Ach ja, wenn Wind so einer jungen Björk oder Koivu mal den grünen Rock anlupfte, wurden elegant schlanke, flach bemuskelte Stämme sichtbar, die noch weißer leuchteten als die Schenkel jeder Finnin.
Ina Deter wußte es schon vor mehr als dreißig Jahren: Im Norden und rund um die Ostsee war glatte und helle Birkenrinde früher ein vielbenutztes Schreibmaterial. ‟Kratze es in Birkenrinden...” Und zwar alles, vom Wettersegen und Liebeszauber über aktuelle Mitteilungen bis zum Schuldnerverzeichnis, vom frömmelnden Psalm bis zu ‟Komm Samstagabend ins Kornfeld!” Allein in Nowgorod hat man Tausende von derart beschriebenen Birkenrindenstreifen aus dem 11. bis ins 15. Jahrhundert gefunden, in kirchenslawischfreiem Ostslawisch, aber auch in Karelisch oder Finnisch. Offenbar konnten damals dort viel mehr Menschen ohne die leitende Hand der Geistlichkeit schreiben als angenommen.
Birken sind Sonnenliebhaber. Ihre weiße Rinde schützt sie durch die starke Reflexion vor Sonnenbrand. Bei großer Kälte schließen sie die dunklen Lüftungsschlitze in der Borke. Bei Frost ab -40° wandeln sie Stärke in den Zweigen in Öl um und erzeugen dadurch Wärme. Aber gegen andere Baumarten sind sie nicht sehr konkurrenzfähig. Sobald ihnen ein höher wachsender Baumbestand das Licht nimmt, wandern sie weiter in baumlos sonnenbeschienene Gefilde und breiten sich dort aus. Die Birke ist ein Pionierbaum erster Güte, sie hat nach der letzten Eiszeit als erste das vom Eis freigegebene Europa wieder bewaldet.
Ihre Rinde und ihr Holz liefern das beste Kaminholz der Welt, sind aber eigentlich viel zu schade zum Verbrennen, denn sie liefern auch hervorragendes Material für Kanus, Möbel und Innenausbau, und die innere Rinde, Zucker und Vitamin C enthaltend, ist sogar essbar. Birkensaft ist ein wertvolles, v.a. diurethisches und antibakterielles Naturheilmittel, Birkenreisig lieferte beste Besen und belebt, wie jeder Finne weiß, in der Sauna enorm. Wenn sie nicht so unendlich viel reizenden Pollen verstreuen würde (der auch noch bis zu 2000 Kilometer weit fliegen kann), müßte man die hübsche Birke uneingeschränkt lieben.
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