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Mittwoch, 18. November 2009
Seltsame Symbolik
Koscher nach den Buchstaben der Liturgie ist das nicht alles, was Balten beim Balzen Heiraten veranstalten. Schon bei der Vorbereitung war dem Fahrtenschreiber so manches Gerücht über seltsame Bräuche bei den letztbekehrten Völkern Europas zu Ohren gekommen, von neuerlicher Ausbreitung der Verehrung von Naturgeistern auch, und so brachen wir denn auch in der Spannung auf, ob wir wohl derartiges selbst zu Gesicht bekommen würden.
Musikalisch konnte man sich hier schon einstimmen:



Bald nach der Ankunft aber sahen wir, daß die Balten (und Baltinnen natürlich) vor allem in Scharen heiratswillig, wenn nicht -wütig sein müssen. In Weiß, mit Brautschleier und Sträußchen am Revers, dem ganzen Zinnober einer kreuzchristlichen Trauung. An manchen Tagen kam uns in kurzen Abständen ein Hochzeitskorso nach dem anderen entgegen, aber nicht in Städten, vor Kirchen oder Standesämtern, sondern auf schmalen Landstraßen, die durch tiefe Wälder und an stillen Seen oder Flüssen entlang führten. Und dann erwischten wir sie auf frischer (Heiden-)tat.
Immer wieder sahen wir, wie eine Autoschlange hielt, Brautpaar und Hochzeitsgäste ausstiegen und eine kurze Prozession zum Ufer eines Gewässers oder auf eine Brücke veranstalteten, wo das Brautpaar offenbar einen bestimmten Text aufsagen (oder vorlesen) mußte, worauf sie sich mit etwas zu schaffen machten und schließlich etwas ins Wasser warfen wie eine Opfergabe an Quellnymphen oder andere Wassergeister.


Einmal hielten wir und blieben, bis die Zeremonie vorüber und die Hochzeitsgesellschaft weitergefahren war. Dann schlichen wir vorsichtig auf die Brücke und fanden, um das Geländer geschlossen - Dutzende von Vorhängeschlössern. Hier hatten sich also Emanuel und Natascha, Trelock und Tri-Circus (Made in China) symbolisch ans Brückengeländer geschmiedet und anschließend den Schlüssel ins Wasser geworfen. Deadlocked.

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