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Freitag, 8. Juni 2007
Wer hätte das gedacht?
Denen noch ins Stammtischbuch geschrieben, die meinen, die Gewalt bei den Anti-G8-Demonstrationen sei allein von der "wohlstandsverwahrlosten Meute" (aus einem Leserbrief in der Süddeutschen) ausgegangen:
In dem m.E. sehr gut recherchierten Artikel "Fünf Finger für ein Siegeszeichen" von Constanze von Bullion in der SZ von heute heißt es unter der Rubrik Provokateure der Polizei:

"Viele, die hier sitzen, sind jung und ziemlich begeistert, dass sie den Gipfelgästen tatsächlich einen Weg abschneiden konnten... Wenig später aber wird es dann doch noch laut. Sitzblockierer fangen an zu schreien, weil ein paar Vermummte Steine sammeln und andere zur Randale anstiften wollen. Organisatoren der Blockade sehen, wie ein paar Bunte losstürmen, sie wollen die Schwarzen aufhalten, dann kommt es zu einem Handgemenge.
Es sind Bremer Demonstranten, die hinter den Sturmhauben Bremer Zivilpolizisten erkannt haben wollen. Provokateure der Polizei, behaupten sie. Es gibt Augenzeugen aus der Organisationsleitung der Demo, die erzählen, sie hätten das nicht geglaubt - bis sie gesehen hätten, wie ein angeblicher Autonomer zur Absperrung der Polizei geführt worden sei. Geräuschlos hätten sich die grünen Reihen geöffnet. Dann sei der Mann in Schwarz aus dem Spiel gewesen."

Die Einsatzleitung hat zunächst dementiert. Inzwischen meldete die SZ ("Die Proteste haben die politische Welt verändert". Bilanz des Widerstands):
Am Mittag bestätigte die Sondereinheit, dass am Mittwoch während einer Blockade ein aus Bremen stammender Zivilbeamter enttarnt und von Demonstranten bedrängt worden sei. "Nur dem beherzten Eingreifen friedlicher Globalisierungskritiker" sei es zu verdanken, dass er mit leichten Verletzungen davonkam, hieß es in einer Kavala-Mitteilung. (SZ, 8.6.07)

Bleibt festzuhalten: Wenn die Demonstranten friedlich sind, hilft die Polizei selbst nach und läßt Steine fliegen.

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Donnerstag, 7. Juni 2007
Ehe du dich's versiehst

Da schlenderst du mit ein paar Gleichgesinnten
die schöne alte Allee von Bad Doberan zum Seeheilbad Heiligendamm entlang, und schon bist du illegal.

Das Verfassungsgericht hat nämlich solche Versammlungen in diesem Raum zur Zeit verboten, obwohl es in der Urteilsbegründung gleichzeitig das seinem Entscheid zu Grunde liegende Urteil des OVG Greifswald und das Sicherheitskonzept der Polizei als verfassungswidrig rügt. Sanktioniert das Verfassungsgericht damit verfassungswidrige Maßnahmen? Irgendwie verstehe ich das nicht. Anscheinend stand ich mit meinem Unverständnis nicht allein da.

Nach den verfassungswidrigen Plänen der Polizei

hätten wir das hier

keinesfalls sehen dürfen. Seit gestern aber sieht sie das auf einmal total anders. Da tauchten nämlich gewaltbereite Autonome auf wie die hier:

und sind auf einmal die Herren genau der Straße, die sie nie hätten betreten dürfen.

Da man aber Organisationen mit verfassungswidrigen Plänen nicht vertrauen soll, mußten sie für ihre Sicherheit Vorkehrungen treffen.

Selbst die Gleise der Bahn befinden sich wieder in Volkes Hand,

und die Polizei steht vorerst dabei, läßt den Joint kreisen

und sieht notgedrungen zu, wie sich Tausende illegal und friedlich versammeln.

Ist halt Scheiße, wenn man so in Unterzahl ist.
Am Westtor von Deutsch-Guantanamo (Sprechchöre der Demonstranten: "Laßt Angela Merkel frei!") sieht die Lage zur Zeit ganz anders aus, nachdem die Polizei mit Hubschraubern zusätzliche Kräfte eingeflogen hat. Der Nachrichtenticker von Indymedia meldet: "17:50 Die Polizei beginnt das Westgate z.T. mit massivem Wasserwerfer-Einsatz zu räumen. Angriffstrupps mit 10-15 Personen stehen bereit in die Menge zu stürmen. Polizei geht sehr brutal vor." Jetzt wird auf kriminelle Seifenbläserinnen endlich wieder eingeknüppelt und Gas gesprüht.

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Sonntag, 3. Juni 2007
Nachlese
Kontinuität nicht nur in der Durchführung von Polizeieinsätzen gegen Demonstranten (die "Leberwursttaktik" von '67 wird offenbar noch heute angewendet), sondern anscheinend auch in dem Stammtischmobgefasel, das man gern so allgemein wie unpräzise "die öffentliche Meinung" nennt, früher auch "Volkes Stimme". Hier ein paar kaum auszuhaltende Sprüche aus der Umfrage, die der SPIEGEL zum Thema "Umgang mit gewaltbereiten Demonstranten" eröffnete:

- Frühere Generationen hätten vielleicht so reagiert: "Ab ins Arbeitslager". So weit will ich natürlich nicht gehen. Eine Ergänzung des Strafrechts wäre erforderlich: Neben Haft oder Arrest oder Geldstrafe oder Geldbuße (je nach Schwere der Taten, Alter des Randalierers usw.) Streichung von ALG II, Bafög, Sozialhilfe usw. Kann ja nicht sein, dass diese Typen noch von der Allgemeinheit unterstützt werden.
- Warum sollten "linke" Randalierer unter Naturschutz gestellt werden?
- Solche Leute sollten auf eine kleine Insel verbannt werden und nie wieder runtergelassen werden - muss vielleicht nicht gleich das Bikini-Atoll sein, aber dann haben sie was sie wollen: keine Globalisierung und sie werden nie wieder von der Polizei "terrorisiert" ...
- Es heißt in diesem Lande hat der Staat das Gewaltmonopol. Na dann soll er es doch bitte schön einmal einsetzen. Verstärkte Entwicklung und Einsatz von nonlethal-Weapons. Mikrowellenwaffen die Gleichgewichtsstörungen, Orientierungslosigkeit oder Übelkeit verursachen. Kontaktgifte die z.B. leichte Lähmungen hervorrufen. Netzwerfer um Unruhestifter zu demobilisieren und leichter festsetzen zu können.
- In der selben Art und weise Antworten. Wenn die ersten 100 den Schädel eingeschlagen haben sind die anderen auch friedlich. Tschuldigung für diese harten Worte aber sie sind mein voller ernst . Sie kommen für Gewalt zu sähen ich würde sie sie spüren lassen.
- So lange die sog. Autonomen, recte vere wegen Landfriedensbruch schlichte Verbrecher, nicht damit rechnen müssen, daß ihnen die von ihnen geworfenen Pflastersteine auch um die Köpfe fliegen, und sie wissen, daß sie ihre Molotow - Cocktails ungestraft gegen Polizisten werfen können, wobei ihnen allenfalls eine Verwarnung durch einen Richter droht, werden sie weiter das Recht mißachten. Gegen diese Gangster hilft nur eines: der volle Einsatz staatlicher Machtmittel, siehe Sarkozy.
- Gleiches mit Gleichem - Pflastersteine auf Demonstranten! Oder besser - Caterpillar!

...und so weiter und so weiter ad infinitum ad nauseam

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Sonntag, 3. Juni 2007
2. Juni. Demonstrieren in Deutschland
Heute auf den Tag vor vierzig Jahren wurde in Deutschland ebenfalls demonstriert, am 2. Juni 1967.
Nach allgemeiner Sicht hat das Ereignis das politische Klima in der Bundesrepublik verändert. Ich sehe, natürlich schrecklich einäugig, selbst heute noch eher eine konstante Linie auf seiten der Staatsmacht., die es schon vor dem Mord an Benno Ohnesorg gab und die bis heute besteht.
Aus dem SPIEGEL-Nachrichtenticker von heute:
"[12:11] Nach dem Verbot der NPD-Demonstration in Schwerin protestieren Rechtsextreme spontan in anderen Städten. In Berlin ziehen 140 NPD-Anhänger durch das Brandenburger Tor. Die wenigen Polizisten vor Ort können sie zunächst nicht aufhalten."
Nicht einmal 2 Stunden später: "[14:43] Berlins Innensenator Ehrhart Körting erklärt, dass die Demonstration der Rechtsextremen am Brandenburger Tor nicht spontan erfolgt sondern gezielt vorbereitet worden sei. Die Neonazis seien aus Bayern und Baden-Württemberg angereist." Und darüber war der Staatsschutz gar nicht im Bilde? Woher weiß es dann der Herr Innensenator? Warum hat er dort nicht im Vorfeld genügend Polizei aufmarschieren lassen? Ach, die wurde andernorts benötigt:
"[12:26] Die Polizei setzt das Versammlungsverbot in Schwerin konsequent durch. Etwa 150 Demonstranten aus der linken Szene werden vor dem Hauptbahnhof in Gewahrsam genommen.
[12:40] Hunderte NPD-Anhänger demonstrieren unangemeldet in Lüneburg gegen den G-8-Gipfel. Auch in Lauenburg ziehen rund 300 unangemeldete rechtsextreme Demonstranten durch die Stadt.
[16:40] Die 13 in Berlin festgenommenen Neonazis sind wieder auf freiem Fuß.
[16:15] Ein Sprecher der (Anti-G8-)Demonstrationsveranstalter (in Rostock) wirft der Polizei vor, Auseinandersetzungen durch gezielte Provokationen ausgelöst zu haben. Die Polizei bringt Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge in die Nähe des Geschehens. Augenzeugen berichten von verletzten Demonstranten.
[17:40] Ein Sprecher auf der Kundgebung spricht von "Angriffen der Polizei". Die Situation eskaliert.
[17:44] Augenzeugen berichten von massiven Kämpfen. An manchen Stellen habe es den Anschein, als wolle die Polizei die Veranstaltung sprengen."

Ich tu's ja nicht zu kommerziellen Zwecken, aber ich kann einfach nicht widerstehen: hier für mich das Bild des Tages:
Was habe ich neulich im Netz gelesen? "Wer glaubt, daß der Verfassungsschutz die Verfassung schützt, glaubt auch, daß Zitronenfalter Zitronen falten."

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Freitag, 1. Juni 2007
Ost-Ostseeküste
April verweht und Mai vorbei; heute schon der 1. des Mittsommermonats, und die Fahrt geht weiter nach Osten, über die Wakenitz, den ehemals so verwunschenen Grenzfluß zwischen BRDDR. Unbegradigt, unbenutzt, zugewachsen, fast überwuchert an manchen Stellen wie ein Urwaldfluß, so sah die Wakenitz damals auf ihrem Lauf zwischen Ratzeburger See und Lübeck aus. Heute zerhackt die Asphaltschneise der A 20 das ehemalige Eisvogelparadies, in dessen Wasser auch Störche und reglos Reiher darauf warteten, Fische zu spießen. In die alte Süd-Nord verlaufende Trennungslinie schlug die Riesenaxt der Geschichte ihre Kerbe und legte eine Ost-West-Verbindung hindurch. Also hinter der Silhouette der sieben Türme links ab und hinüber, von der ehemaligen Grenze nur noch ein Brückenschild: "Wakenitz", Vollgas und bald tauchen hinter einer Kuppe der Turm von St. Nikolai und die Häuser von Wismar auf.
Das reicht an Autobahnkilometern, auf der Landstraße kann ich mit offenem Visier fahren und bekomme jeden Geruch mit. Der Raps ist verblüht, doch entlang der Feldraine duftet es nach wilder Kamille, dazwischen schön blau blühende Wegwarte oder Zichorie. Im Dunkelgrün der Weizenfelder explodiert das Rot des Klatschmohns. Schönste und wildeste aller Sommerblumen; so ihrer Freiheit verbunden, daß sie sich nicht zur Schnittblume hergibt. In eine Vase gestellt, tut sie ihren Henkern nichts zu Gefallen, sondern legt den Kopf auf die Seite und stirbt binnen Stunden.

Geringer Verkehr, die wenigen Autos kaum mehr als ein leicht gesteckter Slalomparcour: ran, ausschwingen, vorbei, einscheren.
Dann Kühlungsborn. "Hier verbindet sich der Charme der 'guten alten Zeit' mit Komfort von heute", heißt es. Der deutsche Gartenzwerg lebt, mein Fazit. Bloß weiter! Aber weiter geht's nicht. Schon in Kühlungsborn wurden die gefährlichen Rentnertouristen von martialischen Greiferkommandos der Polizei beaufsichtigt. Eigentlich wollte ich die Sehenswürdigkeit dieser Tage besichtigen: den demokratischen Schutzwall um Scheinheiligendamm, aber so weit kommt man schon nicht mehr. Jede Straße dorthin ist Kilometer im Vorfeld mit Straßensperren abgeriegelt, im Hintergrund Mannschaftswagen, lungernde Heerhaufen grün und schwarz Uniformierter. Die Bürgerkriegsarmee ist aufmarschiert und hat Stellung bezogen. Ganze Konvois von Einsatzfahrzeugen, abschnittweise überwiegen sie den Zivilverkehr, patrouillieren auf allen Straßen, parken in jeder Haltebucht in Einsatzbereitschaft. In Rostock ist der Belagerungszustand ausgerufen. An jeder Ecke Polizeiposten in Nahkampfrüstung. Und das alles wegen dieser 8 Clowns, die meinen, die Welt zu regieren.

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Mittwoch, 23. Mai 2007
Gedanken ins Blaue
Schon drei Wochen wieder mehr oder weniger ortsfest zu Hause, und doch noch nicht ganz wieder angekommen. Keine Rastlosigkeit, aber eine Lust, gleich erneut aufzubrechen, ist geblieben. "Hummeln im Hintern haben", hieß das früher bei uns. Blau soll da beruhigend wirken. Aber die Hummel schwirrt.
"Fjarlægðin gerir fjöllin blá og mennina mikla", lautet eines der oft überraschenden isländischen Sprichwörter. "Die Ferne macht die Berge blau und die Menschen groß." - Blau, die Sehnsuchtsfarbe der Ferne, selbst wenn sie im eigenen Garten wächst.

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Samstag, 19. Mai 2007
Wo sind wir denn hier?

In Schweden?
Nicht mehr ganz.

Südschweden? Ystad? Wallanderland??

(Aus den "Reisebildern":) Die Stadt Stade staht an der Schwinge, und Lüder mußte wirklich ganz schön Schwung holen, um sich am alten Kran hinüberzuschwingen. Die Stadt Stade, berühmt durch ihre Orgeln und ihre Kernkraft, gehörte einst dem Könige von Schweden und enthält noch heute das Zeughaus mit der Kartusche Carls des Verrückten und den Schwedenspeicher, in dem alte Schweden gespeichert werden. Stade ist so alt, daß sein Alter noch auf das Umland abfärbt, welches man das Alte Land nennt. Im allgemeinen werden die Bewohner Stades eingeteilt in Wohltäter und ihr Gegenteil (und die finden dort ihren Richter). Die Wohltäter sind in Orden organisiert wie die Schwestern von der Runden Tafel und dürfen sich in der Stadt auf Backsteinen verewigen. Die Gegenteiligen tun es ohne behördliche Erlaubnis. Stade hat viele Backsteine und -fische, alte und neue. Die Stadt selbst ist schön und gefällt einem am besten...


Schönen Gruß an die Stader. Iss'es recht so?

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