Noch einmal zurück in Piran, wo der Sommer mit Temperaturen von 30° keineswegs vorüber ist und die anhaltende Badesaison manchen (Nicht-)schwimmer vor ebenso kühle wie kühne Entscheidungen stellt.
Manchmal wird einem die Entscheidung auch abgenommen.
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"Auf den Gräbern frisch erblühte Feuerlilien in herrlichen Exemplaren; die Blume wirkt in besonderer Stärke, illuminierend, wenn sie inmitten von saftigen Kräutern im kühlen Halbschatten der Gebüsche brennt. Sie glüht dort wie eine Lampe, aus der sinnliches Bewußtsein auf die verborgene Lebensfülle strahlt."
(Ernst Jünger: Zweites Pariser Tagebuch, 16. Juni 1943)
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Diese kleinen Wespen waren wirklich elend langsam, besonders auf der gut ausgebauten Schnellstraße hinter der kroatischen Grenze, und bergauf hätte man fast nebenher laufen können. Aber wir hatten es nicht eilig, die Turmuhr von Motovun war schon vor vielen Jahren stehengeblieben, und sich bei diesen Temperaturen von Fahrtwind umsäuseln zu lassen, war allemal angenehmer, als im Auto zu sitzen. Besonders Madam wedelte um die Kurven, daß ich in meinem inneren Ohr den Wind andauernd summen hörte: „That’s why the lady is a tramp.”
Außerdem sah man beim Fahren jede Eidechse am Straßenrand und jeden gaukelnden Schmetterling über den blauen Wegwarteblüten und roch die warme Erde und das reifende Korn auf den Feldern. Der Eindruck schon aus dem österlich verregneten Vorjahr bestätigte sich noch einmal: Das Innere Istriens ist schön, sehr schön. Und zwar gerade, weil es trotz guter neuer Straßen noch immer etwas ab vom Schuß liegt und ein bißchen zurückgeblieben verträumt wirkt, sobald man von den Küsten ein paar Kilometer ins Hinterland fährt, und besonders natürlich in den Bergdörfern und auf den Einzelhöfen irgendwo an Nebenstraßen, wo man Honig oder frisch gepresstes Olivenöl gleich vom Erzeuger kauft. Also die Uhren lieber umgestellt auf Istrische Zeit.
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Sonntagmorgen um sieben, nein, nicht in Griechenland, aber ein Stückchen weiter südlich als Piran liegt sie schon, die Colonia Pietas Iulia Pola, die dem vielleicht illyrischen Stamm der Histrier nach einer Niederlage im Jahr 177 v.u.Z. von den Römern abgenommen wurde. Die bis heute erhaltenen römischen Prachtbauten, ein dem divus Augustus geweihter Tempel und das Amphitheater, mit Platz für etwa 23.000 Menschen eins der größten, das die Römer je errichteten, stammen aus der augusteischen Kaiserzeit. Nicht nur sie überdauerten das Imperium Romanum, Pula selbst blieb noch mehr als ein halbes Jahrtausend nach dem Untergang des Imperiums (ost-)römisch. Als nach den Goten im 6. Jahrhundert slawische Stämme auf die Halbinsel Istrien einwanderten, konnten sie nämlich das befestigte Pula und andere antike Küstenstädte nicht einnehmen.
Pula blieb bis ins hohe Mittelalter, bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts nominell byzantinisch, faktisch unabhängig. Dann erkannte es vertraglich die Oberhoheit Venedigs an und baute und stellte ihm fortan seine Galeeren für dessen Flotte zur Verfügung, blieb selbst aber trotz seines großartigen Naturhafens in ruhigerem Fahrwasser. Nach dem Ende der Republik Venedig, die sich Habsburg-Österreich im Frieden von Campo Formio 1797 und auf dem Wiener Kongreß einverleibte, hatte das Städtchen nur noch weniger als 1000 Einwohner.
Etwas von dieser Verschlafenheit war noch zu spüren, als wir am Sonntagmorgen in aller Frühe durch die Gassen der Altstadt am Fuß des Stadthügels mit der Festung spazierten. Außer uns waren nur Katzen unterwegs, Stadt und Hafen schliefen noch, Klöppel und Glockenseile hingen schlaff von offenen Gewölbebögen. Manche der alten Häuser wirkten ganz schön baufällig und wenig aufgeräumt. „Wir sind eben wieder einen Schritt näher am Balkan”, kommentierte die Belgrader Vojvotkina.
Die Nase führte uns zu einer Bäckerei, die gerade geöffnet hatte. Nach und nach tröpfelten auch weitere Kunden herein, wie vor 200 Jahren neue Bürger zugezogen waren. Als Österreich infolge des sich anbahnenden Risorgimentos in Italien auf die Suche nach einem neuen Heimathafen für seine von Venedig „übernommene” Kriegsflotte ging, hatte der aus Dänemark frisch angeworbene Marinekommandant Birch Dahlerup das naheliegende Triest ins Auge gefaßt und dessen Ausbau befohlen.
1856 legten der Kaiser und seine Sissi persönlich den Grundstein für ein neues Marinearsenal in Pula. Da hatte der Däne, frustriert von den Hofintrigen in Wien und der von ihm so bezeichneten „Dornröschenschlafkrankheit“ der venezianischen Schiffsbesatzungen, längst seinen Hut genommen, und des Kaisers erst 22 Jahre alter Bruder, Erzherzog Ferdinand Maximilian, war zum Oberkommandierenden der Flotte ernannt worden.
Die Einwohnerzahl Pulas hatte sich durch die Bautätigkeiten bereits versechsfacht. In den folgenden 20 Jahren stieg sie auf 25.000 und verdoppelte sich bis 1910 noch einmal. Pula, heute kaum vorstellbar, war eine Boomtown höchsten Grades geworden. Der Hafen umfaßte inzwischen eine Reede zwischen Festland und der Insel Brioni, Liegeplätze, Arsenale, Werften, Docks, Kasernen, Marineakademie, Hydrographisches Amt mit Sternwarte, die Marinesektion des k.u.k. Kriegsministeriums und vieles mehr, alles gesichert von nicht weniger als 28 Forts rund um die Stadt. Am Ende des Ersten Weltkriegs fiel das alles samt der Flotte und ganz Istrien an die Siegermacht Italien. Pula sank zur Bedeutungslosigkeit herab und lebt, heute kroatisch, zu großen Teilen von Touristen, die von hier aus vor allem Titos ehemalige Sommerresidenz Brioni besuchen. Pula bleiben die bröckelnden Bauten, die Katzen und die barbusige Sirene am alten Rathaus, die offenherzig ein bißchen mehr vorweist als ihre gotischen Alters- und Geschlechtsgenossinnen nördlich der Alpen. Wenn sie nicht so alt wäre, hätte ich sie gern Sissi genannt.
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Danke für die guten Wünsche zum Umzug! Feuer läßt sich in der Tat mitnehmen, und wenn's zu einem Leuchtturm ist.
Vor genau sechs Jahren endete eine Ausflugsfahrt durch Kärnten und die Karawanken mit einem kurzen Abstecher hinab zur Adria mehr oder weniger zufällig im vielsprachigen Piran. Gut gefiel uns die erhaltene venezianische Altstadt, die in eine beiderseits vom Meer umspielte Punta mit dem namengebenden kleinen Leuchtturm ausläuft. Wir konnten uns gleich vorstellen, noch einmal wiederzukommen, und jetzt kommen wir schon zum vierten Mal. Langsam wird uns Piran in etwa das, was Don Alphons sein Mantua bedeutet.
Glücklich unbehelligt von dem ganzen G(röfaz)7-Theater in Bayern – ich war anders als Mr. Obama nicht traurig, keine Gelegenheit zum Kauf einer „Laiderhouse” gehabt zu haben – kamen wir um Elmau herum und durch die Alpen. Am Mittelmeer sprang und spielte zum Empfang eine Schule von sechs, sieben oder mehr Delfinen in der Bucht unterhalb der Terrasse. Ein freundliches Willkommenskomitee, aber ich ließ ihnen meine Amphitrite nur zeitweilig.
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Nichts Besonderes zu vermelden, nichts zu erzählen; sich stattdessen einfach mal ans Ufer setzen, aufs Meer schauen und sich von seinen nimmermüden Plappermäulchen etwas vormurmeln lassen. Sie erzählen so viele Geschichten wie sie Wassertropfen enthalten. Wie viele große Erzähler haben nicht daraus geschöpft? Conrad, Melville, Stevenson, Homer...
Nochmal zurücklehnen also, zuhören -- und Atem holen für die lange Rückfahrt über die Alpen an ein nördlicheres Meer.
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Ja, das Meer hat uns wieder, und wir haben das Meer, mit seinem ruhigen weiten Horizont und mit allem, was drin ist und was man mit einem Netz rausziehen kann; das prächtige Paar Rotbrassen zum Beispiel. Frühmorgens direkt vom Fischerboot gekauft.
P.S.: Einen guten Fang hat übrigens auch Burisma Holdings, nach eigenen Angaben der größte private Gasproduzent der Ukraine, gemacht: Als einen ihrer neuen Direktoren konnte die Firma jetzt Hunter Biden gewinnen. Biden, Biden? Hat man doch schon mal gehört. Ach, klar, Joe Biden, amtierender Vizepräsident der Vereinigten Staaten. Robert Hunter Biden ist zufällig dessen Sohnemann. Wie jetzt, der Sohn des US-Vizepräsidenten ist Direktor der größten ukrainischen Gasfirma? -- Yes, sir.
Aber die USA setzen sich in der Ukraine natürlich nur für Freiheit & Demokratie ein.
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Große alte Hotels umgibt oft ein Nimbus, von dem sie lange zehren. Man denke nur an das Negresco in Nizza oder ans Raffles in Singapur. Werden sie doch irgendwann geschlossen, weht ihnen etwas Mythisches nach, das sich immer weiter von ihrer vergangenen Wirklichkeit und den langsam verschimmelnden Teppichen, einstürzenden Dächern und bröckelnden Mauern entfernt. So ergeht es auch dem Hotel Beograd an der kroatischen Westküste Istriens.
Wir kamen spätnachmittags aus den Bergen herab, die Sonne tauchte gerade unter einer dunkelgrauen Wolkendecke hervor, übergoss alles mit sonnenblumengelbwarmem Licht, die Zypressen warfen lange, bleistiftdünne Schatten. Es war trotz des nahenden Abends spürbar wärmer als oben in den Bergen. Eine Gruppe junger Leute lag in Badesachen auf der Zementplatte am Ufer, die langsam zu Strand zerbröckelte. Einer der Jungen kam gerade aus dem Wasser. Die Tropfen, die er abschüttelte, stanzten Lochreihen in den sonst makellos glatten Silberspiegel der Adria. Hinter einem mit Planen verhängten Zaun ertönte das regelmäßige ‟plopp”, ‟plopp” von Tennisbällen auf Asche, das Geräusch sterbenslangweiliger Ferienanlagen. Die Rasterfassaden einiger Betonkästen aus den frühen Achtzigern hielten förmlich Abstand und bedeckten ihre unteren Geschosse schamhaft mit fadenscheinigen Kiefernwipfeln. Ganz vorn auf der äußersten Landspitze hatte sich ein kleines, geducktes Strandcafé eingerichtet, das auf einem DDR-Campingplatz hätte stehen können. Und daneben, von einem löcherigen Bauzaun umgeben, die Herrin, die einmal die ganze Landzunge allein beherrschte. Eine kaum gegliederte, ehemals gründerzeitweiße Fassade, Mittelteil, zwei Flügel, je drei Fenster, macht neun in einer Reihe, mal drei Geschosse, macht 27, noch mal so viel auf der Seeseite. Das reicht für ein exklusives Sternehotel. Das Diadem einer umlaufenden Balustrade mit Fries auf dem Dach trug es wie eine Krone, aus der ihm noch kein Zacken gefallen war.
Wer hier in seinen guten Zeiten ein und aus gegangen sein mag? Bestimmt herrschte einmal ‟… kolossaler Betrieb. Immer ist was los. Einer wird verhaftet, einer geht tot, einer reist ab, einer kommt. Den einen tragen sie per Bahre über die Hintertreppe davon, und zugleich wird dem anderen ein Kind geboren...” Vicki Baum, Menschen im Hotel (1929) – ‟Die Drehtür als Schicksalsrad”, wie der Kritiker Werner Fuld titelte. Na ja, Joan Crawford und Greta Garbo werden nicht unbedingt durch die Drehtür des Beograd geschritten sein; nicht einmal Sonja Ziemann. Aber es war eindeutig lange das erste Haus am Platz. Bis die Kriege Jugoslawien zerrissen. Da wurde es zum Auffanglager für Flüchtlinge. Seitdem sie anderweitig eine hoffentlich dauerhaftere Bleibe gefunden haben, steht das Beograd leer und verfällt. Es heißt, die Besitzverhältnisse seien ‟ungeklärt”, denn bis zur Unabhängigkeit Kroatiens (und juristisch wohl bis heute) gehörte es Serben.
‟Gott weiß, was für Wunder Sie erwarten von so einem Hotel. Sie werden schon merken, was los ist. Das ganze Hotel ist ein dummes Kaff. Genau so geht’s mit dem ganzen Leben. Das ganze Leben ist ein dummes Kaff, Herr Kringelein. Man kommt an, man bleibt ein bisschen, man reist ab, Passanten, verstehense. –
Menschen kommen, Menschen gehen. Nie passiert etwas.“
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Den Wagen an einem Waldweg geparkt und ins frühlingsgrüne Dickicht tauchen: Fichten, Birken, Buchen, Erlen. Unter uns ist das Rauschen eines Flusses zu hören. Wo der Hangwald etwas lichter steht, können wir zum Ufer hinab. Da fließt der Krebsfluß ruhig im Talgrund, Auwiesen, auf denen Wiesenschaumkraut blüht, frische Schilfsprossen säumen die Ufer. Ob es hier wirklich noch Flußkrebse gibt? Der Weg führt zurück in den Wald, verläuft dann auf halber Höhe parallel zum Fluß; wahrscheinlich sind die Uferwiesen oft sumpfig oder überschwemmt. Mächtige, knorrige Wurzelstränge umklammern knochenweißes Kalkgestein. Ein Kuckuck ruft. Eis und Sturm haben auch hier Wipfel geknickt, ganze Bäume entwurzelt. Manchmal liegen die Stämme quer über den Weg, manchmal bildet das Wipfelgeäst undurchdringliche Verhaue, die umgangen werden müssen. Dann senkt sich der Pfad wieder, unten führt ein hölzerner Steg über den Fluß. Auf der anderen Seite einen kurzen Hohlweg hinauf, dann steht plötzlich auf einer Lichtung im Wald ein Hotel. Auf der Veranda ist eine Frau damit beschäftigt, Blumen zu schneiden. Wir sind die ersten Gäste des Tages. ‟Vor zwei Wochen erst sind hier die letzten Schneereste verschwunden. Da hatten wir solches Hochwasser, daß der Fluß hier oben ums Haus spülte. Dreizehn Meter über dem normalen Wasserstand. Jetzt läuft das Geschäft langsam an, aber nur ausländische Gäste. Slowenen kommen nicht mehr. Die Krise...”
Keine zwei Kilometer weiter erreichen wir die erste Doline. Mehrere große, runde Löcher klaffen unter uns in einer riesigen Hallendecke. Darunter sind mächtige Streben wie in einem hohen Kirchenschiff stehengeblieben. Über 40 Meter geht es von den Löchern in der ehemaligen Höhlendecke in die Tiefe. Ganz unten am Grund des Einsturzkessels schäumt der Fluß durch ein Felstor aus dem Untergrund hervor. Ein schmaler Pfad führt steil nach unten, rutschig von der ewigen Feuchtigkeit im Kessel. Unten kann man auf schlüpfrigen Steinen neben dem Fluß durch einen Tunnel balancieren und kommt dann an eine alte, moosbewachsene Steinbrücke. Der Pfad nach oben ist abgerutscht oder vom letzten Hochwasser weggespült. Bleibt nur der Weg zurück.
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In seiner Zeit als Premier hat sich Tony Blair redlich den Titel ‟Bush’s Poodle” verdient, aber bei ihrem Besuch in Washington hat die Hündin Merkel jetzt alles daran gesetzt, den Platz auf Herrchens Schoß zurückzuerobern.
Also tiefer hinein in die Wälder des Balkan! Die Grenze von Kroatien nach Slowenien stellt ja zum Glück wieder kein Hindernis mehr dar. Sie ist bald überquert. Aus kroatischen Trüffelwäldern führt der Weg in den noch dichter bewaldeten slowenischen Karst mit seinen tiefen Schluchten und Höhlen, durch die unterirdische Flüsse strömen. Die Wälder dort haben allerdings im Winter schwer gelitten. Über viele Kilometer sieht es so aus, als habe ein Riese mit stumpfem Schwert alle Wipfel in einer Höhe rasiert: Folge von Blitzeis, das nach Schneeschmelze und Regen Äste und Wipfel so schwer in Eis panzerte, daß sie brachen.
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