Kann eigentlich ein Normalbürger der so mustergültig demokratischen Europäischen Union eine genauere Vorstellung davon haben, was seine (nicht gewählten) Vertreter unter Leitung von Handelskommissar De Gucht seit Februar mit Vertretern der USA mit dem Ziel eines sogenannten Freihandelsabkommens ausbaldowern? Nein, kaum. Die Verhandlungen finden für die Öffentlichkeit geheim hinter verschlossenen Türen statt. Es soll erklärtermaßen so wenig wie möglich davon nach außen dringen, bevor Einigungen erzielt wurden. Denn frühere Versuche, ein solches Abkommen auszuhandeln, sind immer dann gescheitert, wenn ruchbar wurde, was da so alles vertraglich geregelt oder entregelt werden sollte. Es gibt also auch diesmal allen Anlaß, Schlimmes zu befürchten.
So langsam sickern erste eitrige Tropfen aus der Giftküche der Unterhändler, die jede bange Befürchtung weit übertreffen. Ich kann nur empfehlen, dazu in der November-Ausgabe des Le Monde diplomatique den Artikel auf der Titelseite: “TAFTA – die große Unterwerfung” zu lesen. Oder den einschlägigen Artikel im Guardian vom Anfang dieser Woche.
Einer der Kernpunkte besteht darin, daß in dem Abkommen Privatunternehmen vertraglich das Recht zugesichert werden soll, vor sogenannten Schiedsgerichten angeblich souveräne Staaten zu verklagen, sobald sie glauben, durch dort beschlossene neue gesetzliche Bestimmungen könnten ihre Profite gemindert werden. Das hört sich zu abwegig an, als daß man es nicht durch bereits erfolgte Fälle aus vergleichbaren Abkommen belegen sollte. Derzeit hat der Tabakkonzern Philipp Morris die australische Regierung wegen abschreckender Bilder auf Zigarettenpackungen auf gewaltige Kompensationen für zukünftig zu erwartende Umsatzeinbußen verklagt. “Wir erwarten Milliarden”, frohlockte ein Konzernsprecher. Im Rahmen des Nafta-Abkommens klagen Stromkonzerne gegen Garantiepreise für Strom aus erneuerbaren Energien und gegen ein kanadisches Fracking-Moratorium. Vattenfall hat angekündigt, von der Bundesrepublik Milliarden Euro als Entschädigung für die Abschaltung der Atomkraftwerke zu verlangen. Monsanto verspricht sich von einem Freihandelsabkommen der USA mit der EU, die Einfuhrverbote für gentechnisch veränderte Lebensmittel beseitigen zu können. Das Amerikanische Fleischinstitut (AMI) empört sich gegen das “ungerechtfertigte” Einfuhrverbot für Fleisch, das mit Wachstumshormonen behandelt wurde, die in 160 Ländern inklusive Rußland und China als gefährlich verboten sind. Natürlich soll es auch um Lockerung von Datenschutzbestimmungen, das weitere Drücken von Sozialstandards und um die weitere Verhinderung von Beschränkung und Kontrolle des freien Kapitalverkehrs gehen... Es ist der Wunschzettel aus dem Gruselkabinett des Dr. hc. Privatunternehmer oder Konzernchef.
Es wird jeder struntzdumme Hähnchenmäster aus dem Mittleren Westen der USA jedes Land der EU verklagen können, wenn es sich weigert, seine nicht hygienisch geschlachteten, sondern hinterher durch Chlor- und weitere Desinfektionsbäder geschleiften Broiler einzuführen. Und er wird Recht und Geld bekommen. Die Lobbyisten von Kentucky Fried-Chicken sitzen schon mit am Verhandlungstisch. Ob der Massentierhalter aus Kentucky oder Wyoming oder North Dakota weiß, wo das fragliche Land in Europa überhaupt liegt, darf man nach dem hier bebilderten Test füglich bezweifeln. Darin hat man des Lesens und Schreibens kundigen US-Staatsbürgern eine Karte mit den Grenzen der europäischen Staaten vorgelegt und sie gebeten, die jeweiligen Ländernamen einzutragen. Ein paar Ergebnisse hat das US-Presseportal BuzzFeed veröffentlicht.
Okay, hier noch ein hübscher Beleg aus einer amerikanischen Quizshow:
Sollte ein solches Abkommen zwischen den smarten USA und der EU, ob es nun TAFTA oder TTIP heißen mag, tatsächlich ratifiziert werden, wird es rechtlich kein Zurück mehr geben. Änderungen sollen nur mit Zustimmung sämtlicher Unterzeichnerstaaten möglich sein. Gegen die Entscheidungen der aus drei Juristen aus der privaten Wirtschaft bestehenden Schiedsgerichte ist keine Berufungsmöglichkeit vorgesehen.
Wer sich auf dem Laufenden halten will, kann das auf folgender Seite tun: taftattipwatch
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Der Zug rollte mit schlagenden Achsen durch das trübe Einheitsgrau vor den Fenstern. Tiefe, geschlossene Wolkendecke, aus der es nebelnäßte; kahle Stangenäcker oder auch ein paar dichtere Waldstücke mit Unterholz, düstere Fichtendickichte, dann nasse Wiesen, auf denen riesige Pfützen standen, wischten vorbei. Häuser duckten sich unter tief herabgezogene, schieferdunkle Pfannendächer. Das in die Jahre gekommene, aber noch immer grelle Magenta der Polsterbezüge im leeren Abteil kleckste als Einziges Farbe in die Novemberwelt. Bald werden auch sie ausgemustert sein.
In Hamburg ging ein hanseatisch feiner Nieselregen bald in anhaltendes Pladdern über. Die überall hängenden Versuche, der Tristesse mit vorweihnachtlicher Illumination Lichter aufzustecken, wirkten selbst arg bedröppelt und maßlos traurig. Ich schlug Bögen, um den als Weihnachtmärkte deklarierten improvisierten Freßgassen auszuweichen, die sich schon von weitem durch ihren miefigen Dunst aus verdorbenem Bratfett und süß gepanschtem Glühweinverschnitt ankündigten. Aber irgendwann und irgendwo abseits davon bekam auch ich Hunger und dachte, ehe ich jetzt lange nach dem einen richtigen Restaurant suche, nehme ich das nächstbeste. Ich sah mich um. Über einem gewölbten Kellereingang hing ein Schild, auf dem allerdings nicht stand: “Wanderer, der du hier eintrittst...” Nein, da stand nur: “Pizza”.
Ich stieg vorsichtig die nassen Stufen hinab ins Souterrain. Am Grund des Tunnels eine matt erleuchtete Tür mit Butzenscheiben. Im halbdunklen Raum dahinter saß ein einzelner Gast und löffelte aus einem Teller Suppe. Ich respektierte seinen offensichtlichen Wunsch, in dieser Gruft allein und ungestört sein Essen verzehren zu können, und ging weiter in einen Nebenraum, der von einem Fenster auf Bürgersteigniveau etwas Tageslicht erhielt. Da setzte ich mich an einen kleinen Tisch mit weißem Tischtuch, um zusehen zu können, wie draußen der Regen von einem Geländer tropfte.
Ich mußte lange auf die Pizza warten. Der Ofen war wohl noch nicht angeheizt. Alles war still. Draußen tropfte der Regen vom Geländer. Manchmal stapfte ein Paar durchnäßter Hosenbeine am Fenster vorüber. Ich zog ein Buch aus der Innentasche meiner Jacke: Yasushi Inoues Tod des Teemeisters. Für ein japanisches Buch regnet es überraschend wenig darin. Aber es ging um alles; um den Weg, richtig zu leben, und um den Weg, richtig zu sterben, insbesondere um die Frage, wie man einem absoluten Machthaber noch im Angesicht des Todesurteils Widerstand und seine Verachtung zeigt.
“Alle drei mußten Selbstmord begehen. Ein Teemensch hat es wahrlich schwer. Kaum hat er die Meisterschaft erreicht, muß er sich auch schon entleiben. Ohne Bauchaufschneiden kein Meister.”
Aber Inoue hält seine Antworten auf die Frage nach dem rätselhaften Tod der Teemeister sehr schön in der Schwebe, mal deutet er diese an, mal erscheint eine andere möglich, manchmal scheint er einen auf den Weg eines Kōans zu führen, und anschließend stellt er alles wieder in Frage. “Warum hat der erlauchte Meister Rikyū den Tod herausgefordert?” – “Tja, warum?” – “Ich wußte nicht, inwieweit er es ernst meinte.”
Ein Schatten fiel in den Raum. Vier Paar nasse Hosenbeine verdunkelten vorübergehend das Fenster. Dann wurde die Tür aufgestoßen. Lautes Hallo, der Wirt erkannte offenbar Stammkunden und verfiel sogleich gleich in das marottenhafte idiotische Kellner-Deutsch-Italienisch-Pidgin. “Ciao, signori, nehme Si Plazze, prego!” Er schaltete ein Band mit schmachtenden italienischen Schlagern ein. Irgendsoein Paolo-Conte-Klon leierte los, auch aus einem Lautsprecher in der Ecke hinter mir, hinterrücks. Vier Büroangestellte im Mittagspausenmodus traten ein und ließen sich grußlos an ihrem Stammtisch nieder. Der Laden gehörte schließlich ihnen, und ich war hier der Eindringling. “Das Übliche, Paolo!” Viel Gesize aus dem Schankraum bestätigte: si, signori, si, si, Sicilia, Rucola & Scamorza. Das Gespräch am Nebentisch drehte sich längst um den neuen A4 oder A6, dann ausgiebig und nicht versiegend um Spieler und Einkaufspolitik des HSV. Irgendwer war sein Geld nicht wert, ein anderer hatte sich gleich bezahlt gemacht, der Vorstand hatte, der Trainer hatte nicht...
Sobald ich meine Pizza verdrückt hatte, steckte ich den Teemeister in die Tasche und ging zum Zahlen nach vorn. Einer der Bürostundenverwalter guckte auf. Ja, richtig, ich war ja auch noch da. Ich lächelte ihn freundlich an und sagte im Gehen so für mich hin: “Schwarz, weiß und blau, / mag keine Sau! / FC Sankt Pauli – euer Supergau!
Draußen tropfte der Regen vom Geländer, von den Dachtraufen, vom Himmel. Und die Weihnachtsmärkte soffen ab.
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Passend zum siebten (Wochen-)tag der Schöpfung, an dem nach Vorschrift uralter Ladenschlußgesetze alles ruhen sollte, hier nun die Wetteraussichten des Weltklimarats für die nächsten hundert bis tausend Jahre als mein frommes Wort zum Sonntag.
Eins steht auch für die Zukunft bereits fest: Da sich der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit nicht verringert hat, werden sich die mittlerweile festgestellten Veränderungen des globalen Klimas fortsetzen bzw. noch verstärken.
“Fortgesetzter Ausstoß von Treibhausgasen wird weitere Erwärmung und Änderungen in sämtlichen Komponenten des Klimasystems zur Folge haben. Den Klimawandel zu begrenzen, erfordert eine massive und dauerhafte Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen.”
Die meisten Folgen des Klimawandels würden sich sogar noch fortsetzen, wenn der CO2-Ausstoß gestoppt würde. Ein großer Teil der vom Menschen durch CO2-Emissionen verursachten Klimaveränderungen wie die globale Erderwärmung ist schon jetzt für Jahrhunderte unumkehrbar (sofern man der Atmosphäre nicht für einen längeren Zeitraum netto CO2 entziehen könnte). Je nach Szenario werden 15-40% des freigesetzten Kohlendioxids für länger als 1000 Jahre in der Atmosphäre verbleiben.
Um die weiteren Folgen des Klimawandels möglichst schon jetzt absehbar zu machen, wurden im Auftrag des IPCC vier modellhafte Szenarien für mögliche zukünftige Veränderungen des Klimasystems auf der Erde entworfen. Um sie in Meßdaten bezifferbar zu machen, hat der Weltklimarat das Maß des Strahlungsantriebs (radiative forcing) eingeführt. Es soll die Verhältniszahl zwischen der elektromagnetischen Energie, die die Erde aufnimmt, und der, die sie in den Weltraum abstrahlt, darstellen. Gemessen wird sie in Watt pro Quadratmeter (W/m²). In einer ausgeglichenen Strahlungsbilanz tendierte das Verhältnis von Strahlungsaufnahme und -abgabe natürlich gegen Null. Für das Jahr 2005 bspw. konnte aber berechnet werden, daß die Erde 0,85 W/m² mehr Energie aufnahm, als sie ins All abstrahlte.
Die CO2-Konzentration des Jahres 2007 von ca. 380 ppm resultierte zusammen mit den anderen Treibhausgasen schon in einem Strahlungsantrieb von 2,6 W/m².
“Dieser Strahlungsantrieb führt zu einer globalen Erwärmung von 2 °C, wenn mit dem wahrscheinlichsten Wert für die Klimasensitivität von 3 °C gerechnet wird. Jedoch erreicht die Erwärmung erst nach Jahrzehnten bis Jahrhunderten ihr Maximum, da das Klima wegen der hohen Wärmekapazität der Wassermassen der Weltmeere sehr träge reagiert.” (Wikipedia-Artikel: “Klimasensitivität”)
Das konservativste Szenario des IPCC legt den für 2007 errechneten Strahlungsantrieb von 2,6 W/m² zu Grunde. Die anderen Szenarien nehmen eine weitere Zunahme der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre an und simulieren einen Strahlungsantrieb von 4,5 W/m², 6 W/m² respektive 8,5 W/m².
• Nach allen Modellen über dem konservativsten des bereits erreichten Strahlungsantriebs wird die Durchschnittstemperatur auf der Erde am Ende des 21. Jahrhunderts um mindestens 1,5° C höher liegen als im Vergleichszeitraum von 1850-1900, nach den beiden Modellen mit dem größten Strahlungsantrieb wird er “wahrscheinlich” mehr als 2° betragen und sich auch im 22. Jahrhundert noch fortsetzen.
• Im Vergleich zum Zeitraum 1986-2005 dürften die Temperaturen von 2016-25 um 0,3° - 0,7° steigen, in der Zeit von 2081-2100 nach dem konservativsten Modell um 0,3°-1,7°, nach den beiden mittleren Szenarien um 2,6°-3,1°, und nach dem extremen Modell um bis zu 4,8°.
• Die Arktis wird sich dabei schneller aufheizen als der Rest der Erdoberfläche, und die Temperaturen über Land werden schneller steigen als die über den Ozeanen. Die größte Meereserwärmung wird für die Tropen und für die subtropischen Meeresgebiete der nördlichen Hemisphäre erwartet. Sie dürfte zum Ende des Jahrhunderts bis zu 100m Wassertiefe je nach Modell zwischen 0,6° bis zu 2° betragen, in einer Tiefe bis zu 1000m 0,6°. Die Erwärmung wird sich in größere Tiefen fortsetzen und die Wasserzirkulation beeinflussen.
Es ist “sehr wahrscheinlich”, daß sich der Golfstrom im Lauf des 21. Jahrhunderts abschwächen wird, aber “sehr unwahrscheinlich”, daß er völlig zum Erliegen kommt.
Das Eis der Arktis wird ebenso “sehr wahrscheinlich” weiter abnehmen wie das weltweite Volumen der Gletscher. Abgesehen von der Peripherie der Antarktis könnte die Ausdehnung der Gletscher nach dem konservativsten Szenario bis zum Ende des Jahrhunderts weltweit um mehr als die Hälfte (55%), nach dem Extremmodell um bis zu 85% schwinden. Die Regionen mit Permafrostboden werden von 37% bis zu 81% kleiner werden. Nach dem Modell des größten Strahlungsantriebs könnte die Arktis “wahrscheinlich” schon um die Mitte des Jahrhunderts zum Herbstäquinoktium weitgehend eisfrei sein.
• Nach sämtlichen Szenarien wird der Meeresspiegel weiter steigen (virtually certain). Und zwar nach dem konservativsten Modell zum Jahrhundertende um bis zu einen halben Meter, im Extremfall um fast einen Meter.
Bei einem Strahlungsantrieb, der einer CO2-Konzentration zwischen 700 und 1500 ppm entspricht, könnte dem äußersten Szenario zufolge der Anstieg des Meeresspiegels sogar bis zu 3 Meter betragen.
Steigt die Erderwärmung kontinuierlich in einem Bereich zwischen einem und vier Grad wird mit “großer Sicherheit” (high confidence) im Verlauf der nächsten 1000 Jahre das grönländische Inlandeis fast vollständig schmelzen. Daraus resultierte noch einmal ein Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 7 Meter.
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Diese von National Geographic veröffentlichte Karte zeigt den Verlauf der Küstenlinie Europas, falls einmal alles Eis der Gletscher und an den Polkappen geschmolzen und ins Meer geflossen sein sollte. Der Meeresspiegel läge nach diesem Szenario 65 Meter höher als heute.
So, ich habe mir den aktuellen Bericht des IPCC zum Klimawandel: Climate Change 2013. The Physical Science Basis bzw. seine “Zusammenfassung für Politiker” einmal zu Gemüte geführt. Das Fazit seiner Bestandsaufnahme steht darin vorneweg und ist eindeutig:
“Die Erwärmung des Klimas steht “eindeutig” fest (unequivocal; das IPCC hat die Aussagen in seinem Bericht anhand einer festen Bewertungsskala von Wahrscheinlichkeit jeweils qualifiziert. Diese Verläßlichkeitsnote stelle ich in Anführungszeichen). “Seit den 1950er Jahren sind viele der beobachteten Veränderungen seit Jahrzehnten bis hin zu Jahrtausenden ohne Beispiel. Die Atmosphäre und Ozeane haben sich erwärmt, die Mengen an Eis und Schnee haben abgenommen, der Meeresspiegel ist gestiegen, und die Konzentration von Treibhausgasen hat zugenommen.”
Die nüchternen Fakten* im einzelnen:
(*Ich nenne es Fakten, weil es m.E. zur Zeit keine gründlicher erhobenen und bewerteten Meßergebnisse und Aussagen zum Thema Klimawandel geben dürfte.)
• Die letzten drei Jahrzehnte waren jeweils wärmer als alle anderen Dekaden seit 1850. Auf der Nordhalbkugel waren die letzten 30 Jahre “wahrscheinlich” die wärmsten seit 1400 Jahren.
Die Durchschnittstemperatur auf der Erde ist seit 1880 um 0,85° C gestiegen.
“Äußerst wahrscheinlich” (extremely likely) ist menschlicher Einfluß seit Mitte des 20. Jahrhunderts die dominierende Ursache für die gemessene Erwärmung.
Ebenso ist “äußerst wahrscheinlich”, daß mehr als die Hälfte des durchschnittlichen globalen Temperaturanstiegs von 1951 bis 2010 auf den von Menschen verursachten Anstieg von Treibhausgaskonzentrationen im Zusammenwirken mit weiteren von Menschen verursachten Faktoren zurückgeht.
• Die Konzentration von Kohlendioxyd, Methan und Stickodyden in der Erdatmosphäre sind auf seit 800.000 Jahren nicht erreichte Werte gestiegen. Die CO2-Konzentration ist um 40% höher als in vorindustrieller Zeit, die von Methan sogar um 150%. Die Ozeane haben etwa 30% des von Menschen verursachten CO2-Ausstoßes aufgenommen und sind dadurch saurer geworden.
• Seit 1950 werden Veränderungen bei extremen Wetter- und Klimaereignissen beobachtet. Die Zahl kalter Tage hat weltweit “sehr wahrscheinlich” ab-, die heißer Tage zugenommen. Über Europa, Asien und Australien hat die Zahl der Hitzewellen “wahrscheinlich” zugenommen.
Es ist mittlerweile “sehr wahrscheinlich”, dass menschlicher Einfluss zu den weltweit beobachteten Änderungen bei Häufigkeit und Intensität extremer Hitze seit Mitte des 20. Jahrhunderts beigetragen hat, und “wahrscheinlich”, daß menschengemachte Faktoren in manchen Gegenden die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hitzewellen mehr als verdoppelt hat.
• “Wahrscheinlich” haben menschengemachte Einflüsse seit 1960 den globalen Wasserkreislauf verändert. Menschengemachte Einflüsse haben zur steigenden Sättigung der Atmosphäre mit Feuchtigkeit beigetragen, zur weltweiten Veränderung von Niederschlagsmustern, zur Verstärkung heftiger Niederschläge über Land sowie zu Veränderungen im Salzgehalt der Meere (“sehr wahrscheinlich”).
• In den mittleren Breiten der Nordhalbkugel haben Niederschläge über Land seit Anfang des 20. Jahrhunderts zugenommen. Zahl und Ausmaß von starken Regenfällen in Europa und Nordamerika haben “wahrscheinlich” zugenommen.
• Das oberflächennahe Wasser der Ozeane hat sich seit 1971 in jedem Jahrzehnt um 0,11° C erwärmt.
Gebietsweise Veränderungen im Salzgehalt beweisen indirekt, daß sich auch Niederschläge und Verdunstung über den Meeren verändert haben.
Daß ein substantieller Anteil der Erwärmung der Meere seit den 1970er Jahren auf von Menschen verursachte Faktoren zurückgeht, hält der Bericht des IPCC für “sehr wahrscheinlich”.
• In den beiden letzten Jahrzehnten haben die Eisdecken über Grönland und der Antarktis an Masse verloren. Der Verlust an grönländischem Inlandeis stieg von 34 Gigatonnen jährlich im Zeitraum 1992-2001 auf 215 Gigatonnen jährlich in den letzten zehn Jahren. In der Antarktis stieg die Abnahme von 30 Gt/Jahr auf 147 Gt/Jahr im selben Zeitraum.
Fast weltweit schrumpfen die Gletscher immer schneller. Ihre Abnahme betrug seit 1971 durchschnittlich 226 Gt pro Jahr, im Zeitraum von 1993 bis 2010 aber schon 275 Gt/Jahr.
Die feste Eisdecke über dem Nordpol verliert seit 1979 in jedem Jahrzehnt zwischen 3,5 und 4,1% ihrer Ausdehnung. Die auch im arktischen Sommer bestehende Eisdecke, das “ewige” Eis, schrumpft sogar zwischen 9,5 und 13,6 Prozent pro Dekade, was einem Verlust von bis zu einer Million Quadratkilometern in zehn Jahren entspricht. Das ist dreimal die Fläche Deutschlands.
Von Menschen verursachte Einflüsse haben “sehr wahrscheinlich” zur abnehmenden Vereisung der Meere seit 1970, zum Rückzug der Gletscher seit den 1960er Jahren und zum Schmelzen des Inlandeises in Grönland seit 1993 beigetragen.
• Mit “großer Sicherheit” ist der Meeresspiegel seit Mitte des 19. Jahrhunderts stärker angestiegen als in den 2000 Jahren zuvor. Es ist “sehr wahrscheinlich”, dass menschliche Faktoren seit den 1970er Jahren substanziell am weltweiten Ansteigen des Meeresspiegels beteiligt sind.
Im Vergleich zum Jahr 1900 steht er jetzt fast 20 Zentimeter höher, und auch die Anstiegsrate steigt: Im Gesamtzeitraum betrug sie 1,7 mm pro Jahr, in den letzten zwanzig Jahren hat sie sich auf 3,2 mm/Jahr erhöht.
Demnächst ein paar Worte zu den Aussichten von Morgen.
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Aus Anlaß des Weltklimagipfels in "Coaland", wie die australische Presse anzüglich schreibt, sendet der Deutschlandfunk zur Zeit eine mehrteilige Reihe, in der die neuesten Erkenntnisse zur Entwicklung des Klimas ganz übersichtlich zusammengefaßt werden.
Daraus geht eine folgenreiche Bestandsaufnahme hervor:
• Außer den Auftragsrednern der Industrie- und Wirtschaftslobby kann eigentlich kaum mehr jemand bezweifeln, daß sich das Klima auf der Erde wandelt und daß es sich auch durch vom Menschen verursachte Faktoren ändert. Der aktuelle Bericht des Weltklimarats (IPCC) qualifiziert diesen Befund als “unequivocal”, eindeutig.
Peter Stott, Mathematiker im Klimaforschungszentrum des Britischen Wetterdienstes, erläutert den Bericht: "Der IPCC-Report liefert neue Belege dafür, daß auch Wetterextreme durch den Menschen beeinflusst werden. Die Zahl heißer Tage und Nächte hat zugenommen, und kalte Tage und Nächte sind seltener geworden. Wir sind uns heute zu über 90 Prozent sicher, daß das ohne den Klimawandel nicht so wäre. Ein Trend zu häufigeren Wetterextremen ist auf jeden Fall erkennbar. Die Welt-Meteorologie-Organisation analysierte das vergangene Jahrzehnt in einer Studie und spricht von einer ‘Dekade der Klimaextreme’."
• Global gesehen wird aber gegen den Klimawandel noch immer wenig bis nichts unternommen. Auch auf dem aktuellen Gipfeltreffen in Warschau werden keine konkreten Maßnahmen beschlossen werden, ganz im Gegenteil: Dem Ausstieg Australiens und seiner Abschaffung der CO2-Steuer wurde gerade erst von der kanadischen Regierung offiziell applaudiert (so der Wortlaut der Verlautbarung). Damit klopfen sich die beiden schlimmsten Umweltverschmutzer der Welt (auf Basis des Pro-Kopf-Ausstoßes) auch noch gegenseitig auf die Schulter. Und auf dem Gipfel in Warschau selbst hat sich mit Japan gleich die nächste reiche Industrienation offiziell vom selbstgesteckten Ziel ihrer Emissionsverringerung verabschiedet. Von den bis 2020 angestrebten 25 % sollen nun nicht einmal mehr 4 % erreicht werden.
So wird der CO2-Ausstoß weltweit nicht etwa verringert, vielmehr steigt er weiter; im vergangenen Jahr sogar stärker als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Laut der staatlichen australischen (!) Forschungsbehörde CSIRO, die bislang noch am Globalen Kohlenstoffprojekt (GCP) mitarbeitet, “ist die jährliche Zuwachsrate beim CO2 aus der Verbrennung fossiler Energieträger heute dreimal so hoch wie noch in den 90er-Jahren [...] Wenn unsere Emissionen so hoch bleiben wie im Moment, haben wir weniger als 30 Jahre, bis die zwei Grad plus erreicht sind", die als kritischer Wert gelten, über dem eine Erwärmung des Erdklimas katastrophale Folgen für uns haben dürfte.
Weiter geht es hier.
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Einer der heftigsten Stürme seit Menschengedenken kostet bis zu 10.000 Menschen das Leben und verwüstet die Inselwelt der Philippinen, Klimaforscher künden an, Stürme und Regenfälle solch biblischen Ausmaßes werde es von nun an häufiger geben. Selbst die Deputierten des Weltklimagipfels in Warschau sind betroffen und verstehen die Katastrophe als Mahnung. Doch eines der reichsten Länder der Welt, dessen Wohlstand auf dem klimaschädigenden Abbau natürlicher Ressourcen wie Kohle, Öl und Erdgas beruht, sagt rundweg seine Teilnahme am Klimagipfel ab: Australien.
Auch das ist ein klares Signal. Der neuen Regierung in Canberra sind die Profite der hauseigenen Bergbaukonzerne eindeutig wichtiger als das Weltklima. Kaum im Amt, hat der konservative Premierminister Abbott nichts Eiligeres zu tun, als die von seiner Vorgängerin eingeführte CO2-Steuer wieder abzuschaffen. Und sein Vorvorgänger und politischer Ziehvater John Howard, seiner früheren wirtschaftsfreundlichen und klimaskeptischen Linie treu, hält derweil im Ausland Reden, in denen er einen globalen Klimawandel grundsätzlich in Abrede stellt, weil er nach eigenem Bekunden genau ein Buch zu dem Thema gelesen hat, das des konservativen britischen Anti-Klimawandel-Lobbyisten Nigel Lawson, ehemals Schatzkanzler unter Margret Thatcher.
Wirtschaftswachstum in Entwicklungsländern sei viel wichtiger als die Bekämpfung der Erderwärmung, verkündet Howard, und Kernenergie, Schiefergas und Fracking würden die dabei weiter wachsenden Energiebedürfnisse befriedigen. Den Klimawandel halte er “instinktiv” nur für das Idol einer neuen Ersatzreligion.
Am selben Tag stand in australischen Zeitungen zu lesen, daß der Fünfte Kontinent gerade das heißeste Jahr seit Beginn von Temperaturaufzeichnungen durchlebt. Die in den trocken-heißen Sommern häufigen Buschfeuer brachen dieses Jahr schon im Frühjahr aus (und vernichteten sogar in den üppig grünen (und von uns voriges Jahr so geschätzten) Blue Mountains Quadratkilometer Wald.) In den zurückliegenden zwölf Monaten wurden in Australien mehr als hundert Hitzerekorde gebrochen. In Sydney lagen die Temperaturen im Oktober 3,6 ° über dem langjährigen Mittel. Und über den langjährigen monatlichen Mittelwerten liegen die Temperaturen jetzt seit 15 Monaten in Folge. Aber Australiens konservative Führung sieht ganz klar: es gibt keinen Klimawandel.
Ich frage mich nur, wie diese Konservativen ihren "Agnostizismus" (Howard) in Sachen Klimawandel mit ihrem christlichen Glauben vereinbaren können. Denn für christliche Taliban Fundamentalisten wie die us-amerikanischen Evangelikalen gibt es "climate stuff that we can't explain" sehr wohl, und leugnen darf man ihn keinesfalls, denn nur die Unwissenden nennen ihn Klimawandel, in Wahrheit ist der Klimawandel aber natürlich nichts anderes als eine Strafe Gottes. Wofür? Na, für die Legalisierung von Abtreibung, ist doch klar.
"Whap, here comes storms like we've never seen before", donnerte der einflußreiche Prediger David Barton unlängst in der Fernsehsendung seines Kollegen Kenneth Copeland, Believer's Voice of Victory. "And today we're saying 'oh no, it's global warming.' No, we opened a door that lost God's protection over our environment and that's our choice [...] When a nation does something bad, it gets judgement or it gets blessings right now in the present. On the spot."
Bleibt zu hoffen, daß wenigstens die Androhung von Gottes Zorn und unmittelbarer Strafe die australischen Konservativen noch einmal zu Einhalt und Umkehr in ihrer Umweltpolitik bewegen kann. -- Allerdings haben australische Fernsehsender Copelands Sendung schon 2010 aus dem Programm gekippt, weil sie gegen ihr selbst auferlegtes Diskriminierungsverbot verstieß. In den USA hingegen könnte der völlig durchgeknallte Barton in seinem Heimatstaat Texas für die Republikaner bei den Wahlen zum Senat kandidieren.
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Da Frau nemorosa hier neulich ein Bild vermißte, wird heute eilends eins nachgeschoben; vom gestrigen Sonntagnachmittagskaffee und mit einer Empfehlung vom leckeren Vlaamsch broodhuis.
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