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Mittwoch, 20. August 2008
Der Weg der Jade (II)
... ist noch nicht zu Ende. Da sie nur an den Rändern von Kontinentalbrüchen entsteht und dort aus der Tiefe gehoben wird, wo es große tektonische Aktivität und massive Auffaltungen gibt, kennt man, wie gesagt, weltweit nur wenige Fundstätten, vornehmlich in Amerika und Fernasien. Wie aber ist dann zu erklären, dass Steinzeitmenschen in Mittel- und Westeuropa Jahrtausende vor den ersten Hochkulturen in Ägypten und dem Zweistromland in den Besitz von Jade kamen und daraus formschöne Äxte schliffen? Keine Einzelstücke, sondern einige tausend Fundstücke bis heute. Manche 4000, 5000 Jahre alt, manche sogar 6-7000 Jahre.
Sind damals und über einen so langen Zeitraum schon Tausch- oder Handelsbeziehungen gar bis nach China oder Burma denkbar? Wie kann die Jade aber sonst bis nach Dänemark, England und Irland gekommen sein? Durch Einwanderung eines Urvolks aus Südostasien etwa, wie eine Hypothese im 19. Jahrhundert glaubte? Kaum vorstellbar. Vielleicht lag eine Lösung des Rätsels doch näher. Auch die Alpen sind schließlich Produkt einer tektonischen Faltung.

Mehr als zehn Jahre lang wanderte das französische Archäologenpaar Anne-Marie und Pierre (!) Pétrequin aus Besançon immer wieder kreuz und quer durch die Alpen. 2003 fand es, wonach es gesucht hatte: In den italienischen Westalpen Piemonts und Liguriens kommt Jade vor.

Die beiden Archäologen fanden sogar noch mehr, nämlich die Steinbrüche, in denen Menschen der Steinzeit diese Jade abgebaut hatten. Von ihren Wohnsitzen im Tiefland hatten sie längere Expeditionen bis in zweieinhalbtausend Meter Höhe unternommen, viel Holz bis über die Baumgrenze hinaufgeschleppt und dann Feuer an Felswände gelegt, bis die Hitze größere Gesteinsbrocken aus Jadeitit absprengte. Die Steinbrüche am Monte Viso (Piemont) und Monte Beigua (Ligurien) waren von 5200 - 4000 vuZ in Betrieb und versorgten halb Europa mit Rohlingen für Jadeäxte.
Jeder Gesteinsbrocken weist ein für ihn charakteristisches Spektrum elektromagnetischer Strahlung auf. Durch Messen und Vergleichen solcher Spektren lässt sich heute sogar nachweisen, welches Beil aus welchem Block geschlagen und geschliffen wurde, und die Archäologen sind derzeit damit beschäftigt, die Karte der Verbreitungswege der neolithischen Jadebeile zu zeichnen. Dabei zeigen sich wiederum verblüffende Sachverhalte. Ein auf etwa 4500 vuZ datiertes Jadebeil aus Kerpen-Sindorf an der Erft zum Beispiel ist aus dem gleichen Block vom Monte Viso geschliffen worden wie ein am Kyffhäuser in Thüringen gefundenes Beil und eines aus Dumfernline in Schottland. - Jahrtausende vor den Kupfer- und Zinnrouten der Bronzezeit oder der Bernsteinstraße führten in der Steinzeit durch Europa Straßen der Jade.

Quellen:

http://www.lda-lsa.de/landesmuseum_fuer_vorgeschichte/fund_des_monats/2008/januar/
http://www.rlmb.lvr.de/museum/forschung/aufsatzjadeitbeile.pdf

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