Find more about Weather in Piran, LJ
Dienstag, 10. November 2015
"Reglos im Kiefernwebicht". In der Südheide
Nach dem kleinen Schlenker über Königslutter und drei Generationen Reichsgeschichte fuhren wir endlich dem eigentlichen Ziel unseres Ausflugs entgegen, für das wir bei Kirchhorst die Autobahn verlassen hatten.
Giebelschmuck in der Celler Altstadt

Es kam Celle mit viel Fachwerk und dahinein geschnitzten Haussprüchen: „Wer auf Godt vertrauwet...” oder einfallsreicher-eigenwilliger: „Du wat do wut de lue snackt doch” samt possierlichem Giebelschmuck. (Schutzengel der Handschuhmachergilde oder Alien mit Flossen?) Als Dreingabe mit freundlicher Unterstützung unseres Exkurses: 1 Stück Welfenschloß, von Generation nach Generation verschandelt modernisiert: mittelalterliche Burg, Renaissanceschloß, barock „venezianisierte” Residenz, Pomp des 19. Jahrhunderts... alles drin, alles dran.
Gleich hinter diesem Südtor zur Lüneburger Heide wurde die letzte Bundesstraße dreistellig, die Landstraße dann war es sowieso. Samtgemeinde Lachendorf, bekannt für ihre Papiermühlen – ein gutes Vorzeichen. Wir waren schließlich unterwegs in »papierreiche Zeit«. Zur Samtgemeinde gehört Eldingen im Naturpark Südheide, „hauptsächlich geprägt durch Kiefern und Fichten” – viel Sand also, schön. Die Heideflächen mit Wacholder sowieso.
„Der eigentlich öde und traurige Theil des Wegs von Lüneburg bis Celle fängt hier an”, notierte der „Dänische Wieland” und Voß-Freund Jens Baggesen auf einer Reise durch Deutschland im Juni 1795 mit seiner jungen und bezeugtermaßen schönen Schweizer Frau Sophie, einer Enkelin übrigens Albrecht von Hallers. „Sand, Haide und Moor, umgeben von ewigen Tannen- und Fichtenwäldern, ist Alles, was man entdeckt. Nicht ein einziges Dach – kein Wasser – kein Mensch – kein Thier - selbst nicht die Luft, – wenn ich eine fürchterliche Menge von Raben ausnehme.”
Die Gemeinde Eldingen hingegen, „die im Ortsteil Bargfeld das Schmalwasser und die Köttelbeck aufnimmt”, ist berühmt durch ihren Schweinekrieg anno 1668, bei dem es sogar einen Toten gab. Noch 1928 wählten 40 Prozent der Eldinger die „Deutsch-Hannoversche Partei”. Deren vordringlichstes politisches Ziel: die Restauration der Welfendynastie. Schon 1930 liefen sie und ihre Wähler geschlossen zur NSDAP über. »Nich ärgern,« sagte mir Katrin unerschütterlich, »das sind doch gar keine Menschen. Sind doch Bauern.«

Als wir das Dorf endlich fanden, hing der niedersächsische Himmel noch von pferdeköpfigem Giebelkreuz zu Giebelkreuz tief zwischen die moosbedeckten Dächer gespannt. Nach einem dünn herabfädelnden Landregen lag der süße Geruch blühender Kartoffelfelder schwer in der Luft. Ein schmaler Bach ringelte sich seicht und klar im Heidesandbett unter der Straßenbrücke durch. Die Lutter, I presume.
Obwohl eigentlich nur drei Straßen in das Dorf führen, haben wir das gesuchte Anwesen nicht gleich auf Anhieb gefunden. Es gibt ja aber auch nebst etlichen Nebenerwerbsbauernhöfen ein Küchenstudio, Harms’ Modegeschäft und ein eigenes Taxiunternehmen dort, ein Spezialantiquariat nicht zu vergessen.

... comment