Freitag, 12. Februar 2010
Proteste im Iran: Nachlese / Hintergrund
Die Kurzmeldungen via twitter, die kurzen Amateurfilmchen via YouTube, die gestern aus dem Iran empfangen werden konnten, kamen mir wieder einmal ein bißchen vor wie Splitter aus dem Spiegel von Andersens Schneekönigin. Wer sie im Auge hat, meint über weite (geographische und kulturelle) Entfernungen kristallklar zu sehen und sieht doch nur winzige Ausschnitte einer sehr viel komplexeren Wirklichkeit.
Mehr über Zusammenhänge und Hintergründe in Erfahrung zu bringen, ist für mich daher ein Gebot der Stunde. Viele Hintergrundinformationen sind allerdings in den Zeitungen von heute nicht zu finden. Die FAZ hat den Teheraner Autor Amir Hassan Cheheltan befragt, recht interessant finde ich auch den Versuch einer Analyse der gestrigen Ereignisse im Figaro. Das Aufschlußreichste, das ich ad hoc gefunden habe, ist ein Gespräch mit Karim Sadjadpour, einem Iran-Experten des Carnegie Endowment for International Peace in Washington, der u.a. auch als Berater der US-Regierung und von EU-Politikern in Mittelostfragen fungiert. Es läßt sich hier lesen: Iran's Political Stock—A Short Sell
Mehr über Zusammenhänge und Hintergründe in Erfahrung zu bringen, ist für mich daher ein Gebot der Stunde. Viele Hintergrundinformationen sind allerdings in den Zeitungen von heute nicht zu finden. Die FAZ hat den Teheraner Autor Amir Hassan Cheheltan befragt, recht interessant finde ich auch den Versuch einer Analyse der gestrigen Ereignisse im Figaro. Das Aufschlußreichste, das ich ad hoc gefunden habe, ist ein Gespräch mit Karim Sadjadpour, einem Iran-Experten des Carnegie Endowment for International Peace in Washington, der u.a. auch als Berater der US-Regierung und von EU-Politikern in Mittelostfragen fungiert. Es läßt sich hier lesen: Iran's Political Stock—A Short Sell
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Donnerstag, 11. Februar 2010
22. Bahman
Es ist jetzt Mittag in Teheran. Präsident Achmadinedschad hat vor Zigtausenden auf dem zentralen Asadi-Platz seine Ansprache gehalten. Die Opposition konnte dort kaum laut werden, zu massiv die Blockade und Kontrolle durch Sicherheitskräfte der Regierung. Die Autos von oppositionellen Politikern wie Mussawi und Karrubi wurden auf dem Weg zur Kundgebung von Basidschmilizionären angegriffen und demoliert. Gestern schon wurde die Verbindung zu gmail im Iran gekappt, ebenso wurden Mobilfunkbetreiber abgeschaltet, um diesmal die Kommunikation und Koordination innerhalb der Widerständler zu behindern. Demonstranten sangen dagegen in der Nacht wieder von den Hausdächern laut ihr "Allahuakbar" und stimmen seit heute morgen in den Straßen, in Bahnstationen und U-Bahnzügen ihre Protestrufe an. Sicherheitsbeamte in Zivil zücken plötzlich Farbspraydosen, um Protestierende für eine spätere Festnahme zu markieren...
Darüber, wie das Regime mit Verhafteten umspringt, hat Human Rights Watch gerade einen Bericht vorgelegt.
Doch dies hier ist kein Nachrichtenblog und kann es auch nicht verläßlich sein. Der Guardian zum Beispiel hat jedoch ein Live-Blog eingerichtet, und auch der Streetjournalist berichtet live aus Teheran.
Hier läßt sich verfolgen, was die Iraner direkt über ihre Handys twittern.
Teheran im Ausnahmezustand
Es ist jetzt 22 Uhr im Iran. Die Nachrichtenlage ist noch verworren und zum Teil widersprüchlich, zumal ausländische Korrespondenten offiziell verboten wurde, von anderem als der offiziellen Staatsfeier zum Gründungstag der Islamischen Republik zu berichten. Trotzdem zeichnet sich ab, daß das alte Rezept von Zuckerbrot und Peitsche der Herrschenden einmal mehr aufgegangen ist und die Sicherheitskräfte diesmal viel besser vorbereitet waren als etwa beim letzten Ashurafest. Nicht nur aus Teheran, sondern (wie auf Youtube-Videos zu sehen war) mit ganzen Kolonnen von Bussen aus dem Umland schaffte die Regierung Zigtausende zur Zentralkundgebung in die Innenstadt, wo sie kostenlos verpflegt wurden, während zugleich Militär, Polizei und Milizen ebenfalls zu Tausenden an den wichtigsten Zugangspunkten postiert waren und wirkungsvoll jede Gegendemonstration angriffen und bald zerstreuten.
Auf der Blogseite des National Iranian American Council, einer Organisation von regimekritischen Iranern in den USA wurden dazu Augenzeugenberichte eingestellt:
"It means they won and we lost. They defeated us. They were able to gather so many people. But this doesn't mean we have been defeated for good. It's a defeat for now, today. We need time to regroup."
Darüber, wie das Regime mit Verhafteten umspringt, hat Human Rights Watch gerade einen Bericht vorgelegt.
Doch dies hier ist kein Nachrichtenblog und kann es auch nicht verläßlich sein. Der Guardian zum Beispiel hat jedoch ein Live-Blog eingerichtet, und auch der Streetjournalist berichtet live aus Teheran.
Hier läßt sich verfolgen, was die Iraner direkt über ihre Handys twittern.
Teheran im Ausnahmezustand
Es ist jetzt 22 Uhr im Iran. Die Nachrichtenlage ist noch verworren und zum Teil widersprüchlich, zumal ausländische Korrespondenten offiziell verboten wurde, von anderem als der offiziellen Staatsfeier zum Gründungstag der Islamischen Republik zu berichten. Trotzdem zeichnet sich ab, daß das alte Rezept von Zuckerbrot und Peitsche der Herrschenden einmal mehr aufgegangen ist und die Sicherheitskräfte diesmal viel besser vorbereitet waren als etwa beim letzten Ashurafest. Nicht nur aus Teheran, sondern (wie auf Youtube-Videos zu sehen war) mit ganzen Kolonnen von Bussen aus dem Umland schaffte die Regierung Zigtausende zur Zentralkundgebung in die Innenstadt, wo sie kostenlos verpflegt wurden, während zugleich Militär, Polizei und Milizen ebenfalls zu Tausenden an den wichtigsten Zugangspunkten postiert waren und wirkungsvoll jede Gegendemonstration angriffen und bald zerstreuten.
Auf der Blogseite des National Iranian American Council, einer Organisation von regimekritischen Iranern in den USA wurden dazu Augenzeugenberichte eingestellt:
“one thing I’m struck by is just how much the government has been in control today. Sure, they chartered busses and lured tens of thousands to the official government rally with free food, but they have also managed to keep the opposition activities largely on their terms today... today’s events (like previous ones) have seen security forces disrupt crowds before they can coalesce into a large group, arresting numerous individuals as a way of controlling the crowds before they get out of the police’s hands.Gegenüber einem Teheraner Korrespondenten von Associated Press zog eine Demonstrantin folgendes vorläufiges Fazit:
According to the source, the biggest difference between today’s events and previous demonstrations was the amount of undercover police among the crowd. The moment anyone indicated an opposition or “green” point of view, plainclothes militiamen would come out of nowhere and take that person away.
"It means they won and we lost. They defeated us. They were able to gather so many people. But this doesn't mean we have been defeated for good. It's a defeat for now, today. We need time to regroup."
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Dienstag, 9. Februar 2010
Spannung steigt im Iran wieder an
Seit Beginn des offenen Widerstands auf den Straßen und Dächern Teherans nach der Wiederwahl Präsident Achmadinedschads im Juni letzten Jahres versuchen die regierenden Kreise im Iran bekanntlich mit zunehmender Brutalität, diesen Widerstand einzudämmen und zu unterdrücken. Die Opposition ihrerseits sucht vor allen Dingen Gelegenheiten zu nutzen, bei denen Versammlungsverbote wegen offizieller Anlässe und Feierlichkeiten nicht verhängt werden können, um ihren Protest nach wie vor offen zu bekunden. Jetzt steht ein in dieser Hinsicht ganz wesentlicher Termin unmittelbar bevor: der 22. Bahman, das ist der 11. Februar, an dem sich zum 31. Mal der Sieg der Revolution des Ayjatollah Khomeini jährt.
Die Vorbereitungen dazu sind längst im Gang, denn traditionell beginnen die ersten Feiern schon am 1. Februar, dem Jahrestag von Khomeinis Rückkehr aus dem französischen Exil 1979. Sie sind es auf beiden Seiten. Oppositionelle und Reformer wie Mussawi rufen im Internet und sonstwo dazu auf, wieder die Straße zu erobern, und das Regime tut alles, um dem zuvorzukommen und es zu verhindern. Nach der Hinrichtung von zwei “Konterrevolutionären” Ende Januar kündigte die Regierung am 2. Februar die baldige öffentliche Hinrichtung von weiteren neun zum Tod verurteilten Oppositionellen an, die gegen Achmadinedschads Wiederwahl protestiert hatten. Einen Appell der neuen EU-Chefaußenpolitikerin Ashton, auf die Exekutionen zu verzichten, hat der iranische Außenminister Mottaki nach Angaben der Deutschen Welle auf der Münchner Sicherheitskonferenz zurückgewiesen.
Neben solchen gegen das eigene Volk gerichteten drakonischen Abschreckungsmaßnahmen versucht die iranische Führung schon im Vorfeld offenbar besonders, die Berichterstattung ins Ausland zu vereiteln. Am 3. Februar meldete das Committee to protect journalists, Teheran habe seit den Wahlen im letzten Jahr 47 Journalisten in Haft genommen, mehr als die Hälfte von ihnen in den beiden letzten Monaten. Heute teilen die Reporter ohne Grenzen mit, daß diese traurige und besorgniserregende Zahl in den letzten Tagen auf 65 angestiegen ist. Das sind mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Aus diesen Gründen ruft z.B. Amnesty International wie im Banner (in der nebenstehenden linken Spalte) für den 22. Bahman (11. Februar) zu einem weltweiten Solidaritätstag mit den Menschen im Iran auf, die von ihrem eigenen Regime eingeschüchtert und bedroht werden, denn schlimmste Zusammenstöße sind zu befürchten.
Die Vorbereitungen dazu sind längst im Gang, denn traditionell beginnen die ersten Feiern schon am 1. Februar, dem Jahrestag von Khomeinis Rückkehr aus dem französischen Exil 1979. Sie sind es auf beiden Seiten. Oppositionelle und Reformer wie Mussawi rufen im Internet und sonstwo dazu auf, wieder die Straße zu erobern, und das Regime tut alles, um dem zuvorzukommen und es zu verhindern. Nach der Hinrichtung von zwei “Konterrevolutionären” Ende Januar kündigte die Regierung am 2. Februar die baldige öffentliche Hinrichtung von weiteren neun zum Tod verurteilten Oppositionellen an, die gegen Achmadinedschads Wiederwahl protestiert hatten. Einen Appell der neuen EU-Chefaußenpolitikerin Ashton, auf die Exekutionen zu verzichten, hat der iranische Außenminister Mottaki nach Angaben der Deutschen Welle auf der Münchner Sicherheitskonferenz zurückgewiesen.
Neben solchen gegen das eigene Volk gerichteten drakonischen Abschreckungsmaßnahmen versucht die iranische Führung schon im Vorfeld offenbar besonders, die Berichterstattung ins Ausland zu vereiteln. Am 3. Februar meldete das Committee to protect journalists, Teheran habe seit den Wahlen im letzten Jahr 47 Journalisten in Haft genommen, mehr als die Hälfte von ihnen in den beiden letzten Monaten. Heute teilen die Reporter ohne Grenzen mit, daß diese traurige und besorgniserregende Zahl in den letzten Tagen auf 65 angestiegen ist. Das sind mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Aus diesen Gründen ruft z.B. Amnesty International wie im Banner (in der nebenstehenden linken Spalte) für den 22. Bahman (11. Februar) zu einem weltweiten Solidaritätstag mit den Menschen im Iran auf, die von ihrem eigenen Regime eingeschüchtert und bedroht werden, denn schlimmste Zusammenstöße sind zu befürchten.
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