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Montag, 7. September 2009
MS Envoy
Endlich Gelegenheit, ins Fahrtenbuch zu schreiben.
Nach zwölf flüchetreibenden Baustellen allein in dem Autobahnabschnitt zwischen Bremen und Hamburg endlich Ankunft in Lübeck. Es lag unter der knallenden Augustsonne so lärmend schön da wie die badenden Kinder im Krähenteich. Pünktlich um neun am Abend legte die dreißig Jahre alte MS Envoy unter einer qualmenden Rauchfahne vom Kai in Travemünde ab.
Wir fuhren “Holzklasse”, verließen aber mitten in der Nacht den zugewiesenen stickigen Verschlag, den wir mit einer Schulklasse teilten, und rollten uns auf den Polstern der leeren Bar in die Schlafsäcke.
Erwachen gegen 7: die Sonne strahlte durch die Fenster. Steuerbord achteraus vermutlich Bornholm. Nach dem Frühstück aufs Sonnendeck. Das Schiff zog ruhig und stetig seine Bahn, der Horizont blieb immer der gleiche, hob und senkte sich langsam im Rhythmus der leichten Dünung, die uns sanft wiegte. Die Ostsee war von einem mit dünnem Glasschmelz überzogenen Tintenblau, unter der Sonne gehämmertes Altsilber. Die Kraft der Maschine lief ab und zu wie ein Erschauern durchs Schiff, wenn es auf eine Welle schlug, und schob es, nicht schnell, nicht langsam mit sechzehn Knoten durchs Wasser seinem Ziel entgegen. - Das war Reisen, bei dem die Seele mitkam und obendrein Zeit fand, Altes abzustreifen und sich mit Vorfreude neuen Eindrücken zu öffnen. Meine Augen wurden weit offenstehende Fenster, ich ein Gefäß, das Welt in sich aufnahm. Und die Welt war weit und groß.
Irgendwann am Nachmittag trieb Gotland vorüber. Unverkennbar, die flache Kalksteinplatte.
Im Verlauf dieses sonnendurchschmolzenen, müßigen Sommertags an Deck stellte sich ein Zeitgefühl ein, ähnlich dem, das Tucholsky in seinem Gripsholmer Sommerbuch gestaltet:
“... das Wasser gluckste leise gegen das Holz, auf und ab, auf und ab... Wenn man die Hand ins Wasser hielt, gab das ein winziges Kältegefühl, dann zog man sie wieder heraus, und dann trockneten die Tropfen in der Luft. Ich rauchte einen Grashalm, die Prinzessin hielt die Augen geschlossen. “Heute ist vorgestern”, sagte sie.
Nach zwölf flüchetreibenden Baustellen allein in dem Autobahnabschnitt zwischen Bremen und Hamburg endlich Ankunft in Lübeck. Es lag unter der knallenden Augustsonne so lärmend schön da wie die badenden Kinder im Krähenteich. Pünktlich um neun am Abend legte die dreißig Jahre alte MS Envoy unter einer qualmenden Rauchfahne vom Kai in Travemünde ab.
Wir fuhren “Holzklasse”, verließen aber mitten in der Nacht den zugewiesenen stickigen Verschlag, den wir mit einer Schulklasse teilten, und rollten uns auf den Polstern der leeren Bar in die Schlafsäcke.
Erwachen gegen 7: die Sonne strahlte durch die Fenster. Steuerbord achteraus vermutlich Bornholm. Nach dem Frühstück aufs Sonnendeck. Das Schiff zog ruhig und stetig seine Bahn, der Horizont blieb immer der gleiche, hob und senkte sich langsam im Rhythmus der leichten Dünung, die uns sanft wiegte. Die Ostsee war von einem mit dünnem Glasschmelz überzogenen Tintenblau, unter der Sonne gehämmertes Altsilber. Die Kraft der Maschine lief ab und zu wie ein Erschauern durchs Schiff, wenn es auf eine Welle schlug, und schob es, nicht schnell, nicht langsam mit sechzehn Knoten durchs Wasser seinem Ziel entgegen. - Das war Reisen, bei dem die Seele mitkam und obendrein Zeit fand, Altes abzustreifen und sich mit Vorfreude neuen Eindrücken zu öffnen. Meine Augen wurden weit offenstehende Fenster, ich ein Gefäß, das Welt in sich aufnahm. Und die Welt war weit und groß.
Irgendwann am Nachmittag trieb Gotland vorüber. Unverkennbar, die flache Kalksteinplatte.
Im Verlauf dieses sonnendurchschmolzenen, müßigen Sommertags an Deck stellte sich ein Zeitgefühl ein, ähnlich dem, das Tucholsky in seinem Gripsholmer Sommerbuch gestaltet:
“... das Wasser gluckste leise gegen das Holz, auf und ab, auf und ab... Wenn man die Hand ins Wasser hielt, gab das ein winziges Kältegefühl, dann zog man sie wieder heraus, und dann trockneten die Tropfen in der Luft. Ich rauchte einen Grashalm, die Prinzessin hielt die Augen geschlossen. “Heute ist vorgestern”, sagte sie.
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Dienstag, 18. August 2009
Aufbruch bei Neumond. Der Fahrtenbuchschreiber befindet sich in und auf Fahrt - ohne PC und Internetzugang. Seine Rückkehr ist nicht vor September zu erwarten. Dann hoffentlich mit vielen frischen Eindrücken.
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Montag, 17. August 2009
Schöne Aussicht
Der Trost ist: bald schon geht‘s auf zu den Stämmen und Völkern, die als letzte in Europa zwangsbekehrt wurden, und in ihre hoffentlich noch ausgedehnten und intakten Wälder, Seen und Sümpfe, wo sich angeblich die magische Verehrung von Naturgeistern neuerdings wieder ausbreitet.
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Sonntag, 16. August 2009
hup, Holland, hup!
oder auch: "oranje hel boven"
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Samstag, 15. August 2009
Rückkehr ins Reißbrettland
Perfektes Flugwetter über Schweden. Das Land zieht unten vorbei, als würde man über Google Maps scrollen: Die Schärenküste mit jedem Inselchen, Granitbuckel und jeder Bucht genau zu sehen, das Nadelfiligran der Wälder von Småland, der leicht gewellte Felderteppich Schonens und zuletzt die im Bogen einer phrygischen Mütze auslaufende goldene Sandbank von Skanör, äußerste Südspitze Schwedens. Schon über Dänemark wird‘s allmählich diesiger, über dem norddeutschen Tiefland massiert sich der Dunst, Einzelheiten verschwimmen, Weichzeichner. Von den Niederlanden sind kaum mehr als die Hauptlinien am Boden zu erkennen. Ordentlich aufgestellte Reihen von Gewächshäusern blinken herauf, und Kanäle, mit dem Geodreieck rechtwinklig durchs Marschland gezogen. “From the sky it is clear that the entire country is designed”, heißt es in einem Artikel über niederländisches Design im Bordmagazin von KLM. “Every single tree is planned.” - Und sie sind auch noch stolz drauf.
P.S.: Das Elend muß man nicht auch noch bebildern.
P.S.: Das Elend muß man nicht auch noch bebildern.
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Freitag, 14. August 2009
Wo man das Mittelalter lebendig erhält: Visby
“Adjö Sverige!”
Hier noch ein paar Eindrücke von dem entspannten, fröhlichen Gaukelspiel auf den Wiesen beiderseits der über 700 Jahre alten Ringmauer (unter "creative commons"-Copyright der Flickrseite von Jon Åslund entnommen)
"Es war August und Vollmond, der Nebel senkte sich über den Sumpf von Dämba.
Die alten Häuser und die Mühle leuchteten."
(Ingmar Bergman: Laterna Magica
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Dienstag, 11. August 2009
Herbe Schönheit Fårö
Im Hinblick auf Fårö kann ich Bergman nur recht geben. Die Insel ist eine etwas herbe, manchmal auch rauhe Schönheit, die auch auf mich großen Reiz ausübt. Hier noch ein paar Aufnahmen:
Manche Ansichten lassen an Tarkowski zurückdenken, der hier 1985, ein Jahr vor seinem Tod, mit Bergmans Kameramann Sven Nykvist Offret drehte, “Das Opfer”.
Karg und düster dürfte das Leben auf diesem armen Kalkboden früher oft gewesen sein. Heute haben sich anscheinend etliche Künstler, Aussteiger und Lebenskünstler auf Fårö niedergelassen, die die alten Häuser und Höfe oft bewohnbar gemacht haben, ohne die Spuren von bröckelndem Verfall restlos zu übertünchen. Bewohnte Geschichte, die zur Landschaft paßt und ihren Reizen einen weiteren hinzufügt.
Manche Ansichten lassen an Tarkowski zurückdenken, der hier 1985, ein Jahr vor seinem Tod, mit Bergmans Kameramann Sven Nykvist Offret drehte, “Das Opfer”.
Karg und düster dürfte das Leben auf diesem armen Kalkboden früher oft gewesen sein. Heute haben sich anscheinend etliche Künstler, Aussteiger und Lebenskünstler auf Fårö niedergelassen, die die alten Häuser und Höfe oft bewohnbar gemacht haben, ohne die Spuren von bröckelndem Verfall restlos zu übertünchen. Bewohnte Geschichte, die zur Landschaft paßt und ihren Reizen einen weiteren hinzufügt.
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