Die Finlandia-Halle am Südufer der Töölö-Bucht ist nur der verwirklichte Teil eines Gesamtplans für ein neues, repräsentatives Stadtzentrum, das Aalto Anfang der Sechziger Jahre für Helsinki entwarf. Es sollte das damals unbebaute Dreieck zwischen Parlament, Nationalmuseum und dem wuchtigen Jugendstilbahnhof einnehmen, das sich stadtauswärts zur Töölö-Bucht hin öffnet. Von der Bucht sollte es in drei Terrassen Richtung Innenstadt ansteigen. In der Zwischenzeit wurde und wird das Areal bebaut, jedoch mit Entwürfen anderer Architekten; etwa mit dem Museum für zeitgenössische Kunst, Kiasma, des Amerikaners Steven Holl von 1998 oder mit dem im letzten Jahr eingeweihten Haus für Musik, Musiikkitalo, dessen Konzertsaal im Unterschied zur Finlandia-Halle eine überragende Akustik haben soll und laut Hamburger Abendblatt als “klingendes Vorbild der Elbphilharmonie” gilt. Ein regelmäßiger Konzertgänger in Helsinki sagte mir: "Als wir nach zwanzig Jahren Finlandia-Halle das erste Konzert im neuen Musikhaus hörten, hatten wir alle das Gefühl, jemand habe uns endlich Stöpsel aus den Ohren gezogen.”
Geht man von dort ein paar Hundert Meter in westlicher Richtung durch den Stadtteil Töölö, landet man vor einer Wand, die aussieht, als habe jemand eine Klagemauer auf einer schießschartenartig betonarmierten Tiefgaragenzufahrt errichtet. Dahinter liegt, in den Granit gebohrt, ein weiteres Wunder moderner finnischer Architektur, die Temppeliaukio-Kirche der Brüder Timo und Tuomo Suomalainen von 1969.
Nachdem man das Maul der Höhle betreten und das dunkle Foyer durchschritten hat, öffnet sich ein Felsendom unter einem gigantischen Gong oder Becken aus Kupfer. Zwischen den Streben, die diese Kuppel halten, flutet von oben Licht durch unzählige Fenster. Das Widerspiel zwischen glatt gegossenem Beton, zyklopisch grobem Felsgestein und blankem Kupfer wiederholt sich um die Verkleidung der Empore und bei der Orgel.
Das staatliche finnische Fernsehen YLE hält noch ein Video über den Einweihungsgottesdienst bereit, in dem vor allem die jungen Leute zu sehen sind, die vor der Kirche demonstrierend fordern, man solle das Geld für den Bau besser nach Biafra überweisen.
Viel bizarrer finde ich aber, daß ausgerechnet der staatliche Radiosender dieses erzprotestantischen Landes wohl der einzige außerhalb des Vatikans sein dürfte, der wöchentlich Nachrichten auf Latein sendet:
“Neil Armstrong vita defunctus. Breivik vinculis condemnatus...” schallt es in wunderbar hartem und deutlichem finnischen Akzent auf Nuntii Latini. Die spinnen, die Finnen, aber herrlich.
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