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Montag, 24. November 2008
ßänk ju for träwelling Lufthansa and Deutsche Bahn


Seit fast einem Jahr verzichte ich auf ein Auto, organisiere ich meine Reisen und meinen Alltag mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich will jetzt nicht das schmückende Beiwort “heroisch” dafür aufbieten, aber entbehrungsreich ist dieser Verzicht zugunsten der Umwelt manchmal schon, und ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir uns die Milchmädchenrechnung über die jeweiligen Vor- und Nachteile von eigenem Auto vs. ÖPV schon aufgemacht haben; bisher immer mit dem Ausgang, die Anschaffung eines Autos noch einmal zu vertagen.
Letzte Woche nun wurde uns ein gut erhaltener Gebrauchtwagen zu einem äußerst fairen Preis angeboten. Die Probefahrt verlief zufriedenstellend. Doch da wir zum Wochenende hin noch viel zu tun hatten, baten wir uns Bedenkzeit aus. Ich mußte am Freitag beruflich nach Frankfurt, am Samstag wollten wir von Den Haag zu einer großen Feier von Freunden in der Nähe von Bremen aufbrechen. An einem Tag von Amsterdam nach Frankfurt und zurück zu fliegen, ist doch heutzutage kein Problem.
Dachte ich.
Dann folgte der von einigen frischen Windböen begleitete gewaltige Wintereinbruch von etwa 1,5 cm Neuschnee.
Als ich Freitag früh am Amsterdamer Flughafen ankam, prangten mir von der Leuchttafel in der großen Halle schon etliche Verspätungsmeldungen entgegen. Mein Flug gehörte natürlich dazu. Auch zur neu angesetzten Abflugzeit war das Flugzeug nicht einmal eingetroffen. Eine weitere Stunde später durften wir endlich einsteigen, nur um im geschlossenen Flieger zu erfahren, dass wir wegen irgendwelcher zugeteilter Zeitfenster noch eine Stunde am Boden rumsitzen durften. Nach einem seekrank machenden Schaukelflug erschien ich gegen 15 Uhr endlich in der Sitzung, die seit 10 Uhr lief.
Am Abend eilte ich mit bangen Vorahnungen zum Flughafen, denn ich mußte doch zurück, weil wir am nächsten Morgen früh mit dem Zug nach Bremen wollten. Die Schneemassen (1,5 cm) in der Stadt waren zu Matsch gefahren und geschmolzen, vom stürmischen Wind war allenfalls noch eine steife Brise zu spüren. Entsprechend und zu meiner Erleichterung meldete die Anschlagstafel keine Verspätung. Ich proceede zum gate. Auch dort alles im grünen Bereich. Aus völlig übertriebenem Sicherheitsbedürfnis frage ich zusätzlich den Lufthanseaten an der Abfertigung. "Ja, keine Probleme, die Maschine steht schon abflugbereit am Gate." Tatsächlich ist draußen vor dem Fenster eine Maschine mit dem Kranich auf der Heckflosse angedockt zu sehen. Ich bin beruhigt. Und es passiert auch nichts; gar nichts. Selbst die zum Einsteigen vorgesehene Zeit verstreicht ereignislos. Als immer mehr Menschen fragend zur Uhr gucken, knackt es im Lautsprecher und eine kleinlaute Stimme bedauert, es habe sich nun unvorhergesehen doch eine kleine Verzögerung ergeben: "Die Crew ist leider noch nicht eingetroffen." Aber ganz bestimmt werde sie ganz bald kommen, und dann gehe es sofort los. Irgend jemand lacht. Sarkastisch. Den anderen, mich eingeschlossen, schwant Übles. Aber noch wollen wir nicht alle Hoffnung fahren lassen. Eine weitere Stunde verstreicht, dann treffen plötzlich neue Passagiere ein, aus kleinen Grüppchen wird ein Pulk, aus Pulks eine Menge. Bald stellt sich heraus, es sind Leute, die schon für die nächste Maschine abgefertigt werden wollen. Leichtes Chaos breitet sich aus. Der Mann am Schalter ist selbst verwirrt, greift zum Telefonhörer und dreht der ihn überfordernden Welt den Rücken zu. Tickets und Boardingpässe werden ihm unter die Nase gewedelt. Per Lautsprecher erklärt er den Neuankömmlingen schließlich, sie müßten sich noch gedulden, bis die Maschine nach Amsterdam abgefertigt sei. Als sich die Aufregung endlich etwas legt, hört man sein Telefon klingeln. Er hebt ab und wird blaß. Die Uhr tickt inzwischen auf Mitternacht zu. Er reißt sich zusammen, streicht aus seiner Stimme jede persönliche Teilnahme und teilt wie eine Ansage vom Band spröde mit: "Der Flug nach Amsterdam ist für heute soeben ersatzlos gestrichen worden. Begeben sie sich bitte zum Lufthansaschalter in Terminal A. Dort werden sie auf morgige Flüge umgebucht und erhalten einen Übernachtungsgutschein."
Großes Chaos bricht aus. Kaum eine Stunde später habe ich nach tumultuarischen Szenen vor dem Lufthansaschalter einen Hotelvoucher, ein Overnightkit mit einem hübschen Nachthemdchen, Zahnbürste, Einmalrasierer etc. erhalten, sowie eine Umbuchung auf den ersten Amsterdamflug am nächsten Morgen. Meinem Vorschlag, mich auf einen Flug direkt nach Bremen umzubuchen, konnte leider nicht entsprochen werden. Mehr als hundert Flüge wurden an diesem Tag allein in Frankfurt abgesagt, erfahre ich später. Entsprechend sieht es vor dem Flughafen aus, wo Kleinbusse Hunderte von gestrandeten müden und wütenden Fluggästen ausfahren sollen, die aus der Kälte wenigstens in ein warmes Hotelbett kommen wollen. Mir bleiben darin drei Stunden.
Als ich vom Nachtportier am Telefon aus dem Schlaf gerissen werde: “Good morning, Sir, it is Viertel vor three. You wanted a Weckruf”, rieselt vor dem Fenster gleichmäßig leiser Schneefall. Natürlich verkehrt um diese frühe Zeit noch kein Shuttlebus. Ich muß mir ein Taxi rufen lassen. Es gleitet ruhig durch die dünne Schneeschicht. Trotzdem die bange Frage. Aber: es soll geflogen werden. Nachdem die Maschine enteist ist.
Mit halbstündiger Verspätung lande ich in Schiphol, habe zum Glück kein Gepäck dabei, jogge aus dem Flughafen zum Bahnhof. Auf der Anschlagstafel: nächster Zug nach Den Haag in 2 Minuten. Stürze die Rolltreppe runter, springe in den Zug. Komme um 10.28h im Haag an, die Herzogin hat mir etwas Wäsche zum Wechseln mitgebracht, um 10.34h fährt unser Zug nach D'land. Geschafft. Ich auch ein wenig.

Bis zur Grenze geht alles fahrplanmäßig. Dahinter verkündet eine Durchsage, wir hätten einen ungeplanten Aufenthalt von 45 Minuten, weil der Gegenzug mit unserer deutschen Lok noch nicht eingetroffen sei. Armes Deutschland! Jetzt hat die Bahn schon nicht mehr Lokomotiven für jeden ihrer Züge. Nach 25 Minuten ruckt der Zug dann auf einmal doch an. Und zuckelt von Bentheim bis Rheine. Die Durchsage dort lautet: "Wegen eines Personenschadens ist die Strecke bis auf weiteres gesperrt."
Nach einer halben Stunde werden wir detailliert aufgeklärt: "Der Unfallarzt ist jetzt an der Unglücksstelle. Wenn die verunfallte Person bereits verstorben ist, wird die Wartezeit noch lange dauern. Sollte sie noch leben, wird die Strecke wahrscheinlich bald freigegeben."
Wir warten auf den Obduktionsbericht.
Plötzlich eine neue Durchsage: "Reisende Richtung Bremen und Hamburg können den Regionalzug Richtung Osnabrück auf dem übernächsten Gleis benutzen." Es kommt Leben in die Großraumwagen. Als wir den übernächsten Bahnsteig erreichen, fallen die Blätter der Anzeigetafel wie Herbstlaub vom Schicksalsbaum, und in der Ferne entschwinden ein paar Rücklichter. Der Zug ist abgefahren. Fast zeitgleich tönt von unserem alten Bahnsteig zur Eile hetzend die Durchsage herüber: "Steigen Sie bitte ein, wir können unsere Fahrt jetzt fortsetzen."
Fluchend und schimpfend erreichen wir den Zug. Ein paar ältere Damen mit schweren Koffern sind leider zurückgeblieben. Der Zug fährt ohne sie ab. Die nächste Regionalbahn nach Quakenbrück kommt bestimmt irgendwann.

Der Rückweg verlief fast störungsfrei, bis auf die drei verpassten Anschlusszüge in Holland. Unser Zug endete nämlich wegen eines Unfalls auf der Strecke irgendwo unterwegs im Schneeregen, und wir liefen am Ende mit einem Vorortzug, auf Holländisch sehr zutreffend stoptrein, spätabends in Den Haag ein. Entschlossen, um fast jeden Preis das Auto zu kaufen. Montagmorgen geht eine SMS vom Verkäufer ein: “Last weekend a technical problem arised because of which I will not sell the car to someone familiar. I am very sorry but it saves you probably a lot of money.”
Fjandinn hafi það!

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