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Freitag, 27. Juli 2007
Inferior terra oder Holland, deine Städte!
Wer nach Stunden unfreiwilligen Wartens in O. endlich die Grenze zu den Niederlanden passieren darf, stellt beim Durchfahren von, sagen wir, stellvertretend Helmond oder Eindhoven rasch fest, daß diese selbsterklärten Bessermenschen des Fußballs genauso tüchtige Stadtbildzerstörer sind wie wir Deutsche. Rotterdam ist der vorläufige Endpunkt, dieser Fahrt wie dieser Entwicklung. Gegen die Ansammlung von dort in Baukörper umgesetzten Architektendarmkoliken sind Neuweltstädte wie Calgary anheimelnde Oasen städtebaulicher Romantik.
Und was waren die Holländer einmal für mustergültige Städtebauer! Ein Mann wie Descartes trat eigens in die Armee Maurits von Oraniens ein, um Festungsbauwesen und Stadtplanung der Niederländer zu studieren. In Simon Stevin besaßen sie einen großen Theoretiker neuzeitlicher Stadtplanung, der in seinen Entwürfen schon ausgangs des 16. Jahrhunderts Licht & Luft (große Fenster, "Lichtplätze"), Wasser und Sauberkeit (Grachten, Kanalisation, sanitäre Anlagen, Pflasterung) für jedes Haus vorsah. In den ringförmigen Erweiterungen Amsterdams, im Ausbau Emdens und kolonialen Neugründungen wie Batavia wurden seine Prinzipien berücksichtigt. Stadtplaner aus den Niederlanden entwarfen die Pläne für holländische Pflanzstädte wie Friedrichstadt in Holstein, für deutsche Fürstenstädte wie Hanau und Mannheim, ebenso für die schwedische Neugründung Göteborg. Und bekanntlich wurde noch die neue Hauptstadt des Zarenreichs, Petersburg, nach holländischem Vorbild erbaut.
Wenn man sich ansieht, was für überdimensionales Legospielzeug heute so alles hinter dem Haager Binnenhof in den Himmel wächst, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß auch in Holland längst alle einheitliche Stadtplanung "liberalisiert", d.h. aufgegeben wurde.
Das Land der weiten Horizontale schließt sich in Städte mit engen Vertikalen ein.
Rechts übrigens ein Beispiel aus einem Strand- und Ferienort: Scheveningen. Dazu fällt einem doch nur noch das Lied von den Bläck Fööss ein: "Et fäält bloß vom Balkon die Aussicht op dä Dom".

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