Von Serbien führt nur eine größere Straße in dieses Land der dunklen (weil bewaldeten) Berge und weiter zu seiner neuen Hauptstadt Podgorica (“Am Fuß der Berge”) im glühend heißen Becken einer bergumschlossenen Hochebene, und diese Straße führt durch die lange, gewundene und dramatisch enge und schroffe Schlucht der Morača, die von den Durchfahrenden Jahr für Jahr einen grausamen Tribut an Todesopfern eintreibt. Nur sechs Tage, nachdem wir glücklich durchgekommen sind, stürzt dort ein Reisebus aus Rumänien in die Tiefe: 16 Tote.
Wir hatten den dringenden Rat bekommen, bloß nicht im Dunkeln durch die Schlucht zu fahren, dann seien vor allem völlig übermüdete Fernfahrer auf der unbeleuchteten, kurvenreichen und schmalen Straße unterwegs. Und wir waren gut beraten, uns an diesen Tip zu halten.
Als Nachtquartier liegt Zlatibor günstig, ein Wintersportort am Fuß des 1500 Meter hohen Tornik in den Murtenica-Bergen im Grenzgebiet zu Bosnien und Montenegro. Allerdings ist der in schöner Berglandschaft gelegene Ort ein Rummelplatz der billigeren Sorte. Viele Sporthotels in einem Stil, der in den Siebzigern als modern bis futuristisch gegolten haben mag, bieten immerhin eine ausreichende Bettenzahl, um auch kurzfristig noch unterzukommen. In den Kriegsjahren der Neunziger dienten sie, das ist noch nicht vergessen, als Trainings- und Etappenlager für serbische “Spezialtruppen des Innenministeriums” (also des Geheimdienstes), während jenseits der noch umkämpften Grenzen die bosnischen Serben in Višegrad, Goražde und Srebrenica ihre Greueltaten verübten. Heute gibt sich Zlatibor wieder als Ferienidyll, dreht sich neben einem künstlichen Dorf aus Laubsäge-Holzhütten fürs Aprèsski ein Kettenkarussell, lassen Urlauber ihre Kinder Autoscooter fahren und hauen sich derweil Lappen von gegrilltem Bauchspeck rein.
Prijepolje ist dagegen ein hübsch am Lim gelegenes Provinzstädtchen, das einen vergleichsweise freundlichen Eindruck auf uns macht. Der Fluß hat die frische, klargrüne Farbe von Bergbächen, und wir kurven seinem Lauf folgend Richtung Montenegro.
Kaum zwanzig Kilometer hinter der Grenze geraten wir hinter einer Kurve in den ersten Hinterhalt der Uskoken von der montenegrinischen Polizei. Kaum können sie unser ausländisches Kennzeichen erkannt haben, fliegt auch schon die Kelle in die Höhe. Einer der beiden uniformierten Wegelagerer präsentiert uns eine Radarpistole. Ob das Gerät geeicht ist, ob die Messung wirklich von unserem Wagen stammt oder von einem vorausfahrenden, der wegen seines einheimischen Nummernschilds unbehelligt weiterfahren durfte, bleibt im Dunkeln. Nach uns donnern jedenfalls noch einige einheimische Laster mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit vorbei. Einer wird von den Beamten verstohlen gegrüßt. Uns verkünden sie bedauernd, aber amtlich, sie müßten unsere Papiere einbehalten, bis wir in der nächsten Stadt bei einer Bank 70 Euro eingezahlt hätten und mit der Quittung zurückkämen. Es handelt sich wohl um die montenegrinische Art der Mauterhebung, und “der Staat sind wir”, sagen sich die beiden montenegrinischen Polizisten. Wir einigen uns auf 20 Euro bar auf die Hand ohne Quittung und dürfen weiterfahren.
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