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Samstag, 6. Juli 2013
Belgrad. Bilder, Beobachtungen

“Man vergißt, daß diese Stadt im Laufe der letzten zweitausend Jahre immer wieder vollkommen zerstört worden und immer wieder aus dem Nichts entstanden ist. Vor dem Ersten Weltkrieg hat es in Belgrad kaum fünfzigtausend Einwohner gegeben, jetzt gibt es bald eine Million. Es ist also in einem knappen halben Jahrhundert beinahe auf das Zwanzigfache angewachsen. Deshalb hat Belgrad nichts Weiches, Fließendes, Traditionelles wie die anderen großen Städte Europas. Es ist ein hartes Pflaster”
(Milo Dor: Das Belgrader Bürgertum, 1979)

“Am Anfang, das war ‘91 und ‘91... flohen die Leute vor dem Irrsinn, vor dem Krieg und vor der Tatsache, daß sie hier kein Geld zum Leben haben. Sie gingen verzweifelt fort.
Für mich waren das die schönsten Menschen auf der Welt, und ich werde mich niemals damit abfinden, daß sie nicht mehr hier sind.
Ich bin müde von dieser Stadt, ihren negativen Menschen und allem, was ich durchgemacht habe. Ich bin müde von meinem eigenen Haß auf den Abschaum, der uns zugrunde gerichtet hat”
(Ivan Markov/Mladen Matičević: Ghetto. Das geheime Leben der Stadt, 1997)

"Es schlug gerade Mitternacht, als ich vor dem Café Majestic hielt. Auf der Straße war es noch warm.
Im Sommer ist Belgrad eine Morgenstadt. Um sechs Uhr früh fegt der städtische Spritzwagen den Pferdemist der Marktfahrer mit ihren Gemüsekarren zusammen, und die Holzläden der Geschäfte fliegen klappernd auf; um sieben sind alle Schenken bumsvoll."
(Nicolas Bouvier: Die Erfahrung der Welt, 1954)

Na, letzteres kann ich nicht bestätigen, und Bouviers Reise liegt ja auch schon sechzig Jahre zurück; es ist eine Menge passiert inzwischen, im ehemaligen Jugoslawien und auch in Belgrad, aber eine Morgenstadt ist es im Sommer nach wie vor.
Wir stehen jeden Morgen kurz vor sechs auf und begeben uns mit dem alten Herrn D. auf einen einstündigen Spaziergang am Ufer der Save entlang. Wegen des Hochwassers sind wir gezwungen, auf dem Deich zu laufen. Das Ufer ist überflutet, die Stege zu den vielen Hausbooten (mit zahlreichen zum Verkauf stehenden, aufgegebenen Restaurants) hat man mit Bohlen verlängern müssen. Alle Frühsportler sind mit uns unterwegs, Jogger, Skater, Radfahrer. Ältere Männer sitzen mit bloßem Oberkörper auf den Bänken und tratschen, die Geschäfte und der kleine Markt im Viertel sind geöffnet, viele erledigen bereits ihre Einkäufe, denn später wird es zu heiß. 35 Grad auf dem Asphalt zwischen den aufgeheizten Betonblöcken sind kein Vergnügen.
Neu-Belgrad wurde in den Fünfzigern als moderne Musterstadt auf dem Reißbrett entworfen (zu Bouviers Zeit wurden gerade die ersten Fundamente auf dem dafür erst in Sträflingsarbeit trockengelegten Sumpfboden am nördlichen Saveufer gegossen), und die Planer ließen einigen Platz zur Begrünung zwischen den riesigen Blöcken, aber sie rechneten damals wohl kaum damit, daß die Menschen einmal weniger für die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse als vielmehr für die Anschaffung von Privatautos schuften würden. In der Folge wurden Grünflächen zu wilden Parkplätzen und die verbliebenen Anpflanzungen zu wuchernden Großstadtdickichten, in denen Rudel von verwilderten, streunenden Hunden leben, die nachts die Müllcontainer nach Freßbarem durchwühlen.

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schaurig-schön, dass Sie uns da mitfahren lassen.

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Und schön,
wenn es immer wieder Leserinnen und Leser gibt, die meinem Mitteilungsbedürfnis etwas abgewinnen können. An dieser Balkanreise werde ich mich noch eine Weile abarbeiten. Sobald man sich ein Stück weit von den Badeorten an der Küste entfernt, trifft man im ehemaligen Jugoslawien doch immer wieder auf Eindrücke und Verhältnisse, die einen nachhaltig beschäftigen.

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Noch schöner,
wenn man kürzlich selbst schon mal in dieser Gegend unterwegs war. Ihre Worte beschreiben sehr trefflich, was sich auch in meinem Kopf dort abgespielt hat.

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