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Donnerstag, 6. Februar 2014
Warum an den Niederlanden eben doch Hopfen und Malz verloren ist.

Heute mal etwas, das vielleicht flüssiger runtergeht. Vom Gebräu der Sorten Amstel, Heineken oder Grolsch wird selbstverständlich gar nicht erst die Rede sein. Diese Flüssigkeiten sind kein Bier. Da sie aber mittlerweile fast überall auf der Welt durstigen Kneipen- und Diskobesuchern und Touristen in die Hälse gegossen werden, ist es auch in den Niederlanden zunehmend schwieriger, genießbares Bier aufzutreiben. Wo die Gastronomie noch auf sich hält, weicht sie meist auf belgische Biere aus. Deren Artenvielfalt wirkt zwar auf den ersten Blick beeindruckend reichhaltig, aber bald sieht man, daß es bei ihnen auch nicht anders zugeht als früher auf dem Automarkt: gefragt sind immer mehr PS; es wimmelt nur so von Doppelbocks und Tripels. Doch beim Angebot belgischer Biere in Holland gibt es für meinen Geschmack einen weiteren, verheerenden Trend: Die meisten dieser Biere schmecken süß. – Ich bitte Sie, süßes Bier! Geradezu klebrig süßes Bier. Das erinnert ja an Zeiten, als manche Damen beiderlei Geschlechts Erdbeersirup ins Altbier gekippt haben. Mögen sie auf ewig aus dem Gedächtnis der Menschheit verbannt sein!

Zwischenzeitlich habe ich mich hin und wieder mit einem ‟Hertog Jan” aus der ehemaligen Stoombierbrouwerij in Arcen direkt an der deutschen Grenze beholfen. Bis ich, ja, bis ich letzten Sommer die kleine, feine Brauerei ‟De Pelgrim” in Rotterdam fand.

Ihren Namen hat sie daher, daß sie im alten Delfshaven gleich neben der Pilgerkirche steht, vor der sich die kleine Gemeinde englischer Kalvinisten einschiffte, die zu Anfang des 17. Jahrhunderts zunächst Zuflucht im kalvinistischen Holland gesucht hatte. Enttäuscht von der Lauheit im Glauben der Holländer ließen sie sich zwölf Jahre später von englischen Merchant Adventurers anwerben, um in der Neuen Welt eine eigene Kolonie zu gründen. In Southhampton angekommen, stiegen sie trotz allem Gottvertrauen von ihrer bereits leckenden Pinasse doch lieber auf das Schiff weiterer Glaubensbrüder um, die ebenfalls nach Virginia auswandern wollten. Ende November 1620 erreichte die Mayflower mit 73 Pilgervätern und 29 Pilgermüttern an Bord nach einer mehr als zwei Monate dauernden, gräuslichen Atlantiküberquerung die Küste Nordamerikas nicht im südlichen Virginia, sondern bei Cape Cod, wo es schon viel kälter war, als sie es aus England und Holland gewohnt waren. Nach einem entsetzlichen Hungerwinter an Bord des Schiffs krochen im Frühjahr noch 52 überlebende Siedler an Land. Ihre Nachfahren, erstaunlicherweise gab es welche, verehrten der Kirche in Delfshaven 1960 eine Bronzeplakette, die an den Beginn des Mayflower-Abenteuers in Rotterdam erinnern sollte.

Es ist unklar, ob die Pilgerväter die unscheinbare Backsteinkirche je betreten haben; das Haus nebenan ist auch viel interessanter, fand ich bei meinem ersten Besuch heraus. Seitdem habe ich mir von jedem Rotterdamausflug ein paar Flaschen von dem leckeren bernsteinfarbenen ‟Pelgrim 1580" mitgebracht und meinen Geheimtip gehütet. Das hätte ich nicht tun sollen. Als ich letzte Woche wieder einmal in der Brauerei vorbeischaute, teilte mir der Braumeister mit, dieses schön herbe, obergärige Bier mit Hallertauer Hopfen und nach Düsseldorfer Altbierart werde es nicht mehr geben. Der übrigen Kundschaft sei es zu bitter. Ab jetzt gebe es nur noch ‟Winterbier”, ‟Stoombier” und ‟Mayflower Tripel”. Ich habe auf der Stelle den gesamten Restbestand an ‟Pelgrim 1580" aufgekauft. Wer es noch probieren will, muß sich bei mir melden, aber bald.

Bitterer Nachsatz: Die Stadtverwaltung von Nijmegen bespitzelt Sozialhilfeempfänger, indem sie mit heimlich installierten Kameras deren Hauseingänge überwacht.

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