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Mittwoch, 24. Juli 2013
Ein Fluß ändert sein Gesicht

Wo die Donau unterhalb Belgrads nach Osten strömt, fließt sie durch ein weites, von Landwirtschaft geprägtes Stromtal und hat reichlich Platz, sich zwischen Mais- und Kornfeldern, Obstwiesen und Gemüsegärten auszubreiten. Bis sie auf das Banater Gebirge trifft. Dieser Ausläufer der Südkarpaten legt ihr einen Riegel vor und zwingt sie, nach Südosten und Süden auszuweichen. Hinter der großen Donauinsel bei Usje ändert sie dramatisch ihr Gesicht. Früher muß der Flußlauf hier noch viel wilder gewesen sein; durch zwei große Staudämme, Ðerdap I und II, sowie etliche Sprengungen wurden in den Siebzigern die gefährlichen Stromengen im Durchbruch der Donau durch das Gebirge entschärft und der Wasserspiegel um etliche Meter angehoben. Wie in Assuan versanken auch hier einige kulturhistorisch sehenswerte alte Stätten im Wasser; Zeugen frühester menschlicher Besiedlung oder buchstäblich insuläre Relikte aus osmanischer Zeit wie Ada-Kaleh. Das Hochwasser der vergangenen Wochen hat den Strom noch mehr anschwellen lassen, im gesamten Abschnitt ist nicht ein Schiff zu sehen: Schiffahrt eingestellt.

Von einem Bergsporn kontrollierte früher die osmanische Festung Golubac die Einfahrt in das Tor, deren Mauern und Türme sich noch immer über Felsgrate bis zum Fluß hinab erstrecken. Dahinter verengt sich das Flußtal in der 15 Kilometer langen Golubac-Schlucht auf nur 230 Meter. An der schmalsten Stelle des insgesamt 130 Kilometer langen Donaudurchbruchs, in der Schlucht unterhalb des Großen Kessels, treten das rumänische und das serbische Ufer bis auf nur 150 Meter zusammen.

Auf rumänischer Seite hat der seinerzeit reichste Sohn des Landes mit Namen Iosif Constantin Dragan eine von seinen 850 Millionen Dollar Vermögen springen lassen und in einem Akt von nationalistischem Cäsarenwahn ein vierzig Meter hohes bärtiges Gesicht grobschlächtig aus dem Fels meißeln lassen. Es soll Decebalus, den König der Daker, zeigen, der jahrelang den Römern erfolgreich bewaffneten Widerstand leistete und in einem Hinterhalt hier am Eisernen Tor zwei römische Legionen vernichtend schlug, ehe Kaiser Trajan mit einer Meisterleistung seiner Ingenieure eine Brücke über die Donau bauen ließ und Dakien eroberte. Decebalus, “Der mit der Stärke von zehn Männern”, beging Selbstmord. Auf der Trajanssäule in Rom kann man noch sehen, wie er sich auf der Flucht vor römischen Häschern den Hals durchschneidet.

Nicht nur in frühen Jahren sympathisierte Dragan mit der faschistischen “Eisernen Garde”. Den Grundstein zu seinem Vermögen legte er im Zweiten Weltkrieg, als er rumänisches Erdöl und Erdölprodukte ins faschistische Italien exportierte. Obwohl die kommunistische Regierung nach dem Krieg ein dreißigjähriges Einreiseverbot gegen ihn verhängte, unterhielt Dragan beste Verbindungen zu Ceausescu persönlich. (So macht man das.) Nach der Erledigung Ceausescus 1989 finanzierte Dragan umgehend wieder ultrarechte Aktivitäten in Rumänien. 1995 heiratete er die Tochter des Generalstabschefs der ehemaligen Ceausescu-Armee. Veronica Guşa war bei der Hochzeit 22, der fröhliche Bräutigam 78.
Dreizehn Jahre mußte sie den alten Sack ertragen, bevor er endlich mit 91 Jahren in seiner Villa auf Mallorca den (silbernen) Löffel abgab. Aber es hat sich gelohnt, heute leitet sie sein Firmenimperium von annähernd hundert Unternehmen, deren Vermögen laut Forbes Romania die Milliarden-Euro-Schallmauer inzwischen durchbrochen hat.

Abgesehen von der abartigen langbärtigen Landschaftsentstellung scheinen die im westlichen Exil kümmernden Dragans nicht so schrecklich viel von ihrem Reichtum mit den Landsleuten in Rumänien geteilt zu haben. Sehr wohlhabend sieht es dort drüben jedenfalls nicht aus. Die Straße allerdings auf dem rumänischen Ufer ist erkennbar besser ausgebaut als die unsere auf der hiesigen serbischen Seite, die aus der Sicht der EU leider die außerhalb liegende ist. Da drüben rollt der “innergemeinschaftliche Güterverkehr”, und die mächtigen Kerben in der Landschaft wurden vermutlich mit EU-Fördergeldern geschlagen. Was bedeutet schon Nationalpark Eisernes Tor?

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