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Donnerstag, 8. August 2013
Hornhaut auf den Sinnen
Kladovo

Hinter der kurzen Fußgängerzone von Kladovo mit ein paar Straßencafés, Eisdiele und Imbißbuden schließt sich eine an sich wunderschöne Lindenallee in voller Blüte an, von den Ziegelmauern aber fällt der Putz in großen Placken, und alte Banater Häuser aus Lehm und Fachwerk zerbröseln. Aus Platz- und Kostengründen sollten sie in Titos Jugoslawien durch Betonsilos abgelöst werden, und im heutigen Serbien werden nicht nur in Kladovo, sondern überall und besonders in dieser Region die letzten alten Fachwerk- und Lehmhäuser dem Verfall überlassen, damit im Ausland Arbeitende auf den Grundstücken für ihren Ruhestand schon einmal ihre schöne neue Wohnwelt errichten können.

Viele der neuen Häuser bieten einem noch die Anmutung des Unvollendeten: Stahlbetonskelette, mit unverputzten Hohlziegeln ausgefacht, reihen sich entlang der Straßen aneinander oder bilden ganze Siedlungen, denn für ein scheinbar noch “im Bau” befindliches Haus zahlt man keine oder weniger Steuern. Die dennoch “vollendeten” Neubauten, mindestens doppelt und dreifach so groß wie ihre Vorgängerbauten, erstrahlen in Zitronengelb oder Milkalila, getönte oder auch verspiegelte Fensterscheiben sind in matt bronzierte Aluminiumrahmen gefaßt. Balkongitter wölben sich in vorfabriziertem Neobarock oder – modern minimalistisch – in unterarmdicken nirostaverchromten Rohren. Die Grundstücke werden mit Mauern und Einfahrten umgeben, auf denen Löwen, Adler, Hähne, Enten und anderes Geflügel oder sich bäumende Ferrari-Pferde aus Zement postiert wurden. Das alles paßt in die alte, zutiefst bäuerliche Umgebung mit kleinparzelligen Maisfeldern oder gar noch rauchenden Meilern für die Holzkohlenbrennerei wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Überhaupt müssen wohl die meisten Serben Hornhaut auf den Sinnen haben, und Schwielen vor allem auf den Ohren. In jedem, aber wirklich jedem öffentlichen Raum wird man nämlich mit grenzenlos schrecklicher Muzac jeglicher Provenienz inklusive Neofolk lautestens zugeschallt, und niemandem außer uns scheint es auf die Nerven zu gehen.

Neo-antiker Bricolagestil. Neue Dorfkneipe im Osten Serbiens

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Zu diesem schönen Text möchte ich ein Bild aus meinen Montenegro Album hinzupacken. In der Umgebung von Podgorica gibts auch ne größere Sammlung von Häusern der Marke "american dream", die auch von Auswanderen, die in eben diesem Amerika leben finanziert wurden.

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Oh ja,
um Podgorica steht jetzt so einiges. Ich habe es schon einmal gesehen, als es noch Titograd hieß. Da fand ich es noch trostloser. Aber Cetinje, das hat doch was.

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Wir waren leider ein bischen zu früh (März) unterwegs, als das Hinterland noch komplett im Schnee versunken war. Dafür konnte man in Kotor konnte man mitten in der Altstadt problemlos einen Stuhl im Café bekommen und auch günstig in der Altstadt nächtigen. Das war schon was besonderes.

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