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Dienstag, 28. September 2010
"Ein Buch mit Versen und ein wenig Wein"

Trink Wein, denn du wirst lange in der Erde ruhen,
ohne Vertrauten, Freund oder Kumpan.
Gib acht, daß du keinem dies Geheimnis sagst:
Keine Lilie, die welkte, wird wieder blühn.

... reiche den Becher mir,
ehe der Töpfer am Wegrand einen Krug formt
aus deinem und meinem Staub.

(Ghijas ud-din Abu’l Fath ‘Umar ibn Ibrahim ul-Chajjami, 12. Jh.)

In diesen kuppelüberwölbten Würfelhäusern aus alten, rohen Steinen, auf den von Palmwedeln beschatteten Terrassen zwischen Wein und Kapernfeldern, oder wenn abends nach dem Essen eine leise Brise Kühle vom Meer herauffächelt und der Mond im Osten heraufzieht, während am Westhimmel schon der Abendstern glänzt, kann man sich wirklich wie in arabische Zeiten auf all diesen Mittelmeerinseln zurückversetzt fühlen.

Ein Buch mit Versen und ein wenig Wein,
ein halbes Brot, und dann mit dir allein
zusammen dort in tiefverschwiegner Wildnis
ist besser, als des Landes Schah zu sein.

(Omar Chajam)

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Freitag, 24. September 2010
Il dammuso


Wird Zeit, daß ich mal unser Feriendomizil vorstelle.
Ich glaube, das geht auch ganz gut ohne Worte.

Hier geht's rein











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Dienstag, 21. September 2010
Münzen mit Himbeergeschmack
Nein, niemandem in der Grabungsmannschaft war ein Stiftzahn rausgefallen oder gar das Gebiss gebrochen, aber zwei Tage vor dem Abflug hatte mich ein Hilferuf aus dem Schutt der Jahrtausende ereilt:
“Wir haben unerwartet einen Münzschatzfund geborgen und unser Restaurator benötigt jetzt dringend noch neues Silikon-Abgussmaterial, da wir eigentlich am Ende der diesjährigen Grabung stehen und ihm das mitgebrachte ausgegangen ist. Wäre es für Dich möglich, entsprechendes zu besorgen, etwa im Dentalfachhandel??? Oder bei einem Zahnarzt??”
Aber sicher. (Am letzten Tag vor einer Reise hat man ja auch sonst nichts zu tun.) Nur wo? Ich habe meine Zähne noch keinem holländischen Zahnklempner anvertraut (Haben Sie sich einmal die Kieferform vieler Niederländer angesehen? – Na bitte. Es muß wohl eine anatomische Folge dieser Sprache sein.) Darum übernahm es die Herzogin, die in Fragen der körperlichen Gesunderhaltung uneitler ist als ich, den Zahnarzt ihres Vertrauens anzurufen. Er befand sich im Urlaub. Hatte aber auf dem Anrufbeantworter die Nummer einer Vertretung genannt. Hinterließ die Herzogin also ihr Anliegen auf dem Tonband der Vertretung. (Ab wieviel Uhr öffnen Zahnarztpraxen in den Niederlanden?) Am späten Vormittag erfolgte ein Rückruf. Warum wir uns nicht an unseren behandelnden Arzt wendeten? Der sei, wie sie wissen sollte, im Urlaub. Dann könne sie uns leider auch nicht helfen.
Resignierter Griff zu den Gelben Seiten, hier Gouden Gids. Schlagwort Dentaltechniek? Fehlanzeige. Dabei benutzen die Niederländer doch sonst noch unbekümmerter Fremdwörter als wir. Ich sage nur kadotje oder, siehe da, tandprothetici. Nette Einträge gab’s da; z.B. eine “Angst & Narcose Kliniek”, eine Homepage www.angstvoordetandarts.nl oder “de tandarts met speciale aandacht voor kinderen”. Andacht oder nicht, am poetischsten fand ich eine Praxis für Implantologie, die sich Morgenstond nannte. Die Herzogin rief an, aber von ihren Mondverzorgingsproducten wollten die mit dem Gold im Mund uns nichts rausrücken. Abgabe nur an Zahnärzte. Seien wir Zahnärzte? Na bitte. Danke.
Identischer Gesprächsverlauf bei den nächsten fünf Adressen. Die holländische Hilfsbereitschaft, die wir auch in so manchen anderen Fällen kennengelernt hatten. (Mit einem platten Reifen fern von zuhause Frage bei einem Fahrradhändler, ob er uns mal eben etwas Luft...? Antwort: Nein, kaufen Sie eine Luftpumpe! – Über die vermeintliche “Servicewüste Deutschland” kann ich mich schon lange nicht mehr aufregen. Im westlichen Nachbarland geht’s noch viel ruppiger zu.)
“Ah, hier!”, rief die Herzogin plötzlich mit dem spitzen Zeigefinger auf eine Anzeige tippend: “Italodent. Das ist bestimmt kein Holländer, da werden wir geholfen.”
Mario von Italodent war begeistert, von so einer charmanten Stimme die Nachricht über einen sensationellen Münzfund in seinem Heimatland zu erfahren, und wollte ihr unbedingt behilflich sein. “Jesse, you come my laboratorio and I looke.” Der Blick fiel natürlich zu größtem Wohlgefallen aus, aber bei genauerem Nachsehen im Materiallager zeigte sich, daß Mario leider nur noch eine der beiden benötigten Komponenten vorrätig hatte. “No problema.” Griff zum Telefon. “Ciao! Sono io, Mario...” So wurde denn über das Netzwerk der italienischen Zahntechniker in den Niederlanden am anderen Ende der Stadt oder eigentlich fast in Rotterdam die zweite Komponente der Silikonmasse für Zahn- und Münzabdrücke organisiert. Die Herzogin erstand von Mario den Härter, während ich ausschwärmte, um kurz vor Rotterdam den Eimer Neosil-Paste zu besorgen. Ich freute mich schon darauf, bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen auf die Frage nach dem seltsamen Zeug in meinem Rucksack antworten zu können: Plastiksprengstoff.
Aber die Sicherheitsleute am Röntgengerät waren offensichtlich mit Neosil-Dentalabdruckmasse bestens vertraut und ließen den Rucksack ohne Nachfrage passieren.
Und nun standen wir also endlich in einem der sommerlich leeren Klassenzimmer einer Schule in Pantelleria und überreichten dem Restaurator strahlend seinen Werkstoff.
Er verzog das Gesicht.
“Danke, daß ihr mir das letzte Wochenende im Süden versaut! Jetzt muß ich doch noch arbeiten.”
“Ist es denn wenigstens das richtige Material?”
“Nein, meine deutsche Paste schmeckt nach Himbeere, das Zeug hier nach Blaubeeren.”

Pantelleria, Akropolis

Punisches Goldblechmedaillon

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Freitag, 17. September 2010
Kossyra, Akropolis

Von den Resten der Akropolis sehen wir hinab auf den Hauptort der Insel. Für die, die zu viel Regenbogenpresse lesen: Ja, Armanis schwarze Zigmillionenjacht liegt im Hafen, aber das ist völlig unwichtig. Viel interessanter ist der Punkt, auf dem wir stehen, denn hier lagerten bald zweitausend Jahre lang Persönlichkeiten von ganz anderem Format. Genau unter unseren Füßen nämlich hat mein alter Freund Thomas vor einigen Jahren drei wunderbar erhaltene römische Cäsarenbüsten aus einer bereits in der Antike wieder zugeschütteten Zisterne gegraben.
Im 7. oder 6. Jahrhundert v.u.Z. gründeten Phönizier oder Punier hier, nur achtzig Seemeilen von ihrem Heimathafen entfernt, die erste Kolonie Karthagos. Ihren Namen hielten sie in ihrer Konsonantenschrift als YRNM fest; manche lesen das als “Hiranin” und meinen, es würde so viel wie Vogelinsel bedeuten. Bekannter war die Insel in der Antike unter ihrem griechischen Namen Kossyra ("die Kleine"), denn mit ihrer strategisch günstigen Lage genau an der engsten Stelle des Mittelmeers lag sie seit der Bronzezeit im Kreuzungspunkt wichtiger Seehandelsrouten zwischen Afrika und Sizilien, zwischen der östlichen und der Westhälfte des Mittelmeers. Darum haben die Römer sie auch im ersten Punischen Krieg gegen Karthago 255 sofort überfallen und kassiert. 217, im 2. Punischen Krieg, ging sie endgültig in römischen Besitz über.


c) Arch. Inst., Uni Tübingen

Seit zehn Jahren gräbt Thomas mit seinen Teams die antike punisch-römische Akropolis aus, die eine Fläche von etwa 200x100 Metern einnimmt. 2003 stießen sie im Schutt einer bereits im 1. Jahrhundert verfüllten Zisterne auf die drei Kaiserbüsten – ein Sensationsfund, von dem so mancher Archäologe sein ganzes Forscherleben vergeblich träumt. “Wer weiß, was wir hier noch so alles zu Tage fördern”, hat Thomas in der damals eigens gedrehten Folge von Terra X im ZDF bloß sibyllinisch grinsend gesagt. (Auch der Focus u.a. berichtete damals ausführlich.)



Mittlerweile sind er und Wissenschaftler aus ganz anderen Disziplinen vor allem an den Zisternen der Punier interessiert. Die sind nämlich inwendig mit einem Putz ausgekleidet, der sie seit zweieinhalbtausend Jahren bis heute dicht und funktionsfähig erhalten hat. Aus welchem Material dieser Putz zusammengesetzt ist und wie er aufgetragen wurde, ist für heutige Bauchemiker eine höchst interessante Frage, denn wer von ihnen kann schon ein Dichtungsmaterial mit einer Haltbarkeit von zweieinhalb Jahrtausenden vorweisen? Und wäre das, wenn seine Zusammensetzung erst analysiert ist, nicht ein unter Gesichtspunkten von Nachhaltigkeit äußerst wertvoller Baustoff?




Ein wesentlicher Bestandteil dieses geheimnisvollen Putzes, erklärt Thomas, kam wahrscheinlich von dort drüben, von diesem Kegelstumpf eines Vulkans gleich gegenüber der Akropolis. Denn natürlich haben die Bauleute damals Material verarbeitet, das sie an Ort und Stelle vorfanden. Wer hätte schließlich auf den Gedanken kommen sollen, für gewöhnlichen Putz und Mörtel auf eine ohnehin steinige Insel eigens Sand (oder Asche) über See zu importieren?




Wir erwischen die Archäologen bei der Plünderung Arbeit auf der Grabung und händigen ihnen aus, was zwischenzeitlich zu einem wichtigen Mitgrund für unsere Reise geworden ist: Silikonknetmasse für die Zahnprothethik.

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Dienstag, 14. September 2010
Philemon & Baucis am Rand des Kraters
Wir steigen höher hinauf, und hinter dem Pass wartet eine weitere Überraschung: die Berge stellen sich als Rand eines Vulkankraters heraus. Unter uns liegt eine große, zum Meer sich öffnende und besiedelte Caldera mit wohlbestellten Rebengärten.



Man wundert sich wie Hermes, der rüstige Argosbesieger, als er auf goldnen ambrosischen Sohlen nach Ogygia kam, zur weiten, gewölbeten Grotte der Nymphe Kalypso.
zum Vergrößern klicken
Vor ihr brannt auf dem Herd ein großes Feuer, und fernhin
wallte der liebliche Duft vom brennenden Holze der Zeder
und des Zitronenbaums.
Rings um die Grotte wuchs ein Hain voll grünender Bäume,
Pappelweiden und Erlen und düftereicher Zypressen.
Um die gewölbete Grotte des Felsens breitet’ ein Weinstock
seine schattenden Ranken, behängt mit purpurnen Trauben.








klick
Voll Verwunderung stand der rüstige Argosbesieger;
und nachdem er alles in seinem Herzen bewundert,
ging er eilends hinein in die schöngewölbete Grotte.
Ihn erkannte sogleich die hehre Göttin Kalypso.


In eins der purpurbeschatteten Häuser werden wir hineingebeten. Anna Maria ist auf keinen Fall Kalypso, und zusammen mit ihrem Andrea gibt sie Philemon & Baucis auch nur im Hinblick auf die Gastfreundschaft, doch gastfreundlich sind sie beide sehr.


vorne Andrea

Während er uns stolz durch seinen Weinberg und seine Olivenhaine führt, bereitet sie uns aus allem, was der Garten hergibt und ihre Söhne aus dem Meer gezogen haben, eine köstliche Pasta. Sie schmeckt sogar der Pastaverächterin an meiner Seite. Zumindest läßt sie sich vorerst nichts anderes anmerken. Aber bei der gegrillten Muräne danach und vor allem beim abschließenden Obst schlägt sie dann doch deutlich genußvoller zu.







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Samstag, 11. September 2010
Aufstieg ins Innere der Insel


Am nächsten Morgen steigen wir weiter landeinwärts die steinigen Hänge hinauf und finden bald künstlich angelegte Terrassenfelder mit Oliven, Kapern und Feigen. Oberhalb davon sogar Wald, Kiefern und Steineichen. Nach der überaus kahlen Schulter, die die Insel der See zeigt, sind wir überrascht.

Die Opuntien an den Feldrändern voll saftiger Früchte, Granatapfelbäume, und alte Rebstöcke schwer von herrlichen Zibibbotrauben. Auch Pflaumenbäume hängen schon voll mit reifen Früchten.



Vor der Passhöhe ein einsames Bauernhaus, verlassen.



Risse in den Mauern, der Putz bröckelt, das Gewölbe kurz vor dem Einsturz, aber in der Zisterne noch Wasser.



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Donnerstag, 9. September 2010
Die Landung
Einen Hafen scheint es zumindest auf dieser Seite der Insel nicht zu geben. Wovon mögen die Einwohner leben, wenn nicht von der Fischerei? Wir setzen das Boot aus und gehen an Land. Zuerst begrüßt uns nur ein rostiges Schild:
Doch wenig später beobachten wir ein paar Eingeborene, die aus einer Höhle hervorkommen. Sie sind kaum bekleidet, sammeln Muscheln und kratzen Seeigel von den Felsen, die sie roh ausschlürfen. Ob sie etwa den Gebrauch des Feuers noch nicht erlernt haben? Auf welcher Kulturstufe stehen sie? Kann man es wagen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, und sich mit ihnen verständigen?



Wir schleichen uns zunächst unbemerkt vorbei. Ein Stück landeinwärts stoßen wir auf weitere Behausungen, keine reinen Höhlen diesmal, sondern aus grob behauenen Lavabrocken aufgeschichtete Tumuli. Die hellgrünen Flechten, die sie überziehen, verraten, daß sie vor Urzeiten erbaut worden sein müssen. In der Steinzeit, von den ersten Entdeckern der Insel, die hier Obsidian fanden und mit dem kostbaren Stein, aus dem sich rasiermesserscharfe Werkzeuge herstellen lassen, drüben auf dem afrikanischen Festland, von dem sie gekommen waren, Handel trieben.




In die massigen Steinbunker, manche an die fünf Meter hoch und zwischen zehn und zwanzig Meter im Durchmesser, führen niedrige, dunkle Schächte, die sich am Ende zu einzelnen, unverbundenen Kammern erweitern, so daß wir es wohl doch eher mit Clangräbern als mit Behausungen für lebende Menschen zu tun haben. Deren Häuser bestehen aus dem gleichen Baumaterial, doch sind sie viereckig und ihre Wände nicht ganz so dick. Die flachen Kuppeldächer, die die größte Hitze aufnehmen, könnten arabischen Ursprungs sein, vielleicht sind aber auch sie noch älter. Punisch vielleicht, oder phönizisch oder homerisch?

Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
welcher so weit geirrt nach der heiligen Troja Zerstörung,
vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat
und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet...
Ihn allein
hielt die unsterbliche Nymphe, die hehre Göttin Kalypso,
in der gewölbeten Grotte und wünschte sich ihn zum Gemahle.

"In der gewölbeten Grotte..." Nun ja, Grotten gibt’s hier jedenfalls genug.

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