Beschreibung des neuen Kunstmuseums in Ahrenshoop, das vor nicht einmal einem Jahr eröffnet wurde. Das Material der Außenhaut soll durch Witterunsgseinflüsse allmählich ebenso altern und grau werden wie Reet. Sehr karg auf klare Linien und Flächen reduziert wirken die fünf Gebäude schon heute.
"Mecklenburgs Anfänge waren die eines Kolonialgebiets während der Germanisierung im Hochmittelalter. Der Orden von Citaux entsandte seine tüchtigsten Mönche, die in die zuvor slawische Landschaft ihre Klöster setzten... Ausgangs des Mittelalter galt Mecklenburg als eine deutsche Kornkammer, da die Böden fett waren und die Erträge vergleichsweise üppig ausfielen. Die Verelendung erfolgte erst mit dem Dreißigjährigen Krieg, der gleichermaßen andere deutsche Regionen heimsuchte, die sich in der Folge freilich zu erholen wußten. Anders Mecklenburg. Die Armseligkeit blieb, auch da sie förmlich festgeschrieben wurde, zuletzt in dem ‟Landgrundsätzlichen Erbvergleich” von 1755, jenem fürchterlichen Dokument einer vorgefaßten Rückständigkeit, das auf die weitgehende geistige und materielle Entmündigung der kleinen Leute hinauslief. Bis zum Jahre 1918 durften die gemeinen Mecklenburger in Landesdingen politisch nicht mitbestimmen. Alle Entscheidungen gingen von den Großherzögen und Rittergutbesitzern aus.”
(Rolf Schneider in: Meer, Strand und Himmel als Sehnsuchtsziel und Zufluchtsort der Künstler seit Edvard Munch, Rostock 2005)
1892 kehrte die vierzigjährige Malerin Anna Gerresheim nach Studienaufenthalten bei den dänischen Skagenmalern, in London und Paris aus der Reichshauptstadt in ihr heimatliches Fischland im armen Mecklenburg zurück. Zusammen mit ihrer Schwester kaufte sie in dem weltvergessenen Fischerdorf Ahrenshoop ein Haus, das sie zum Atelier und zur Malschule umbaute und das die Keimzelle der Ahrenshooper Künstlerkolonie wurde.
Das drei Jahre später von Paul Müller-Kaempf gegründete Künstlerhaus Lukas ist eins der ältesten bis heute bestehenden Künstlerhäuser Deutschlands. Bis 1897 gab es bereits zehn solcher Künstlerhäuser in dem kleinen Dorf.
‟Viele dieser modernen Landschaftsmaler waren an den Kunstakademien ausgebildet worden, hatten zum Teil selbst dort gelehrt und waren in den bedeutenden Kunstausstellungen und Museen regelmäßig vertreten.” (Daniela Lange: Auf den Spuren der Künstlerkolonie Ahrenshoop, 2008)
Die Gründergeneration der Kolonie zerstreute sich zwar bereits im Ersten Weltkrieg, doch auch in der Weimarer Zeit und zu Zeiten der DDR kamen immer wieder Künstler zu Malaufenthalten nach Ahrenshoop und Umgebung. Lionel Feininger und George Grosz gehörten zu den Gästen, aber Zusammengehörigkeit und Gemeinsamkeit wie in den Jahren der ersten Kolonie stellten sich nicht wieder ein.
"Dieses Ahrenshoop war früher vor dem Kriege eine richtige Künstlerkolonie mit richtigen Malern [...] Das ist lange her, haben sich wohl nicht halten können, fehlte auch sicherlich an überragenden Typen”, lästerte George Grosz 1930 in einem Brief aus Ahrenshoop (an Eduard Plietzsch, 26.9.1930).
Im neuen Kunstmuseum sind jetzt mehr als 500 Bilder versammelt, die im Lauf der vergangenen 120 Jahre in Ahrenshoop entstanden.
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Der Strandkorb ist also, wie gesagt, nicht mein Ding; manche Reetdächer hier im Norden sprechen mich dagegen sehr an, und zwar bei alten Häusern und mehr noch bei heutigen Versuchen ihrer Verwendung. Da gibt es ästhetisch gelungene und zeitgemäße Lösungen. Ich denke, das Reetdach ist nicht bloß museal, es könnte – zumal es aus einem nachwachsenden Rohstoff gebaut wird – noch eine gute Zukunft haben.
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Angekommen. Vom Nordrand des Mittelmeers an den Südrand der Ostsee. Da herrscht ein anderes Klima, und ich meine nicht nur Wind und Wetter (aber das auch). Das Publikum, das hier grußlos die Dorfstraße auf und ab stampft: DDR, wie sie leibte und lebte. Die örtliche Gastronomie auch. Man braucht im Restaurant nur statt ‟Hering satt” oder Boddenzander zur Abwechslung mal Pangasius zu bestellen, und wird sogleich aus allen Richtungen Blicke auf sich gerichtet fühlen: Da kennt einer sowas Ausländisches, muß ein Westler sein.
Vielleicht kommt es ja von einem noch immer irgendwo sitzenden Gefühl, eventuell zu den zu kurz Kommenden gehören zu können, daß einem hier so rasch eine unfreundliche Verdrießlichkeit entgegenschlägt. Gleich beim ersten morgendlichen Bäckerbesuch merke ich eine unruhige, lauernde Aufmerksamkeit, daß auch nur ja niemand irrtümlich bedient wird, der noch nicht an der Reihe ist. Ich registriere es, aber es ficht mich nicht an.
Ich sehe mir auch etwas anderes noch einmal an, aber ich fürchte, die Poesie des Strandkorbs erschließt sich mir in diesem Leben nicht mehr.
Beide Themen kommen in einer feinen Anekdote in den Tagebüchern von
Brigitte Reimann zusammen. 1965 leitete die 32-jährige noch immer in Hoyerswerda den ‟Zirkel schreibender Arbeiter” im Kombinat ‟Schwarze Pumpe”, war zum dritten Mal frisch verheiratet, stand so ziemlich auf der Höhe ihrer Anerkennung als Schriftstellerin in der DDR, erhielt den Heinrich-Mann-Preis und durfte sich im Juni ‘65 einen Ostsee-Urlaub im ‟Bad der schaffenden Intelligenz” gönnen.
‟Ahrenshoop, 4.6. Heute schien den ganzen Tag die Sonne, aber man fröstelte unter dem scharfen Wind, und wir haben erst ab morgen einen Strandkorb. Diese kleine Kalamität hat uns eine häßliche Szene eingetragen... Wir setzten uns in einen leeren Strandkorb, den wir für herrenlos hielten, und dann kam doch ein Besitzer, ein dicker grober Mann, der sich nicht damit begnügte, uns rauszuschmeißen und unsere höfliche Entschuldigung nicht anzuhören, sondern uns aufs ordinärste beschimpfte. – Ich bin solchen Situationen nicht gewachsen, ich starb fast vor Scham. Wir gingen vom Strand weg, und ich konnte mich nicht beruhigen. Nicht bloß, weil er uns für Penner und arme Schlucker hält – sondern, weil er uns eben deshalb beschimpfte.”
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"svante wustrowe", heilige Insel war den Slawen im frühen Mittelalter der ausgehenden Völkerwanderungszeit das Fischland.
Mittsommer ging vorüber, und am Siebenschläfertag kam dann das:
Als sich die bis zu 10 Windstärken ausgetobt hatten,
wurde es dann doch noch
ein ganz schöner letzter Abend.
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