Vom venezianischen Glockenturm von Sveti Jurij klingt dünnes Glockenläuten durch die morgendliche Stille. Die Luft ist warm, fast ein wenig schwül. In der Nacht hat es geregnet. In den ausgewaschenen Höhlungen und Vertiefungen der alten Steinplatten, mit denen die Altstadt gepflastert ist, steht Wasser. Die Tropferei von oben hat aufgehört, die graue Wolkenwand zieht übers Meer nach Norden Richtung Friaul, nur von den Dachtraufen tröpfelt es noch. Als die Glocken verklungen sind, kann ich es hören. Und das Flattern irgendwo auffliegender Tauben. Eine Frau wischt die Caféhaustische unter einer Markise ab. “Dobro jutro!” – “Dobar dan!” Eine dunkle Katze drückt sich in der engen Gasse an mir vorbei. Der schwere Duft von frisch gebrautem Kaffee wallt aus der Bar an der Ecke. Die Stände auf dem kleinen Marktplatz sind natürlich noch leer. Es ist Sonntagmorgen. Aber der Bäcker hat schon geöffnet. “Tri Kajserice, molim.”
Auf dem Rückweg am Ufer entlang mit meinen Kaiserbrötchen im Arm begegnen mir ein Jogger in Neongrün und ein junges Mädchen, das seinen Hund ausführt. Gedankenverloren bummelt es unter einem Regenschirm dahin, bemerkt mich gar nicht. Guckt unter der Schirmkante aufs Meer hinaus. Was zeigt es zusammen mit den Wolken aber auch für wundervolle Nuancen und Schattierungen von Grau! Der Hund bleibt stehen, sieht das Mädchen erwartungsvoll an. Es tunkt eine Schuhspitze in eine Pfütze und spritzt den Hund naß. Der schüttelt sich, bellt einmal fröhlich, bleibt dann mit gespreizten Vorderläufen und geduckt in Erwartung einer neuerlichen Dusche vor der Pfütze stehen. Das Mädchen tut ihm den Gefallen. Ich gehe weiter. Mehr gibt es von diesem Morgenspaziergang eigentlich nicht zu berichten.
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