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Mittwoch, 20. Februar 2008
Richistan
In seinem hier gestern schon zitierten Artikel “Die Entfremdeten” (SZ, 19.2.08) behauptet Autor Andrian Kreye, die Reichen und Mächtigen lebten längst nicht mehr mit uns Normalsterblichen in einer Welt. Schon die bulligen Geländewagen auf der Düsseldorfer Kö und anderen Protzboulevards hätten vor allem die Funktion, “Fahrer und Passagiere von der Außenwelt abzuschirmen. Da sitzen sie weit über dem automobilen Proletariat in luftiger Höhe, die verdunkelten Scheiben schützen weniger vor Sonne als vor neugierigen Blicken, und ihre Geräumigkeit dient vor allem dazu, eine Inneneinrichtung unterzubringen, die mit mächtigen Ledersitzen und üppigen Konsolen das Interieur eines Salons beschwören.”

Weitaus kräftigere Belege für seine These entnimmt Kreye dem Buch Richistan. A Journey Through the 21st Century Wealth Boom and the Lives of the New Rich (2007) aus der Feder des Wall Street Jounal-Reporters Robert Frank. Ein nettes Beispiel ist der Freizeitclub “Solstice”, dem nur 80 Mitglieder angehören, was bei einer Aufnahmegebühr von 875.000 $ und 42.000 $ Jahresbeitrag nicht groß verwundert. Dafür bekommen sie die Nutzungsrechte an zehn Luxusdomizilen von Kalifornien bis London und einer Privatjacht in der Karibik mit allem Personal vom Koch zum “Lifestyle manager”, der darauf abgerichtet ist, den, wie Solstice's Marketingleiter es ausdrückt, “unersättlichen Hunger auf Luxus” seiner Kundschaft zu befriedigen.

1985 gab es nach Auskunft des Guardian in den USA 13 Milliardäre. Heute sind es über 1000. Ihr Reichtum ist größer als das Bruttosozialprodukt von China, Japan, Brasilen, Russland und der EU zusammen. Was soll man nur mit solchen Privatvermögen anfangen? “Über eine Rolex rümpfen die Ultrareichen bloß die Nase, bei ihnen ist Franck Muller angesagt, der seinen Highend-Chronometer für 736.000 $ offeriert." Nach dem Erwerb einer solchen Swatch für zumindest “affluent people” an der sogenannten Jewel Coast auf der Madison Avenue kann man sich im New Yorker Algonquin Hotel noch rasch ein, zwei “Martini on a rock” für 10.000 $ pro Glas genehmigen. (Auf seinem Boden liegt jeweils ein kleiner Diamant.) - Die wirklich Reichen haben längst “eine eigenständige Welt für ihresgleichen geschaffen”, schreibt Frank, “mit abgeschotteten und bewachten Wohnanlagen, einem eigenen Schul- und Gesundheitssystem, eigenem Reisenetzwerk, einer separaten Wirtschaft. Die Reichen wurden nicht nur reicher, sie wurden zu finanziellen Ausländern, die ihr eigenes Land innerhalb des Landes schufen, ihre eigene Gesellschaft innerhalb der Gesellschaft."

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