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Mittwoch, 2. Juli 2014
Sommarnattens leende – Das Lächeln einer Sommernacht

In so einer Sommernacht im hohen Norden, in der es nicht dunkel wird, in der die Sonne um Mitternacht nur kurz ein Fußbad in einem See nimmt, ohne seinen unbewegt blanken Spiegel zu riffeln, in so einer Nacht, vielleicht ruft irgendwo ein Kuckuck oder ein Eistaucher auf dem See, ist jedes gesprochene Wort zu viel. Da begreift man, warum die Menschen im Norden so richtig zu schweigen verstehen.

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Sonntag, 29. Juni 2014
A midsummernight's day in Savonlinna

Savonlinna hat mehr zu bieten als die enge, düstere Burg (und die jährlichen Opernfestspiele in ihrem Hof). An einem sonnigen Mittsommertag badet der Ort im blauen Licht von Himmel und See, in dem man die Füße baumeln lassen kann wie Tucholsky die Seele in Gripsholm. Die alten Ausflugsdampfer mit ihren hölzernen Kabinenaufbauten liegen am Kai vertäut und verschnaufen vor der nächsten Rundfahrt, junge Leute baden oder spielen ein seltsames Kegelspiel auf einer Wiese, an der Uferpromenade träumen ein paar alte Holzvillen in Art déco von den Zeiten der Belle Époque.
‟Was macht ihr hier eigentlich im Winter?”, frage ich eine junge Frau. Sie räkelt sich in der Sonne zurecht und sagt: ‟Wir warten auf den Sommer.”
Langes Warten, kurzes Vergnügen: das Leben.

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Freitag, 27. Juni 2014
Savonlinna: Olavinlinna

Wenn ich mich nicht sehr irre, sind die Finnen seit altersher und bis heute ein Volk, das womöglich noch inniger (und realer) mit dem Wald verbunden ist als die romantischen Deutschen in ihrer Vorstellung. Jahrhundertelang haben die Finnen in kargen Zeiten ihr grobes Roggenbrot mit gemahlener Baumrinde gestreckt. Und wenn Feinde in ihr Land einfielen, verdrückten sie sich so lange in die Wälder, bis der Feind die paar Vorräte in den Speichern der verstreuten Bauernhöfe aufgebraucht hatte und wegen eklatanter Versorgungsmängel wieder abzog.
Die Idee, das Land (und die eigene Herrschaft darüber) mit Burgen zu sichern, brachten erst die Schweden von der anderen Seite des Bottnischen Meerbusens mit. Sie begannen damit 1280 gleich an der Küste in ihrem alten Brückenkopf Åbo/Turku und in Wiborg am Ostseeufer der Karelischen Landenge, rückten landeinwärts vor und errichteten Tavastehus (Hämeenlinna), die Raseborg in ‟Neuland” (Uusimaa) und ab 1475 die St. Olafsburg (Olavinlinna) zur Sicherung der ursprünglich zu Karelien gehörenden und damals für Schweden-Finnland (und die römische Papstkirche) vom orthodoxen Karelien abgetrennten Grenzlandschaft Savo.
Im Binnenland bewahrten finnische Bauern gegen die schwedischen Herren ihre persönliche Freiheit, indem sie in noch nicht erschlossene Urwälder zogen und dort siedelten. Leibeigenschaft und Schollenbindung, anderswo erprobte Mittel zur Unterdrückung und Ausbeutung der Bauern, konnten in Finnland von Adel und Kirche ebensowenig durchgesetzt werden wie in Schweden. Einmal mehr lag die Rettung der Finnen im Wald.

Drei wuchtige alte Türme auf einer kleinen Felsinsel, mit hohen Mauern verbunden und von schwarzem Wasser umflossen. Fast unerklärlich, woher die starke Strömung mitten im See rührt. Obwohl man versucht ist, zu glauben, ein See in dieser ununterbrochenen Seenlandschaft sei wie der andere, steht die Olofsborg exakt auf einer strategischen Schlüsselposition im Einzugsgebiet des Saima. Dort engt der kleine, felsige Holm Kyrönsaari das Nadelöhr zwischen den unteren und oberen Teilen des Saima-Seensystems auf zwei nur wenige Dutzend Meter breite Wasserstraßen ein, die sich von der Insel aus beherrschen lassen. So eng ist die Stelle, daß sich das Wasser förmlich hindurchpressen muß und dadurch mitten in einem flachen Seengebiet die beträchtliche Strömung entwickelt, so stark, daß der See hier im Winter nur ganz selten zufriert. Entscheidende Standortvorteile, erkannte der damalige faktische Beherrscher großer Teile Finnlands auf der Suche nach einem zur Sicherung Savos gegen Russen und Karelier geeigneten Ort zur Befestigung mit geübtem Blick.
Ursprünglich stammte Erik Axelsson Tott zwar aus dem damals dänischen Schonen, doch da die nordischen Königreiche zu jener Zeit alle in der Kalmarer Union vereint waren, hatte er in Schweden zum Reichsrat und kurzzeitig sogar zum Reichsverweser aufsteigen können, ehe Graf Christian von Oldenburg zum Unionskönig gewählt wurde. Zusammen mit seinen deutschen Stammlanden regierte Christian I. das größte jemals geeinte Territorium im Norden (auch wenn er seine Herrschaftsansprüche in Schweden lediglich sechs Jahre lang durchsetzen konnte). 1474 unternahm er eine Reise nach Rom, wo Papst Sixtus IV. gerade Verschwörungen zur "Entfernung” Lorenzo de Medicis anzettelte und entsprechend wenig Zeit für den König aus Mitternacht erübrigen konnte. "Ein schönes Tier, schade nur, daß er nicht sprechen kann”, kommentierte ein Höfling im Vatikan die fehlenden Lateinkenntnisse des nordischen Königs aus Deutschland.

Klocktornet mit den Wappenschilden der Totts

Auch Erik Axelsson besaß Italienerfahrung. Er hatte (vielleicht gleichzeitig mit Francesco della Rovere, dem nachmaligen Papst Sixtus) an der Universität Padua studiert und sich anschließend ein Beispiel an den italienischen Condottieri genommen. In den Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Anwärtern auf das Unionskönigtum und den sie befehdenden Ratsaristokratien in den Einzelstaaten wechselte er ebenso mühe- wie bedenkenlos mehrmals die Seiten, ließ sich dafür jedesmal fürstlich belohnen, brachte so die wichtigsten Schloßlehen Finnlands in seine Hand und regierte es bis zu seinem Tod 1481 wie ein nahezu unabhängiges Fürstentum.
1475 erteilte er den Auftrag zum Bau einer Burg auf dem strategisch wichtigen Felseiland Kyrönsaari, obwohl es etwa 5 km östlich der 1323 im Frieden von Nöteborg festgelegten Grenze zu Nowgorod lag und darin auch vereinbart worden war, keine Befestigungen entlang der Grenze zu errichten. Die Bauleitung bekam der erfahrene Baumeister Oleff Hergk (Olof Härka) aus Reval (Tallinn). Zwei Jahre nach Erik Axelssons Tod war die Kernburg mit drei mächtigen Türmen fertig. Obwohl sie eine königliche Burg war, hatten die Totts besitzerstolz große Schiefertafeln mit ihrem eigenen Wappen am Glockenturm anbringen lassen. Doch da die Burg auf nowgoroder Territorium erbaut worden war, hielt sie russische Angriffe nicht ab, sondern provozierte sie erst. In den folgenden 130 Jahren hielt Olofsborg oder Nyslott, wie die Burg auch genannt wurde, allen Belagerungen und Beschießungen stand, doch im Großen Nordischen Krieg zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde es von schwerer Artillerie sturmreif geschossen und kapitulierte. Zwar erhielt Schweden es im Friedensschluß von Nystad zurück, doch im schwedischen Revanche-‟Krieg der Hüte” ging die Burg 1743 wieder an Rußland verloren, und die Russen bauten sie zu einer zeitgemäßen Festung aus. Als ganz Finnland 1809 russisch wurde, verlor Olavinlinna seine Bedeutung als Grenzfeste und wurde zu einer langsam vergammelnden Garnison und Kaserne, deren Restaurierung unter finnischer Leitung von 1910-61 gute fünfzig Jahre dauerte.

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Montag, 23. Juni 2014

An so einem klaren Morgen
klirrt Vogelgesang wie Eis
auf dem Spiegel des Wassers

(Orvokki P. Väärikoski)

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Freitag, 20. Juni 2014
Der Weg nach Savo

Junge Birken in frischem Grün, Espen, rauschende Blätter, lichte Kiefernwaldungen, moosüberzogene Granitbuckel darin, auf alten Windbruchlichtungen weiß blühende Ebereschen, darüber weiter Himmel mit Staffeln heller Wolken.
Als wir nach Savo hineinfuhren (auch eine alte Grenzlandschaft zwischen Russen und Finnen, Orthodoxie und lateinischem Ritus), wellte sich das Land, stieg und fiel in sanften Kurven um waldige Hügel und Seeufer. Wiesen übersät mit Schafgarbe und Heeren von Lupinen in leuchtendem Kardinalspurpur.

Von der Finnischen Bucht schlängelte sich seit dem Mittelalter eine schmale, fast verlorene Landstraße durch dieses labyrinthische Wälder- und Seenpatchwork nach Savo. Bei Punkaharju ist sie noch sichtbar, denn da gibt es nur eine Möglichkeit, zwischen den Seen hindurchzukommen: auf einem sieben Kilometer langen, doch nur wenige Meter schmalen Sandrücken, den die Eiszeit hinterlassen hat.

Links ein langgestreckter See, rechts eine ausgedehnte Wasserfläche, dazwischen in ausholendem Schwung die mit Kiefern bestandene Nehrung. Bunte Steine am Seegrund in Ufernähe. Libellen standen unbeweglich überm Wasser, schossen davon. Zwei Küstenseeschwalben zogen ihre Bahn, eine kippte plötzlich ab und schnellte nach rasendem Sturz wie eine Pfeilspitze ins Wasser.

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Donnerstag, 19. Juni 2014
"Noch ist Vuoksi nicht bezwungen"

Hurra, in Südkarelien blühen neben Linden und Flieder auch die Birken noch! Da kam Freude auf, daß die Augen überliefen. Von Helsinki fuhren wir die Küste entlang nach Osten, der russischen Grenze zu. Unterwegs sehr viele neue SUV’s mit russischen Kennzeichen. Erstes Ziel die älteste touristische Attraktion Finnlands, die ehemals gewaltigen Stromschnellen von Imatra. Sie entwässern Finnlands größten See, den Saimaa, in den Ladoga-See. Rußland ist ihnen seit dem Zweiten Weltkrieg bis auf sechs Kilometer nahe gerückt, die ehemals finnische Zwillingsstadt Enso heißt heute Swetogorsk. Sägewerks- und Papiermühlenbesitzer in beiden Städten ließen 1929 gleich oberhalb der Fälle den Vuoksi-Fluß stauen. Seitdem liegen die gewaltigen Katarakte, die sogar Zarin Katharina die Große 1772 eigens zu bestaunen kam, die meiste Zeit des Jahres trocken.

Oberhalb des fast so archaisch wuchtig wie der finnische Jugendstil wirkenden Sperrwerks dampft am Abend Nebel über dem See auf und zieht in Schwaden zwischen die Kiefern am Ufer. In der gedämpften Stille schlägt laut ein Buchfink. Gegen Mitternacht wird es dann doch recht dämmerig zwischen den hellen Birkenstämmen vor unserem Hostel im Wald.

Ei ole Vuoksen voittanutta, / yli käynyttä Imatran.
Noch ist Vuoksi nicht bezwungen, / Imatra nicht überschritten.

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Dienstag, 17. Juni 2014
Väinämöinen treibt die Lust zu singen

Mieleni minun tekevi, / aivoni ajattelevi
lähteäni laulamahan...

Werde von der Lust getrieben, / Von dem Sinne aufgefordert,
Daß ans Singen ich mich mache...
Diese Lieder, die entnommen / Sind dem Gürtel Wäinämöinen’s...
Von der Gränz’ der Nordgefilde / Von den Fluren Kalewala’s...
Die vom Weg ich aufgelesen.../ Von den Zweigen ich genommen,
Von den Gräsern abgepflücket...
Lieder gab mir selbst die Kälte, / Sang gab mir der Regenschauer...
Worte fügten mir die Vögel,

(Kalewala, übs. von Anton Schiefner, 1852)

Einzeln nahen uns die Nächte, / Einzeln leuchten uns die Tage,
Einzeln ward auch Wäinämöinen, / Dieser ew’ge Zaubersprecher,
Von der schönen Lüftetochter, / Die ihm Mutter war, geboren...
Auf den flachgebahnten Fluren.
Einsam ward ihr dort das Leben / Und das Sein gar unbehaglich,
Nieder ließ sich da die Jungfrau, / Senkt sich auf des Wassers Wogen,
Auf die weitgedehnte Öde...
Schwanger blies der Wind die Jungfrau / Und das Meer verlieh ihr Fülle.

Schellente

Sieh, herbei eilt eine Ente, / Suchet sich zum Nest ein Plätzchen...
Da erhob des Meeres Mutter, / Aus dem Meere ihre Kniee,
Aus der Fluth die Schulterblätter, / Wo die Ent’ ein Nest sich bauen,
Wo sie friedlich weilen könnte...
Legt hinein die goldnen Eier, / Goldner Eier ganze sechse,
Siebentens ein Ei von Eisen...
Schon bemerkt die Wassermutter, / Daß die Haut erwärmet wurde:
Meinte, daß die Knie ihr brennen,
Schüttelt heftig ihre Glieder, / Daß die Eier in das Wasser,
In die Fluth des Meeres stürzen;
Und in Splitter sich zerschlagen...
Aus des Eies untrer Hälfte / Wird die niedre Erdenwölbung,
Aus des Eies obrer Hälfte / Wird des hohen Himmels Bogen;
Was sich Gelbes oben findet, / Strahlet schön als liebe Sonne,
Was sich Weißes oben findet, / Leuchtet hold als Mond am Himmel.

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Montag, 16. Juni 2014

Hyvää huomenta! Noch Kiefernzweige wie ein Rentiergeweih im Haar, Flechten im Bart, Moos auf den Augen, Preiselbeergestrüpp in den Ohren: Ich bin wieder da, zurück aus den weiten Wäldern Kareliens. Es war eine unglaublich erholsame Auszeit. Das Foto ist vor der Abreise aufgenommen, also gewissermaßen überholt, doch drohe ich schon mal an, ein paar weitere Bilder folgen zu lassen.


(Sollte keine leise Kantelemusik aufklimpern, läßt sich nach Klicken auf das blaue Doppelkästchen rechts und anschließend auf "Download mp3" die akustische Einstimmung nachhören.)

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Donnerstag, 1. November 2012
Borgå

Alte Speicher am Borgå

Borgå, idyllische kleine Stadt an Fluß und Küste, die früher ein so wichtiger Ort für Finnland war. Im Mittelalter drangen hier die schwedischen “Kreuzfahrer” ins Land ein, die die heidnischen Finnen und Samen christianisieren, vor allem aber kolonisieren und brandschatzen wollten, und später gingen von hier alle erjagten Pelze aus dem Binnenland über die Ostsee nach Tallinn (damals Reval) und damit in das große Ostseehandelsnetz der Hanse ein.
Borgå wurde eine so bedeutende Handelsstadt, daß sie von dänischen Piraten überfallen und von russischen Marodeuren mehrfach niedergebrannt wurde.
Nachdem 1710 Wiborg verloren war, wurde Borgå Bischofssitz mit angeschlossenem Gymnasium und der ersten öffentlichen Bibliothek des Landes, und nach der Annexion Finnlands berief Zar Alexander I. 1809 einen Landtag der Stände nach Borgå ein und legte in der Domkirche aus dem 15. Jahrhundert seinen Eid auf die Wahrung der schwedischen Gesetze, Sprache, Konfession und Stände in einem autonomen Großfürstentum Finnland ab. – Es war das erste Mal im Leben des Zaren, daß ihm Bauern aufrecht gegenüberstanden und nicht mit dem Gesicht zu Boden vor ihm auf den Knien lagen. Und anders als seinen russischen Leibeigenen gestand der Zar seinen neuen finnischen Untertanen auch aus bäuerlichem Stand den aufrechten Gang zu.
Den Zaren mit Namen Alexander bewahrt die Stadt bis heute ein dankbares Angedenken.

Borgå, Neubausiedlung

Im Auftrag von Nikolaus I. entwarf Carl Ludwig Engel, der auch das Stadtzentrum von Helsinki schuf, den Plan zu einem gänzlich neuen, großzügigen Stadtteil Borgås, der Empirestadt.

Eines der stattlichsten Holzhäuser dort bezog der finnische Nationaldichter Johan Ludvig Runeberg, als er 1837 den Posten eines Lateinlehrers am Gymnasium übernahm. Nach einem frühen Schlaganfall mit Ende fünfzig lebte er noch vierzehn Jahre gelähmt in diesem Haus, das sein Sohn mit allem Inventar der Stadt als Museum stiftete. Zuerst hatte Runeberg serbische Volkslieder ins Schwedische übersetzt, bevor er sich 1848 daran machte, mit “Fähnrich Stahls Erzählungen” ein sehr volkstümliches finnisches Nationalepos aus 35 Balladen und Geschichten zu schreiben. Heute ist das nationale Pathos darin völlig ungenießbar.
“Warum durfte ich nicht fallen, als so mancher Held fiel
als die mutige finnische Armee ihre hohen Stunden hielt...”

in der Altstadt von Borgå

Schwamm über Runebergs Dichtungen! Heute hat die finnische Literatur weitaus Besseres zu bieten und zwei Weltkriege später auch einen sehr viel nüchterneren Blick auf die Auswirkungen von Krieg auf die finnische Seele:

“Für Birgitta war Raunio mit Sicherheit ein typischer finnischer Mann mittleren Alters, von der Wirtschaftskrise gebeutelt und auf emotionaler Ebene nicht fähig, innere und äußere Konflikte auszuhalten [...] Raunio hatte sein Dasein durch die Arbeit und den sozialen Erfolg legitimiert. Die damit verbundenen Anforderungen hatten in ihm die Freude und das Spielerische getötet, weil das etwas für Kinder war. Er repräsentierte den Persönlichkeitstyp, der den finnischen Bürgerkrieg zum blutigsten in ganz Europa gemacht hatte. Wahrscheinlich würde Raunio noch vor seinem sechzigsten Geburtstag an einem Herzinfarkt sterben.”

(Juha Seppälä: Leitern, übersetzt von Stefan Moster, die horen, 232)

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Sonntag, 28. Oktober 2012
In den Schären von Uusimaa/Nyland

In unseren Breiten wird der Oktober oft sogar zutreffend Goldener Oktober genannt. Im Finnischen bedeutet lokakuu gar nicht immer zutreffend “Drecksmonat”. Schön herbstlich kann es im lokakuu durchaus noch sein, aber auch schon ganz schön kalt, und darum mußte dringend abgesegelt werden. Die meisten Boote holt man vor dem Frost aus dem Wasser.

“Finnland hat nicht mehr als drei attraktive Landschaften”, sagte dieser Tage der Schriftsteller Johan Bargum zu mir, “aber diese drei sind auch richtig schön: einige Teile der Seenlandschaft natürlich, Lappland und – am unbekanntesten und am schönsten – die Schären vor der Südküste.”

Johan und ich trafen uns im Bootshafen von Björkholmen auf der Insel Lauttasaari westlich von Helsinki, denn er ist noch immer begeisterter Segler und Mitglied im Nyländska Jaktklubben, NJK. Obwohl in Finnland, hält man im traditionsreichen Klub nach wie vor an Schwedisch als Vereinssprache fest, denn der NJK ist der älteste in Finnland zugelassene Segelverein. 1861, als die Oberklasse in Finnland noch durchweg Schwedisch sprach, bestätigte Zar Alexander II. seine Statuten. Ihr §2 lautet bis heute: “Die Sprache des Klubs ist Schwedisch.” Und wer Mitglied werden will, muß Schwedisch zumindest mündlich beherrschen. Dabei macht die schwedischsprachige Minderheit im Land heute noch knapp sechs Prozent der Bevölkerung aus. Ein bißchen elitär ist der Verein also durchaus, doch andererseits ist Schwedisch für jeden finnischen Schüler noch obligatorische Fremdsprache, das ganze Land offiziell (d.h. theoretisch) zweisprachig.

Der letzte Törn des Jahres ging von Björkholmen um Helsinki und die Festungsinsel Suomenlinna herum die Schärenküste entlang nach Osten bis Porvoo/Borgå, der nach Turku/Åbo zweitältesten Stadt des Landes. Letztes Jahr hat Bargum ein Buch über genau diese Segeltour geschrieben, Seglats i september:

vor Suomenlinna

“In Lee unter Bastuhamn refften wir das Großsegel und kreuzten hinaus nach Äggskärsfjärden, wo die See immer kabbelig und seltsam unberechenbar ist. Gleich hinter Äggskär riß das Großsegel mit einem Knall, vielleicht hatte ich die Reffbändsel zu straff gespannt. Es blieb nichts anderes übrig, als mit dem Motor gegen Wind und Wellen zu fahren, die immer höher und ungemütlicher wurden. Für die elf Seemeilen bis Kajholmen brauchten wir drei Stunden...”

Der Borgå-Fluß strömte dagegen bei der Ankunft ganz gemächlich ins Meer, wie sich das für sein Alter gehört. Auf der Anhöhe an seinem östlichen Ufer legten schon schwedische Wikinger eine Befestigung mit Wall und Graben an, die den Handelsweg entlang der Küste und den Fluß hinauf landeinwärts sicherte.


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