Find more about Weather in Piran, LJ
Sonntag, 10. August 2008
Der Weg der Jade (I)
Sonntagmorgen, draußen strömt ein ergiebiger Sommerregen nieder, drinnen habe ich nach langer Zeit mal wieder ein paar Chansons von Patricia Kaas aufgelegt: L'heure du Jazz, D'Allemagne, Une dernière semaine... Ihre rauhe Stimme paßt gut zum Wetter. Beim Recherchieren für mein derzeitiges Projekt lasse ich mich einmal mehr auf Nebenpfade, Seiten- und Abwege verleiten, und wie so oft warten da die interessantesten Geschichten.

Eigentlich bin ich auf der Spur der Jade. Ich lerne, daß es innerhalb des Sammelbegriffs Jade feine Unterschiede zwischen dem eigentlichen Jadeit und dem geringfügig weicheren Nephrit gibt, das Eine ein Natrium-Aluminium-Silikat, das Andere eins aus Kalzium und Magnesium. (Das sagt mir noch gar nichts.) Gesteine aus diesen Mineralienverbindungen sind recht selten; sie entstehen nur durch Metamorphose, in der sich unter hohem Druck von 7-11 Kilobar Natronfeldspat mit Quarz zu äußerst zähen faserigen Aggregaten verbindet. 1 Kilobar entspricht dem Druck von einer Tonne auf einen Quadratzentimeter. Es ist der Druck, der in einem Tiefseegraben von zehntausend Metern Tiefe auf einem U-Boot lasten würde. Bei der Gesteinsmetamorphose ist ein mehr als zehnmal höherer Druck von bis zu 11 Tonnen pro Quadratzentimeter am Werk. Solche Drücke werden in der Erdkruste in der Regel nur an den Subduktionsrändern der tektonischen Platten erreicht, d.h. dort, wo eine Kontinentalscholle mit einer anderen kollidiert, sich darüber schiebt und sie tief ins Erdinnere hinab drückt. An die Oberfläche tritt das in dieser Tiefe umgewandelte Gestein jedoch nur, wenn es durch andere tektonische Vorgänge wie zum Beispiel die Auffaltung eines Gebirges in Jahrmillionen wieder in die Höhe gepreßt und anschließend von Erosionskräften freigelegt wird.

Wie immer, wenn ich mir solche Vorgänge vorzustellen versuche, gerät die scheinbar ewige Unveränderlichkeit von Bergen, wie man sie vor sich sieht, wenn man winzig klein in ihnen unterwegs ist, und der Gestalt von Kontinenten in schwindelerregende Bewegung und ich sehe wie in Zeitrafferanimationen ganze Gebirge aufwachsen wie Blasen in einem Teig und wieder versinken, ich sehe das Matterhorn in die Höhe schießen wie ein Pilz aus dem Waldboden, Erdteile um den Globus schwimmen wie kleine Flöße. Alles ist in Bewegung, taucht auf, verändert sich, geht unter, entsteht anders wieder neu.

Ein Stück Jade ist, wie im Grunde jeder Stein, ein Zeuge solcher Vorgänge, es ist unter gewaltigem Druck tief in der Erdkruste entstanden und hat im Lauf unvorstellbarer Zeiträume eine lange, lange Wanderung zurückgelegt, ehe es durch gefrierenden Regen aus dem Fels einer Bergflanke gesprengt wird und den Hang hinab vor unsere Füße kollert.
Das aber kann nur an wenigen Stellen auf der Erdoberfläche geschehen. Seit altersher bekannte Lagerstätten gibt es in China, im Edelsteinland Myanmar (Burma) und in Südamerika, wo überall schon antike Hochkulturen Jade verarbeiteten.
In Europa kam Jade nicht vor... aber: von Irland bis Thüringen, von Dänemark bis Mittelitalien hat man mittlerweile an die 2000 fein geschliffene Beile aus Jade gefunden. Alle stammen sie aus der STEINZEIT. Je mehr solcher bis zu vier Kilo schweren Prunkäxte ausgegraben wurden, desto weniger konnten sich die Ur- und Frühgeschichtler der Hypothese verschließen, daß die Europäer der Megalithkultur anscheinend vor 7000 Jahren schon Handelsbeziehungen zum Fernen Osten unterhalten haben mußten.

... comment