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Sonntag, 4. August 2013
Kladovo

Nach dem heftigen Gewitter am Vorabend zog am folgenden Morgen hinter dem Eisernen Tor ein strahlender Sommertag herauf. Aus dem offenstehenden Fenster des Hotelzimmers fiel der Blick auf die Werftkräne von Turnu Severin am rumänischen Ufer und wanderte über die leicht gekräuselten Wellen der Donau flußauf zum Staudamm von Ðerdap I, über dem Morgennebel sehr stimmungsvoll zwischen den Bergen aufwölkte.

Der Frühstückssaal war voller Trainingsanzüge, und am “Strand” vor dem Hotel kam schon bald ein Volleyballturnier in Gang, doch die schlabbrigen Hosen mit den drei Nahtstreifen werden im Osten Serbiens nicht nur von Sportlern getragen. Vielmehr scheinen sie, wie wir auf einem ausgedehnten Spaziergang durch Kladovo feststellen konnten, dem Mann auf der Straße das zu bedeuten, was dem Jungbankster in der Frankfurter City sein Armanianzug ist.

Kladovo also. Man sollte es gesehen haben, weil man in dieser Provinzstadt den wirtschaftlichen und allgemeinen Abstieg Serbiens seit dem Zerfall Jugoslawiens und vergebliche zwischenzeitliche Bemühungen um einen Aufschwung an einem Ort übereinander gelegt sehen kann wie die Schichten einer archäologischen Grabung. Da stehen noch die mittlerweile angerosteten und zerbeulten Einheitspilze der Bushaltestellen aus der sozialistisch-föderativen Ära mit angeklebten Todesanzeigen, einer Sitte aus vermutlich noch älteren Zeiten, als es noch keine Tageszeitungen gab.

Da stehen postsozialistische Neureichenhäuser mit Zementlöwen vor dem Eingang neben Plattenbauten, die niemand in Schuß hält und auf deren Vorplätzen, Gras, Löwenzahn, Wegwarte und viel Unkraut sprießen; da gibt es viele leere Schaufenster neben Läden, in denen Ramsch feilgeboten wird, und deren noch billigere Konkurrenz, die kineska radnja, der Chinesenladen.

Man findet ihn heute in jeder serbischen Stadt gleich mehrfach, denn die Billigstimportware der chinesischen Händler war für die Serben in den ganz schlechten Neunziger Jahren oft das einzig Erschwingliche, als alles andere in der galoppierenden Inflation nicht mehr zu bezahlen war. “Sie waren die Rettung für den Haushalt des kleinen Mannes”, erklärt mir die Herzogin mit einem dankbaren Blick in Richtung des nächsten gelbhäutigen Shopkeepers in Feinrippunterhemd über Flipflops.

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