Montag, 22. Juni 2015
Wo ist Grado?
Ich kenne das aus Island, zum Beispiel, oder von der norwegischen Westküste, von Donegal, Galway und der Bretagne. Mit anderen Worten vom Atlantik. Na gut, mit Abstrichen lasse ich auch die holländische Nordseeküste als Nachweis dafür gelten, daß sich das Licht am Meer permanent ändert, keine zwei Tage, kaum zwei Stunden gleich bleibt. Aber daß es auch am Mittelmeer so sein kann?! An der Adria?? Doch seit einer Woche ist es so. Wann auch immer ich den Blick hebe und aufs Meer schaue, ist die Farbe des Wassers eine andere als zuvor, sind die Wellen anders, ist vor allem das Licht am Himmel anders als vorher, die Höhe, Position, Form, Farbe von Wolken, falls gerade vorhanden. Jetzt, in dem Moment, in dem ich das hier aufschreibe, ist das italienische Nordufer gerade von Schauerwolken in klare und in undurchsichtige, blaugraue Segmente unterteilt. Ich sehe an dem ausgefransten Vorhang vor der Küste drüben, daß über Duino gerade ein Schauer niedergeht. Monfalcone dagegen sonnt sich leuchtend im Abendlicht.
Meist sind ganze Teile der Landschaft von Wolken verschluckt oder in Dunst aufgelöst. Die Berge vor allem. Wenn man nicht wüßte, daß sie da sind, wenn ich sie nicht schon gesehen hätte, würde man von ihrer Anwesenheit nichts sehen noch ahnen. Die Hügelketten hinter Triest allerdings, auf denen der Karst beginnt, sind fast immer zu sehen. Das slowenische Mittelgebirge dahinter verschmilzt schon häufiger ununterscheidbar mit Wolken. Nach dem Gewitter gestern war heute morgen kurz der Triglav, Sloweniens höchster Berg, über weißen Wolken deutlich zu erkennen, die Alpen aber scheinen nur in klarer Herbstluft hier unten am Meer sichtbar zu werden. (Gesehen habe ich sie im Oktober.)
Das eigenartigste Phänomen jedoch ist eine von Licht und Luft vorgegaukelte scheinbare Senkung oder Hebung von Land. Oft genug ist der nordwestliche Horizont nur eine Linie auf dem Wasser, als würde sich das Meer dort immer weiter über ihn hinaus erstrecken. Doch nachts war dort der Himmel oft diffus erleuchtet. Später klärte sich die Luft, und es wurden dunkle Punkte auf der Horizontlinie sichtbar, das mußten die Häuser von Grado sein. Heute morgen schwamm die gesamte Insel gestochen scharf auf dem Wasser. Höhere und flachere Häuser, Bäume, ein schlanker Kirchturm, alles mit bloßem Auge bestens zu unterscheiden. Und jetzt ist der gesamte Küstenbogen von Grado bis Triest durchgehend buchstäblich aus dem Meer aufgetaucht. Weiter nach Westen zu, Richtung Venedig, wirft die Sonne durch Lücken zwischen tief gestaffelt ziehenden Wolken dicke Lichtbahnen aufs Meer, dessen Oberfläche dort flirrt und flimmert wie ein riesiger Schwarm silberner Fischleiber. Und so könnte es weiter und weiter gehen, mit dem Schauen, mit dem Beschreiben. Der Regen über Duino hat aufgehört, auch hier bricht die Sonne wieder durch, das graue Meer wird jadegrün, in Ufernähe durchsichtig bis auf den felsigen Grund, weiter draußen eher blaugrün, die Wellen brechen nicht mehr, die Wolken über den Hügeln von Collio und Goriška Brda sind weitergezogen, wo ist Grado?
Meist sind ganze Teile der Landschaft von Wolken verschluckt oder in Dunst aufgelöst. Die Berge vor allem. Wenn man nicht wüßte, daß sie da sind, wenn ich sie nicht schon gesehen hätte, würde man von ihrer Anwesenheit nichts sehen noch ahnen. Die Hügelketten hinter Triest allerdings, auf denen der Karst beginnt, sind fast immer zu sehen. Das slowenische Mittelgebirge dahinter verschmilzt schon häufiger ununterscheidbar mit Wolken. Nach dem Gewitter gestern war heute morgen kurz der Triglav, Sloweniens höchster Berg, über weißen Wolken deutlich zu erkennen, die Alpen aber scheinen nur in klarer Herbstluft hier unten am Meer sichtbar zu werden. (Gesehen habe ich sie im Oktober.)
Das eigenartigste Phänomen jedoch ist eine von Licht und Luft vorgegaukelte scheinbare Senkung oder Hebung von Land. Oft genug ist der nordwestliche Horizont nur eine Linie auf dem Wasser, als würde sich das Meer dort immer weiter über ihn hinaus erstrecken. Doch nachts war dort der Himmel oft diffus erleuchtet. Später klärte sich die Luft, und es wurden dunkle Punkte auf der Horizontlinie sichtbar, das mußten die Häuser von Grado sein. Heute morgen schwamm die gesamte Insel gestochen scharf auf dem Wasser. Höhere und flachere Häuser, Bäume, ein schlanker Kirchturm, alles mit bloßem Auge bestens zu unterscheiden. Und jetzt ist der gesamte Küstenbogen von Grado bis Triest durchgehend buchstäblich aus dem Meer aufgetaucht. Weiter nach Westen zu, Richtung Venedig, wirft die Sonne durch Lücken zwischen tief gestaffelt ziehenden Wolken dicke Lichtbahnen aufs Meer, dessen Oberfläche dort flirrt und flimmert wie ein riesiger Schwarm silberner Fischleiber. Und so könnte es weiter und weiter gehen, mit dem Schauen, mit dem Beschreiben. Der Regen über Duino hat aufgehört, auch hier bricht die Sonne wieder durch, das graue Meer wird jadegrün, in Ufernähe durchsichtig bis auf den felsigen Grund, weiter draußen eher blaugrün, die Wellen brechen nicht mehr, die Wolken über den Hügeln von Collio und Goriška Brda sind weitergezogen, wo ist Grado?
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