In den Niederen Landen will und will der Winter in diesem Jahr kein Ende nehmen. Obwohl sogar der Himmel klar ist und tags die Sonne scheint, weißt jeden Morgen Rauhreif die Dächer, rauchen noch immer unentwegt die Schornsteine und die Münder der Menschen. Sie wollten wie in jedem Jahr den ersten Vollmond des Frühjahrs feiern, doch anstatt daß die Eier in den Hennen sich rundeten, die Rammler rammelten, was das Kurzwildpret hergab, und die zarten Osterlämmer auf frisch ergrünenden Wiesen böckchenbeinig umherstaksten, lag das verdorrte Vorjahrsgras fahlgelb und erfroren flach auf frostiger Erde. Mit dem unaufhörlichen Ostwind aus der Tundra Sibiriens nahte ein unwirtliches, frostklirrendes Osterfest. Doch wo die Not am größten, ist der Wolf (wie man in Island sagt), nein, die Rettung am nächsten (wie Hölderlin es ja ähnlich gesagt hat), und uns ereilte gerade noch rechtzeitig eine Einladung, die Ostertage mit Freunden in ihrem Haus im Süden des freundlichen Frankreichs zu verbringen.
Noch am Gründonnerstag – der Name spottete dem, was er beschrieb – sprangen wir ins Auto und fuhren los, und 15 Millionen Niederländer taten es uns gleich. Schon die Auffahrt auf die Autobahn gelang nur Stück für Stück im Rahmen einer zäh sich vorwärts wälzenden Kolonne. Der Ring um Rotterdam war rundum verstopft, die Annäherung an Antwerpen geschah wie an einem Expandergummi in eine Gummiwand. In den Staus rund um Brüssel verfuhren wir uns wie jedesmal, die Beschilderung führt einfach in die Irre. Erst als wir hinter den kalten Schloten von Charleroi auf Landstraßen in die Dunkelheit der Ardennen kurvten, verlief sich der Verkehr. Sehr spät am Abend erreichten wir die hell beleuchtete Kathedrale von Reims. Die Kapelle über dem Taufbecken des berechnend brutalen Barbarenkönigs Chlodwig in dem ehemaligen römischen Wellnessbad war mächtig gewachsen. Die Stadt schlief schon weitgehend, nur vor den Bars auf der Place Drouet d’Erlon drängelten sich noch Grüppchen frierender Jugendlicher rauchend aneinander. Nach dem überfälligen Abendessen zogen wir uns bald in die gemütliche kleine Pension in einer ruhigen Seitenstraße der Altstadt zurück.
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