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Mittwoch, 2. November 2011
Laßt die Griechen abstimmen!


Im Ernst, was geht in EU-Europa eigentlich gerade vor sich? Da wagt es ein Regierungschef, in einer für sein Volk zukunftsentscheidenden Frage eben dieses Volk befragen zu wollen... - und die EU-Oberhäupter berufen einen Krisengipfel ein.
Das allein sagt doch genug über Stand und Wertschätzung von Demokratie in dieser Europäischen Union.
Ich glaube, ich bin wirklich nicht allzu oft mit Herrn Schirrmacher von der FAZ einer Meinung, aber ich danke ihm für seinen Beitrag Demokratie ist Ramsch in der heutigen Ausgabe der Zeitung.

"Dass der griechische Ministerpräsident die Schicksalsfrage seines Volkes diesem selben Volk vorlegt. Darauf reagieren der angeblich vorbildlich sparsame Bundesbürger und seine Politiker mit Panik - aber nur deshalb, weil die Finanzmärkte mit Panik reagieren. Sie alle haben sich zu Gefangenen der Vorwegnahme von Erwartungen gemacht, die an den Finanzmärkten gehegt werden... Sieht man denn nicht, dass wir jetzt Ratingagenturen, Analysten oder irgendwelchen Bankenverbänden die Bewertung demokratischer Prozesse überlassen? Sie alle wurden in den letzten 24 Stunden befragt und bestürmt, als hätten sie irgendwas dazu zu sagen, dass die Griechen über ihre Zukunft selbst abstimmen wollen", ruft Schirrmacher und berichtet, daß in britischen Blättern wie dem Telegraph und dem amerikanischen Finanzmagazin Forbes, noch in die Form von Witzen gekleidet, schon nach einem neuerlichen Putsch und einer Militärjunta für Griechenland gerufen werde!

"Only half in jest is it sometimes said that a better use for Germany’s money than pouring it down the drain of further bail-outs would be to sponsor a Greek military coup and solve the problem that way" (Telegraph, 25.10.2011)

„Dieser Witz ist deshalb so traurig und bitter, weil - wenn wir das kleine Problem ignorieren, dass Griechenland dann eine Militärdiktatur wäre - er in Wahrheit eine gute Lösung für Griechenland zeigt“, stand letzte Woche in Forbes zu lesen, aber es war natürlich nicht so gemeint, versichert Autor Worstall (nomen est omen?) in einer Nachschrift.
So platt es auch klingt, aber wenn Kapital und Finanzwirtschaft die Bedingungen bedroht sieht, unter denen sie ungestört Profite einstreichen können, rufen sie nach dem Militär und Diktatur.
"Die angebliche Rationalität finanzökonomischer Prozesse hat dem atavistischen Unterbewussten zum Durchbruch verholfen. Dass man ganze Länder als faul und betrügerisch beschimpfen konnte, schien mit der Ära des Nationalismus untergegangen und vorbei. Jetzt ist dieses Gebaren wieder da", stellt Schirrmacher in deutlicher Anspielung auf das Heraufdämmern des Faschismus fest und fordert, "in dieser neuen Lage müsste Europa alles tun, um die Griechen davon zu überzeugen, warum der Weg, den es zeigt, der richtige ist."

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