Keflavík, das ist doch der erste kleine Ort links von der Straße unten am Meer, wenn man in Island gelandet ist und vom Flughafen Richtung Hauptstadt fährt.
Richtig, aber das ist auch schon so ungefähr alles, was man von Keflavík weiß. Und dahin von der erleuchteten Flughafenstraße abbiegen tut sowieso kaum jemand. Und daher beginnt der Keflavík-Roman von Stefánsson auch ungefähr mit den Worten:
"Nach Keflavík zu fahren ist immer, als führe man aus der Welt und in das hinein, was es nicht gibt."
„Hier lässt sich nicht leben, es spricht alles dagegen, die Vernunft, der Wind, die Lava. Und dennoch haben wir all die Jahre hier gelebt, die Jahrhunderte hindurch, verbohrt wie die Lava, stumm durch die Geschichte wie das Moos, das über die Steine wächst".
Als im 18. Jahrhundert zwei isländische Anhänger der Aufklärung, Árni Magnússon und Páll Vídalín, das erste Gesamtverzeichnis der Bauernhöfe auf der Insel erstellten, notierten sie zu Keflavík, es besitze nicht einmal den Wert einer Kuh."Nirgendwo im Land wohnen Menschen so nah am Tode."
„Ich halte unweit von einer der unzähligen fahrbaren Hamburgerbuden Keflavíks. Von da aus hat man einen guten Blick über den Hafen, klaffend leer und ohne Hoffnung".
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Auf so einen spontanen und sympathischen Zwischenruf hin lege ich gern noch einen kurzen Umweg ein. Warum nicht durch den Ort, an dem 99 Prozent aller Islandtouristen vorbeifahren?
Haben Sie schon einmal von Keflavík gehört?
Wohl kaum, oder?
Der isländische Schriftsteller Jón Kalman Stefánsson jedenfalls behauptet in seinem neusten Roman "Fische haben keine Beine" (2015):
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Wir schreiben den 1. Mai 2015. Ein schöner, heller Morgen ganz im Westen Islands, und, ja, es liegt immer noch Schnee, und, ja, die Temperatur liegt noch immer unter dem Gefrierpunkt. Wie es um diese Zeit im östlichen Teil der Insel aussieht, kann man hier sehen. Das englischsprachige Magazin The Reykjavík Grapevine ist übrigens schon seit einer Weile die beste Zeitung in Island, bezeichnend für den traurigen Zustand der isländischen Presse.
Mit dem heutigen Eintrag beende ich meinen Bericht von der Halbinsel Snæfellsnes und kehre in die Stadt zurück.
Hier zur Untermalung für die, die's mögen, noch ein Album mit neuer DnB-Musik aus Island:
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„Die Natur, so fand ich damals, konnte man nicht beschreiben, ohne sie zu beseelen, sie mit Eigenschaften auszustatten: ein wütendes Meer, ein rätselhafter Wald, eine fröhliche Lerche. Aber die Natur hat keine Seele. Die Natur hat keine Eigenschaften. Die Natur ist."
(Johan Bargum)
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Vom Berg wieder hinab ans Meer. Hier stoßen sie übergangslos aufeinander. Das eine so elementar wie das andere. Hier bieten sie sich die Stirn. Über dem Meer lockern die Wolken auf, die Sonne bricht durch und gibt Land und Wasser seine Farben zurück: Das alte Gras leuchtet strohgolden, der Ozean graublau bis flaschenglasgrün, am Himmel segelt noch Grau auf blauem Grund. Salzweiß schäumt die Gischt und wirft sich das Meer gegen die naßschwarzen Felsen, wie Sisyphos trägt es in endlosem Bemühen ab und holt sich zurück, was ihm, mit seinen Augen gesehen, gerade erst entstiegen ist.
Und der Hund sieht gelangweilt zu.
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Davon abgesehen ein sehenswerter Film mit guten Hauptdarstellern: Viggo Mortensen und Reda Kateb. Der beste Darsteller aber ist die Landschaft des Atlas. – So lange her, daß ich da mal rumgegurkt bin.
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„This was one of the least accomodating places to which I had ever come. The sea, the stone, the night and the weather all pursued their processes and kept their habits, as they had done for millenia, and would do for millenia to follow... this was a terrain that had been thrown up by fire and survived ice. There was nothing... Nothing human. I turned east and south, straining to see if there was any flicker of light in the hundreds of miles of darkness around me... Nothing. No glimmer."
„There could have been nowhere that conformed more purely to the vision of wildness with which I had begun my journeys... But now I could not wait to leave it.
The comfortless snow-shires, the frozen rocks: this place was not hostile to my presence, far from it. Just entirely, gradelessly indifferent. – This place refused any imputation of meaning.”
(Robert MacFarlane: The Wild Places)
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Der Himmel fällt ins Meer, das Meer schwillt, sprüht, dunstet in den Himmel. Ob er wirklich da ist, bleibt unsicher, aber das Meer ist da. Du hörst seine langen Atemzüge: lang anschwellend, dann das kurze, schäumende Ausschnaufen. Du hörst es zu deiner Linken, läßt dich davon leiten; du gehst über langgesträhntes Vorjahrsgras, das gelb und triefnaß unter dem Schnee zum Vorschein kommt, du glitschst durch aufweichende, tauende Reste von Schneefeldern, du wanderst durch Lava, hier schwarz, scharfkantig, zerklüftet, da tückisch unter Moospolstern verborgen, in die deine Schuhe bei jedem Schritt knöcheltief einsinken, manchmal auch tiefer, wenn eine Spalte darunter lauert. Aber du wanderst weiter und immer weiter, willst unbedingt die äußerste Spitze erreichen, wo das Land im Meer versinkt und nur noch endloser Ozean um dich ist, den Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht: finis terrae.
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Die fliegenklecksgroße Winzigkeit der letzten Bauernhöfe, die verloren und ausgesetzt am Fuß dieser Berge kauern, führt einem die Haltung der Natur gegenüber dem Menschen deutlich vor Augen:
ihre völlige Teilnahmslosigkeit an seinem Schicksal.
Oder wie es Pfarrer Jón Prímus ausdrückt: ‟Wenn man den Gletscher lange genug ansieht, hören Wörter auf, auch nur das geringste zu bedeuten.”
MacFarlane ist auf seinen Wanderungen durch die letzten Wildnisrefugien im rauhen Schottland zu derselben Einsicht gekommen (formuliert es nur etwas wortreicher).
„We are as a species, finding it increasingly hard to imagine that we are part of something which is larger than our own capacity. We have come to accept a heresy of aloofnes, and we suppress wherever possible the checks and balances on us... the reminders that the world is greater than us. – We experience, as no historical period has before, disembodiment: We have in many ways forgotten what the world feels like”.
(Robert MacFarlane: The Wild Places)
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