Donnerstag, 23. Juli 2015
Istrische Zeit
Diese kleinen Wespen waren wirklich elend langsam, besonders auf der gut ausgebauten Schnellstraße hinter der kroatischen Grenze, und bergauf hätte man fast nebenher laufen können. Aber wir hatten es nicht eilig, die Turmuhr von Motovun war schon vor vielen Jahren stehengeblieben, und sich bei diesen Temperaturen von Fahrtwind umsäuseln zu lassen, war allemal angenehmer, als im Auto zu sitzen. Besonders Madam wedelte um die Kurven, daß ich in meinem inneren Ohr den Wind andauernd summen hörte: „That’s why the lady is a tramp.”
Außerdem sah man beim Fahren jede Eidechse am Straßenrand und jeden gaukelnden Schmetterling über den blauen Wegwarteblüten und roch die warme Erde und das reifende Korn auf den Feldern. Der Eindruck schon aus dem österlich verregneten Vorjahr bestätigte sich noch einmal: Das Innere Istriens ist schön, sehr schön. Und zwar gerade, weil es trotz guter neuer Straßen noch immer etwas ab vom Schuß liegt und ein bißchen zurückgeblieben verträumt wirkt, sobald man von den Küsten ein paar Kilometer ins Hinterland fährt, und besonders natürlich in den Bergdörfern und auf den Einzelhöfen irgendwo an Nebenstraßen, wo man Honig oder frisch gepresstes Olivenöl gleich vom Erzeuger kauft. Also die Uhren lieber umgestellt auf Istrische Zeit.
... comment