Eine gewisse Enge ist in den Orten nicht zu übersehen, schon Heine hat’s ja beklagt: „... Der Viehstand ist der bedeutendste.”
Aber die Landschaft ist ganz schön schön in den Gefilden zwischen Harz und Weser. „Hinter Nordheim wird es schon gebirgig”. Nun, heute nur noch sanft hügelig, die Erosion muß seit 1824 viel gearbeitet und rechts und links des Leinetals kräftig gehobelt haben, also bestenfalls mittelgebirgig. Aber die Wälder! Ich sage nur Bramwald, Reinhardswald, Vogler, Solling: herrliche Laubmischwälder, Süntelbuchen und hohe Rotbuchenhaine, dichte Tannen- und Fichtenschonungen, weite, alte Eichenforste, in denen man Fuchs, Hirsch und Hase begegnet, neuerdings vielleicht sogar einem Wolf, und in denen man sich gern verläuft.
‟Ihr seid kein Freund meines Glückes, Meister Cap, wenn Ihr mich dem Schatten der Wälder entführen und in die Sonne des gelichteten Landes setzen wollt”, sagt man dann mit Coopers Pfadfinder und wandert munter weiter, bis der Mond durch Wipfel und treibende Abendwolken geistert.
„Natty hatte schon recht: Wälder sind das Schönste!”, rühmte der neulich besuchte Schmidt selig in Schwarze Spiegel.
Also läuft und läuft man und hat hinter Gösselgrund und Eichenkrug plötzlich nur noch 9 Meilen bis Waterloo.
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Übers Wochenende Besuch von einer guten Freundin aus Amsterdam. Obwohl spät im November, kein Laub mehr an den Bäumen und dünne Schneegriesel in der Luft, die aus den Höhen des Reinhardswalds passend ein kaltes, aber bilderbuchschönes Märchenland machen, drehen wir auch mit ihr unsere unfehlbare Bezauberungsrunde durchs Weserbergland, über die kleine Straße von Löwenhagen die Nieme hinab nach Bursfelde an der Weser. Still erheben sich die Doppeltürme der alten Abtei über dem ebenso stillen Fluß. Kein Pilgerunwesen im Gange, und natürlich haben wir unsere Besuchszeit außerhalb aller denkbaren Adorations- und Niederwerfungszeiten gewählt. Es ist der letzte Sonntag des Kirchenjahrs, und seine Losung lautet sinnig:
Welch profundes Apostelwort! Ich erschauere und denke, das wäre bei Arno unweigerlich im Zettelkasten für christliche Schlafzimmervorschriften gelandet.
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„Entgegen den Voraussagen des Schaffners und den Behauptungen des Fahrplans fuhr der Zug noch nicht ab. Etwa hundert Reisende, von obstgefüllten Koffern und Säcken umgeben wie Markthändler, schöpften neuen Mut und verdoppelten ihre Anstrengungen, doch noch in den Zug hineinzukommen. Einigen gelang es durch die Fenster. Frauen irrten am Zug entlang, unter der Last ihrer Obstsäcke fast zusammenbrechend, und schrien verzweifelt, sie müßten mitfahren, ihre Kinder seien zu Hause in das Zimmer eingeschlossen” (Der Ruf, 2, 1947).
Siebzig Jahre ist es her, seit solche Züge durch Deutschland rollten. Züge, ebenfalls voller Flüchtlinge.
"Ihr Lied gönnt uns den Schlaf nicht und scheucht noch grausam die friedlichen Dörfer rechts oder links aus den Träumen, daß die Hunde heiser werden vor Wut. Und sie rollen schreiend und schluchzend, die Grausamen, Unbestechlichen, unter den matten Gestirnen, und selbst der Regen macht sie nicht milde. In ihrem Schrei schreit das Heimweh, das Verlorene, Verlassene - schluchzt das Unabwendbare, Getrennte, Geschehene und Ungewisse. Und sie donnern einen dumpfen Rhythmus, unselig und untröstlich, auf den mondbeschienenen Schienen. Und du vergißt sie nie. Sie sind wie wir." (Wolfgang Borchert: Eisenbahnen, nachmittags und nachts, 1947)
Und jetzt rollen sie wieder.
„Zwischen Bahnhof und Messe. Hannover. Eine Welle warmer, dicker Luft schlägt mir entgegen, als ich die Treppe vom Bahnsteig 3 zum Tunnel heruntergehe. Zwischen Säcken, Pappkartons, Koffern, Apfelschalen, Papierfetzen und leeren Zigarettenschachteln sitzen und liegen Hunderte von Menschen entlang der feuchten, glitzernden Wände... Ein paar Glühbirnen werfen ein spärliches Licht in den Gang und lassen die nächsten Gestalten etwas deutlicher werden. Neben mir schläft eine Frau, den Rücken gegen einen prallen Rucksack gelehnt. In den Armen hat sie ein kleines Kind, das dick eingewickelt ist.” Der Ruf , 2,1947, aber ich hätte genau eine solche Frau mit Kind auf der Flucht auch 2015 im Bahnhof Hannover fotografieren können, als ich aus dem überfüllten Zug stieg.
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In Anbetracht der großen Hitze heute nur eine kleine Variation des Themas
"Kesse Kopfbedeckungen", diesmal eine asiatische Variante.
Leider entpuppte sich die junge Dame am Ende doch bloß als Selfiestick-Anhängerin in übertragener und buchstäblicher Bedeutung des Worts.
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Daß Fensterrahmen Streichen etwas derart beruhigend Meditatives hat, habe ich vorher auch nicht gewußt. Wenn erst einmal die alte Farbe abgeschliffen ist, kehrt Ruhe ein. Mit langen Pinselstrichen trage ich die Grundierung auf, das beruhigt den Herzschlag selbst in der Wärme. Anschließend die Vorstrichfarbe bei einem kühlen Gläschen Weißwein gründlich trocknen lassen.
Die leichte Seebrise hilft beidem, Genuss und Trocknung. Bald kann ich mit dem Erstanstrich beginnen; immer schön gleichmäßig und langsam in Faserrichtung streichen. Pinsel eintauchen, ein Strich auf, ein Strich ab, ein Strich auf... ab... auf... ab. Eintauchen, abstreichen, Pinselstrich auf, ab...
Am nächsten Morgen, bevor die Sonne direkt einstrahlt, der vollendende zweite Anstrich, mit kurzen Strichen quer zur Faser. Die abschließende Trocknungsphase wird diesmal mit einem leckeren, türkischen Mokka und dem zweiten Frühstück wohlwollend begleitet. Zufrieden betrachte ich mein frühes Tagwerk. Es hält sogar dem kritisch prüfenden Blick der Herzogin stand, die hier zum ersten Mal in leicht kokett verspielter Bademode im Bild erscheint. - Eigentlich könnte ich nun zur Belohnung auch eine Runde schwimmen gehen.
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Zumal, wenn es sich um Schokoladeneier von Fazer handelt.
Frohe Ostern allerseits!
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Natürlich hätte es zu Weihnachten wieder einmal Geschmeide wie dieses geben können - hübsch, die Ohrringe, nicht wahr -, aber diesmal hatten wir eine viel bessere Idee. Seitdem erfreuen wir uns täglich an diesem Schmuckkästchen, das wie früher das Langwellenradio, aber in zeitgemäß guter Klangqualität, akustisch die ganze Welt in die kleine Stube holt. Endlich wieder Radio Rebelde aus Kuba hören oder Radio Rythme bleu aus Neukaledonien, um nur zwei Beispiele von Tausenden zu nennen.
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Seit langer Zeit wieder einmal in Göttingen. Sehr angetan davon, wie jung die Stadt ist. So überschaubar klein am Rand der Schüssel des Leinetals (Heine!) gelegen und doch so voll junger Menschen. So Provinz und doch die studierende Jugend der Welt zu Gast. So jung und doch auch erhaltenswertes Altes pflegend, die handwerklich meisterhaften Fachwerkhäuser zum Beispiel oder das Cron & Lanz mit seinen ebenso meisterlichen Torten seit bald 140 Jahren. Nach einem Kostümumzug durch die Innenstadt kehren ausgerechnet in diesem traditionsreichen Café neben akademischem Mittelbau und Professorenwitwen fröhlich die versammelten Drag Queens und Transen ein, und kein Mensch stört sich dran. Mir scheint das bezeichnend für den Geist der Stadt zu sein. Wieso auch nicht, aber wieso tragen die auf einmal alle Bärte? Vieles hat sich im Erscheinungsbild der Stadt gewandelt, und durch den Wandel ist sich Göttingen als aufgeklärte (Lichtenberg!), libertäre (Brüder Grimm, Göttinger Sieben und Antifabewegung), innovative Stadt (Gauß und 44 Nobelpreisträger) treu und lebendig geblieben. Bei meinem Rundgang kommt mir auch wieder der erste männliche Rockträger, dem ich im Leben begegnet bin, entgegen. Noch immer barfuß und mit inzwischen silbergrauem Pferdeschwanz stolziert er mit dem gleichen lieb verträumten Blick über die Weender wie eh und je.
"Bien sûr, ce n'est pas la Seine,
Ce n'est pas le bois de Vincennes,
Mais c'est bien joli tout de même
À Göttingen, à Göttingen"
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