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Sonntag, 24. August 2008
Kleines Olympia-Fazit


Der olympische Drops von Peking ist gelutscht.
Es hat unglaubliche Leistungen gegeben (auch rätselhafte, für deren vielbemühte “Unschuldsvermutung” man viel Gutgläubigkeit aufbringen muss) und schwer verdauliche Niederlagen. Das Optimum haben sicher viele Einzelathleten und Mannschaften ganz oben auf dem Treppchen erreicht, die meisten Topnationen wohl nicht: China hat zwar bei den Medaillen unglaublich abgeräumt, aber sein vorher festgelegtes Plansoll von 122 Medaillen eben doch nicht ganz erfüllt, die USA sind als erfolgreichste olympische Nation der Welt entthront, haben in “ihrer” Sportart Baseball ausgerechnet gegen Kuba verloren, und ihre sieggewohnten Sprinter konnten ihre überheblichen Selbstbeweihräucherungen nicht abziehen, sondern mussten sich mit eingezogenem Schwanz in die Katakomben verdrücken, während oben ein Usain Bolt es ihnen an Arroganz im Triumphieren gleich tat.
Wie gehen die Amerikaner mit diesen deutlichen Rückschlägen um? Sie zählen anders. Anstatt die Rangfolge im Medaillenspiegel wie allgemein üblich nach Anzahl der gewonnenen Goldmedaillen zu vergeben, listen sie nach der Gesamtzahl sämtlicher Medaillen und positionieren sich so vor China doch auf Platz 1. Aber ist das zu verwundern bei einer Nation, die einen Präsidenten als gewählt hinnimmt, obwohl er einen Anteil von Gegenstimmen einfach nicht mitzählen ließ?
Und bei uns? Da gehen solche Versuche von Realitätsverleugnung glücklicherweise baden. Siehe die Verbandsfunktionäre, die das (bis auf Britta Steffen) völlige Versagen unserer Schwimmer oder den Untergang unserer Ruderarmada schönreden wollten. Andere guckten da kritischer hin: "Ihr Ergebnis nach guten Trainingsleistungen war unter der Gürtellinie. Es gab jetzt genug Extrawürste. Die letzte ist verbrannt", kommentierte ein verärgerter Bundestrainer bei den Schützen treff-, aber nicht ganz metaphernsicher.
Mittlerweile ist es ja gängige Münze, uns nachzusagen, dass wir sichere Goldmedaillengewinner in den Disziplinen Dauermeckern und Lautjammern seien, und das trifft im grauen deutschen Alltag auch nur allzu häufig zu. Redegewandte Funktionäre können das natürlich elaborierter ausdrücken: “Die Deutschen sind problemorientiert”, sagte der scheidende Schwimmtrainer Örjan Madsen dazu, “die Amerikaner sind lösungsorientiert.” Ich verstehe zwar nicht, wie man zu einer Lösung kommen kann, ehe man das Problem erkannt und analysiert hat, aber wahrscheinlich denke ich da schon wieder viel zu deutsch. Die Amerikaner frisieren die Statistik um. Das ist eine Lösung. Kein Problem. Oder?
Ich glaube, da finde ich unsere gern als Gemecker denunzierte Problemorientiertheit letztlich doch besser, vor allem wenn sie so analytisch scharf daher kommt wie das Fazit von Frauenhandballtrainer Emrich: "Der Frosch ist ins Milchglas gefallen. Jetzt kann er sich entscheiden, ob er ertrinken will oder so lange strampelt, bis aus der Milch Butter geworden ist."
Bei uns wird nach Niederlagen viel gehadert und auch gestritten. Natürlich. In anderen Nationen geht es in solchen Fällen noch ganz anders zur Sache. Nehmen wir die heißblütigen Serben: Nach ihrer Niederlage gegen die USA im Wasserball gerieten Sefik (Torhüter) & Sapic (Torjäger) so heftig aneinander, dass der Torwart mit gebrochener Hand und der Stürmer mit einem dick bandagierten Bein für das kleine Finale ausfielen. Trotzdem reichte es gegen das abtrünnige Montenegro zu einer von zwei Bronzemedaillen für Serbien. Im exjugoslawischen Vergleich blieb Serbien damit allerdings hinter Kroatien zurück, obwohl der schönäugigen Weltmeisterin Blanka Vlasic, seit 34 Wettkämpfen ungeschlagen, diesmal aufgrund eines Fehlversuchs zu viel im Hochsprung nur die Silbermedaille blieb. http://de.youtube.com/watch?v=7o_BwX2BkQ8#

Serbien Rang 62 im Medaillenspiegel, Kroatien Rang 57. Deutschland Rang 5. Nein, natürlich ist das kein fairer Vergleich. Aber auch wenn wir einmal gucken, wie Länder mit ähnlicher Bevölkerungszahl abgeschnitten haben, stehen wir ganz gut da: Ägypten (75 Mio) taucht im Medaillenspiegel gar nicht auf, Iran (71 Mio) belegt Rang 51, die Türkei (75 Mio) Rang 37, Äthiopien mit fast exakt gleicher Einwohnerzahl immerhin Rang 18, das über 100 Millionen zählende Mexiko nur Rang 36.
Klar, in diesem Vergleich fehlt der Faktor Reichtum. Vergleichen wir uns also einmal mit Ländern, deren BIP pro Kopf ungefähr auf gleicher Höhe mit dem unseren liegt: Australien Platz 6, Italien Platz 9, Frankreich Platz 10, Belgien Platz 46. Auch in der Gruppe haben sich die deutschen Athleten also gut behauptet.
Damit aber genug der goldenen Erbsenzählerei. Ich erkläre die Olympischen Spiele von Peking für beendet mit einem Wort, das der sympathische Vielseitigkeitsreiter Hinrich Romeike nach Gewinn der Goldmedaille an die Mitarbeiterinnen seiner Zahnarztpraxis richtete:
"Macht zu, esst ein Eis, ich geb' euch frei."

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Von dieser Olympiade sah ich keine Minute. Im Autoradio davon verstehend zu hören ließ sich an 2 Tagen in Österreich nicht vermeiden.

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