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Dienstag, 29. Juli 2008
Habsburgs Frauenhandel
Wenn sich aus dem Voranstehenden der Eindruck ergeben haben sollte, dass Frauen und besonders solche aus hochrangigen Familien in jenen feudalen Zeiten oft vor allem als “Verhandlungsmasse” für Familien- oder gar Staatenbündnisse und Besitzstandwahrung und -erweiterung ihrer Familien instrumentalisiert wurden - und nach ihrer Verheiratung natürlich als Lieferantinnen für den unter dynastischen Gesichtspunkten unverzichtbar notwendigen (möglichst männlichen) Nachwuchs, dann halte ich diesen Eindruck für zutreffend, und die Erkenntnis ist natürlich nicht neu. Überraschender scheint mir fast, dass es selbst unter diesen scheußlich einengenden Verhältnissen immer wieder Frauen gegeben hat, die eine enorme Kraft und Stärke an den Tag legten und sich machtvolle Positionen erkämpften, in denen sie weit über die ihnen eng gesteckten Grenzen und Rahmen hinaus in die Männerwelt hinein- und dort so selbstbewusst wie selbständig regierten. Zu den prominentesten unter ihnen gehören sicher einige deutsche Kaiserinnen des Mittelalters, angefangen bei der byzantinischen Theophanu, oder eine Eleonore von Aquitanien.

Nicht zuletzt sollte auch jene zunächst so fügsam scheinende Tochter Kaiser Maximilians zu enormer persönlicher Stärke heranwachsen, die schon als zweijähriges Kind zwecks Verheiratung weggegeben, mit fünfzehn zum zweiten Mal verheiratet wurde, und mit vierundzwanzig bereits zweifache Witwe war. Doch da war sie auch reif und gefestigt genug, um neuerlichen Verheiratungsplänen ihres kaiserlichen Vaters eine klare Absage zu erteilen. Erst hatte sie als Heiratsobjekt einen Ausgleich Habsburgs mit Frankreich nach den Kämpfen um das Burgundische Erbe besiegeln sollen, dann sollte ihre Ehe mit Spanien Frankreich stattdessen einkreisen helfen, und nachdem der Infant Juan so früh verstorben war, diente ihre Verschacherung an Herzog Philibert II. von Savoyen, König von Zypern und Jerusalem, dem gleichen Zweck. Margarete nahm ihrem neuen Mann, der viel lieber auf die Jagd ging, die Regierung Savoyens anscheinend schon bald aus der Hand. Im dritten Jahr ihrer Ehe trank Philibert auf einem seiner Jagdausflüge überhitzt aus einer kalten Quelle, bekam Schüttelfrost und Fieber und starb.

Wer weiß, an welcher diplomatischen Front Maximilian seine Tochter als nächstes in welches eheliche Bett gesteckt hätte? Doch Margarete reichte es jetzt. Sie verbarg ihr rötlich blondes Haar unter dem deuil blanc, dem weißen Trauerschleier, und beschränkte sich fortan auf den Witwenstand. Maximilian hatte ein Einsehen und betraute seine einzige Tochter mit seiner Statthalterschaft und der Regierung in den von seiner ersten Frau und Margaretes Mutter geerbten burgundischen Niederlanden.
Ihr Regierungssitz wurde Brüssel, das sich anders als Brügge oder als Lüttich, das eine in den Niederlanden bestehende Tradition lokalen Widerstands gegen die Zentralmacht fortsetzte und dafür von Karl dem Tollkühnen 1468 vollständig geschleift worden war, immer mit der gern in seinen Mauern residierenden Macht arrangiert hat. Persönlich residierte Margarete lieber in ihrem neuen Palais in Mecheln, wo sie sich mit Künstlern wie dem aus Tallin kommenden, aber auch in Dänemark, Spanien und den Niederlanden bekannten Maler Michel Sittow und Intellektuellen wie Erasmus von Rotterdam und dem von Erasmus begeisterten Mercurino Gattinara umgab, den sie als Rechtsberater ihres verstorbenen Mannes aus Savoyen mitgenommen hatte. (Gattinara wurde später einflussreicher Großkanzler Karls V.) Margarete regierte mit einer Unterbrechung von zwei Jahren bis zu ihrem Tod 1530 stets loyal im Sinn der Interessen Habsburgs. Außenpolitisch galt ihr Einsatz beharrlich der Rückgewinnung aller ehemals burgundischen Territorien von Frankreich. Innenpolitisch arbeitete sie nach dem Tod ihres Vaters in Absprache mit dessen Nachfolger, ihrem Neffen Karl V., an einer Stärkung der Zentralverwaltung in Brüssel, richtete dort einen Staatsrat aus Mitgliedern des Hochadels ein und einen Geheimen Rat sowie einen Finanzrat für die tägliche Verwaltungsarbeit. Als 1521 im Antwerpener Augustinerkloster die Schriften Martin Luthers auftauchten, ließ sie als strenge Katholikin das Kloster schließen, die Mönche verhaften oder vertreiben und einige von der Inquisition in Brüssel öffentlich verbrennen.

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