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Mittwoch, 9. November 2011
Vornehme Diskretion in Zug
Tiefer hinein in die Innerschweiz. Tief wie der Zuger See ist in Stadt und Kanton die Verschwiegenheit, die Diskretion. 25.000 Einwohner und 12.000 eingetragene Firmensitze – das sagt dennoch einiges. Auffällig viele Ölgesellschaften wie BP und Transocean (Stichwort “Deepwater Horizon”) sind neben Tausenden Briefkastenfirmen darunter, aber auch Boris Becker & Co. und die Infront Sports & Media, ehemals KirchSport AG, geleitet von einem Neffen von FIFA-Chef und “Saubermann” Sepp Blatter und Günter Netzer.
Groß geprotzt wird in dem schmucken Städtchen am Zuger See, dessen historische Altstadt innerhalb der Mauern aus zwei Straßenzügen besteht (eine dritte Gasse mit 26 Häusern ist 1435 im See versunken), allerdings nicht, und so kann man kaum ahnen, daß die Steueroase Zug tief im Schweizer Mittelland und weiter als 300 km von der nächsten Hafenstadt entfernt der zweit- oder drittgrößte Handelsplatz für Ölgeschäfte weltweit ist. Da kann man den paar einheimischen Bürgern schon mal ein kleines Afrikamuseum oder eines für Fischerei spendieren. Das Zuger Kunsthaus ist hingegen voll und ganz aus Leihgaben und Schenkungen alteingesessener Sammler ein nicht unbedeutendes Museum geworden. Es enthält die bedeutendste Kollektion zur Wiener Moderne außerhalb Wiens und veranstaltet auch immer wieder Ausstellungen mit international höchst renommierten Künstlern wie Olafur Eliasson oder Kandinsky und Schönberg.
Gegen neu zugezogene Mitarbeiter der zahlreichen Firmen und Niederlassungen schirmen sich die Alteingesessenen sorgsam ab. Neben oder besser über der Einwohnergemeinde (Kommune) besteht eine Bürgergemeinde, der u.a. die Erteilung des Gemeindebürgerrechts zusteht. Noch erlauchter ist ein innerer Zirkel alteingesessener Familien, der in der Korporationsgemeinde zusammengeschlossen ist und besonders aus den Grundbesitzern in Stadt und Umland besteht. Zwar beklagen die Zuger, daß die neu Zugezogenen kaum Anteil am kommunalen Leben in der Stadt nähmen und sich in ihrer Freizeit stets nach Zürich orientierten, aber ich bezweifle, daß man innerhalb einer Generation überhaupt akzeptierter Zuger Bürger werden kann.
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