Find more about Weather in Piran, LJ
Montag, 25. Februar 2013
Chinesische Verhältnisse in Griechenland

Die Frühlingsvisionen verfliegen spätestens beim morgendlichen Blick aus dem Fenster und in die Zeitung: Ein großes Unternehmen hat “gewerkschaftlich organisierte Hafenarbeiter durch Kontraktarbeiter ersetzt, die nur die Hälfte verdienen; es gibt keine Tarifverträge, auch keine berufliche Ausbildung, dafür aber reduzierte Rentenansprüche, kürzere Arbeitspausen und unbezahlte Überstunden. Beschäftigte, die gegen ihre unsicheren Arbeitsverhältnisse protestierten, wurden entlassen... Hunderte meist ungelernte Zeitarbeiter werden über einen Subunternehmer angefordert und nur Stunden vor ihrem Einsatz per SMS abgerufen.”

Noch ein Artikel zu amazon? Nein, keineswegs. Vielmehr ein Bericht im aktuellen Le Monde diplomatique über die Betriebspraktiken der staatseigenen China Ocean Shipping Company (Cosco) im Athener Hafen Piräus. Paradigmatisch belegt er, wie recht Blogger Kelly mit seiner generellen Einschätzung zu dieser Art skandalträchtiger Unternehmenspolitik hat:
“Die ist politisch gewollt und vom Wähler so abgenickt.”

Cosco wurde in der akuten Verschärfung der griechischen Krise 2008 von der damaligen griechischen Regierung mit Steuererleichterungen und Befreiung von Sozialabgaben förmlich eingeladen, brachial in Piräus einzusteigen. Der Deal war Teil der von der Troika geforderten Privatisierung von griechischem Staatseigentum. “In Piräus macht das Cosco-Management eigentlich nur das, was die beiden Hauptakteure der griechischen Politik verlangen: die mächtige Lobby der griechischen Reeder und die Troika”, resümiert der Artikel. Großunternehmer und die unheilige Allianz aus EU-Kommission, EZB und IWF sind die beiden Walzen der Mangel, durch die nicht nur Griechenland, sondern auch Menschen in anderen Ländern Europas derzeit systematisch gedreht und ausgequetscht werden.

Mal sehen, wie lange sie sich das noch gefallen lassen. In Portugal bringt das Volk den Ministerpräsidenten und andere Spitzenpolitiker bei öffentlichen Auftritten und im Parlament regelmäßig mit dem Revolutionslied "Grandola, Vila Morena" zum Schweigen: "Viele Hände, die sich fassen / Solidarität und Freiheit / geht der Ruf durch deine Straßen / gleich und gleich sind unsre Schritte".
Als nächste neoliberale Regierung ist gerade die in Italien gestürzt. Goldman-Sachs-Funktionär Monti wurde am Wochenende schallend abgewählt.

... comment