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Donnerstag, 12. September 2013
Porto Montenegro
Eine solche Perle wie die Bucht von Kotor kann, nein, darf man – sobald es keinen Staat mehr gibt, der stark genug ist, sie zu schützen – natürlich nicht bloß den Einheimischen lassen. Sie schreit doch geradezu danach, daß die mit Einfluß und Verbindungen unter ihnen und natürlich Investoren, die selbst Vorsitzende staatstragender Parteien in Deutschland öffentlich als Heuschrecken brandmarken, Kapital daraus schlagen. Das Ergebnis in der Boka von Kotor heißt Porto Montenegro. Der erste Tiefwasser-Jachthafen für Superreiche an der ehemals jugoslawischen Adria.

Initiator und Großinvestor ist Peter Munk, ein aus reicher ungarischer Familie stammender Kanadier. In den 1960er Jahren machte er ein Vermögen mit der Herstellung von Musikmöbeln und HiFi-Stereoanlagen, verkaufte dann aber in einem typischen Insidergeschäft klammheimlich seine Anteile an Clairtone, unmittelbar bevor die totale Überschuldung des Unternehmens öffentlich gemacht werden mußte. Die öffentliche Hand übernahm die Firma und die Schulden, um für ein paar Jahre noch tausend Arbeitsplätze zu sichern. Wie man das so macht, wenn man reich werden will: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.
(Umso ärgerlicher, wenn's mal schiefgehen sollte wie hoffentlich im Fall einer möglichen US-Intervention in Syrien. Dazu taufrisch The Onion)

Das Ergebnis sieht dann auf der Habenseite z.B. so aus wie die Queen K:
So sehen privatisierte Profite aus.
Den Reibach, den Munk auf diese Weise gemacht hatte, steckte er für einige Jahre in die damals größte Hotelkette im australisch-asiatischen Raum. “1983 tat sich Munk mit seinem früheren Kommilitonen David Gilmour [von Clairtone] zusammen. Sie wetteten, dass der vor sich hindümpelnde Goldpreis bald anziehen wird. Sie gründeten Barrick, gaben an der Börse Toronto Aktien aus und kauften die Hälfte einer Mine in der Provinz Ontario. Schnell übernahmen sie auch Bergwerke in Nevada und Quebec, dann folgten Zukäufe in Lateinamerika und Afrika.” (Wall Street Journal, 24.4.13) Heute ist Barrick Gold dank weiterer aggressiver Übernahmen der größte Goldminenkonzern der Welt.
Peter Munk besitzt zwar nur noch wenige Anteile am Konzern, ist aber auch mit Mitte Achtzig noch immer Aufsichtsratsvorsitzender und trifft alle strategischen Entscheidungen. Und er weiß sehr genau, wie man mit Geld Politik macht und Interessen durchsetzt. Dabei tritt er gern als Wohltäter und großzügiger Spender auf. Der Universität von Toronto hat er mehr als 50 Millionen Dollar gespendet, zur Einrichtung eines nach ihm benannten Instituts für “Global Affairs” – geknüpft allerdings an die Bedingung, daß die Arbeit am Institut "fit with the political views and sensitivities of Peter Munk", wie Linda McQuaig in ihrem Buch The Trouble with Billionaires schreibt. “ For that matter, the school's director will be required to report annually to a board appointed by Munk 'to discuss the programs, activities and initiatives of the School in greater detail.” So viel zur Anerkennung der Freiheit von Forschung und Lehre durch den Industrieboss. Inzwischen gibt es in Toronto eine Kampagne gegen seinen Einfluß auf die Universität. Übrigens ist Munk auch Mitglied der kanadischen Sektion des zionistischen Jüdischen Nationalfonds, der u.a. in der israelischen Siedlungspolitik in Palästina aktiv ist und 13% der Gesamtfläche Israels in seinem Besitz hat, die er trotz mehrer deswegen verlorener Gerichtsprozesse rassistisch weiterhin ausschließlich an Juden und nie an Araber verpachtet.
Mit ein bißchen Spielgeld wollte sich Mr. Munk auf seine alten Tage auch einmal persönlich etwas Angenehmes gönnen. Von der klammen Regierung des gerade wieder unabhängig gewordenen, aber armen und unentwickelten Montenegro kaufte er zusammen mit dem Abramowitsch-Freund und russischen Aluminium- und Nickel-Magnaten Oleg Deripaska und der Familie Rothschild ein altes Werftgelände in der Bucht von Kotor. Sie ließen es in eine Marina für Superjachten umbauen, “die den Bedürfnissen der wachsenden Community der Superyachtbesitzer gerecht würde”, eine “Gated Community”, ein Ghetto für die armen Reichen dieser Welt. Die ehemaligen Werftarbeiter und ihre Familien sowie die Billigtouristen in der die Marina umgebenden Gemeinde Tivat werden mittels Preis- und anderer Schranken ausgesperrt. Es ist anzunehmen, daß die Jachtbesitzer die Vorhänge der Stretchlimousinen zuziehen, wenn sie sich von den Liegeplätzen zum nahen Flughafen leider mitten durch das Armeleuteelend chauffieren lassen müssen.

Der Ausbau von Porto Montenegro ist noch nicht vollständig abgeschlossen, aber auch die fertiggestellten Apartments scheinen keineswegs alle Käufer gefunden zu haben. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, warum sich jemand zu völlig überzogenen Preisen in diese sterilen Kästen einkaufen sollte, die das fast ausgestorben wirkende Ensemble aussehen lassen wie eine Geisterstadt von de Chirico, wenn man gleichzeitig im Hafen einen Luxuskreuzer liegen hat, der mit Sicherheit mindestens ebensoviel Komfort bietet wie die Wohnungen an Land. Bei unserem Rundgang war übrigens mindestens die Hälfte dieser schwimmenden Geldfestungen unter der Flagge der Cayman Islands registriert. Da gibt es offenbar nicht nur mehr Briefkastenfirmen als Einwohner. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Wanderheuschrecken der Meere dauerhaft in Montenegro bleiben werden. Noch ist es ein neuer Spielplatz, und es mag sein, daß auch hier die Behörden Russen und Chinesen mit unbeschränkten Aufenthaltsgenehmigungen winken, wenn sie investieren, aber “ein zweites Monaco”, wie angepriesen, wird daraus m.E. nie werden, selbst wenn sich gerade, als wir in Kotor waren, auch Prince Albär der Viertelvorzwölfte mit großer Entourage dort herumführen ließ.

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