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Freitag, 3. Oktober 2008
Zurück in der Zivilisation
Zurück aus der “Außerwelt” (= Útgarðr). Und doch noch immer ein Stück weit entrückt. Wo kommen all diese Massen von Menschen her? Wohin fahren diese nicht abreißenden Kolonnen von Autos? Welche Leben spielen sich hinter den unzähligen Fenstern in diesen himmelhohen Häuserblöcken ab? Zu viel von all dem; zu viel von allem. Darf es bitte wieder ein wenig weniger sein. Dieses Übermaß, diesen Überfluß von viel zu viel Überflüssigem braucht doch kein Mensch.
Kaum öffnen sich die automatischen Milchglasschiebetüren hinter dem Zolldurchgang des Flughafens, präsentiert sich in unverhohlener Aufdringlichkeit, worum sich in unserer Welt alles dreht: um Waren. Zu allem Überfluß auch noch überwiegend um solche, nach denen ein Kaufinteresse künstlich erst herbeigeführt werden muß. Vom Luxusartikel zum billigsten Ramsch, alles Dinge, die kein Mensch braucht, pseudoedel verpackt oder billig überbunt uns entgegen schreiend: "Kauf mich!
Dazwischen Freßzeilen, in denen uns teuer zu bezahlender Abfall, Dreck zum Fraß vorgehalten wird. Ich kann gar nicht so schnell schlingen, wie ich kotzen möchte.
Denkt euch doch mal, was bliebe, wenn man einmal jeden “Shop” und jedes Werbedisplay aus dem Ankunftsbereich eines Flughafens entfernte: Ein Labyrinth kahler Gänge und eine leere Halle, in der sich nichts befände außer den Rohren der Lüftungsanlage unter der Decke. Stellt euch vor, ihr landetet als Angehörige einer gänzlich fremden Kultur oder meinetwegen als Außerirdische in Frankfurt, Heathrow oder Schiphol und kämet in den Bereich, der zum Empfang von (Flug-)gästen vorgesehen ist. Was seht ihr? Ware, Ware, Ware. So empfangen wir unsere Gäste. Wir heißen sie nicht willkommen, indem wir ihnen, laßt mich einmal phantasieren, einen Ankunftsbereich öffnen, in dem sie erst einmal ankommen, zur Ruhe kommen können, in dem sie sich wohlfühlen, in dem sie es sich vielleicht bequem machen oder in dem wir ihnen schöne Errungenschaften unserer Kultur vor Augen führen, damit sie sich wirklich empfangen fühlen und das kennenlernen können, was uns lieb und wert ist, was uns auszeichnet und was unsere Wertschätzung von Gästen zum Ausdruck bringt. Nein, wir führen sie an überbordende Warenkörbe mit nichtswürdigen Konsumartikeln, für die sie uns den Gegenwert ihrer Arbeit abliefern sollen. Das wollen wir von ihnen: ihr Geld. Das Gleiche will man von uns: uns die leicht konvertierbaren abstrakten Maßeinheiten, für die wir Anstrengung, Kraft und Mühe, viel Hirnschmalz und Lebenszeit aufgewendet haben, gegen möglichst wertlose Gegenwerte wieder abknöpfen.
Ich weiß, es ist alles tausendmal gesagt und geschrieben, aber wenn man aus Útgarðr in unsere Zivilisation zurückkehrt, drängt es sich einem so auf, daß man es wieder einmal rauslassen muß, um nicht dran zu ersticken.


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