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Samstag, 23. Juli 2011
Johan Huizinga
Wenn ich etwas über den berühmtesten Sohn der Stadt erfahren wollte, über Erasmus von Rotterdam, könnte ich mir keinen besseren Vermittler denken, als seinen Landsmann Johan Huizinga, den wohl besten Kenner der niederländischen Verhältnisse im Herbst des Mittelalters.
Mit der beeindruckend gelehrten historischen Abhandlung dieses Titels war er 1919 mit einem Schlag unter allen europäischen Geisteswissenschaftlern bekannt und eine Berühmtheit geworden. Doch war Huizinga wohl ein eher pessimistisch gestimmter Mensch. Als den auslösenden Gedanken zu seinem historiographischen Meisterwerk hat er selbst die Einsicht benannt, die ihm 1907 auf einem Spaziergang über die grünen Wiesen Frieslands aufging: “Das späte Mittelalter ist nicht die Ankündigung eines Kommenden, sondern ein Absterben dessen, was dahingeht.”
Da war er gerade 35 und frisch berufener Professor. Doch skeptisch bis pessimistisch beurteilte Huizinga auch seine eigene Zeit und ganz besonders den Aufstieg des Nationalsozialismus in der Mitte Europas, den er von Anfang an als “Barbarei” erkannte und benannte. Gegen dessen Antisemitismus setzte er gleich zu Beginn ein deutliches Zeichen. 1933 eröffnete er als Rektor an der Universität Leiden eine Tagung des International Student Service und wies einen der führenden deutschen Antisemiten, Goebbels-Mitarbeiter und Hitler-Biograph Johann von Leers, kraft seines Amts aus der Universität. Der Vorfall führte zu einem offiziellen Protest der Reichsregierung Hitler in Den Haag. Doch Huizinga ließ sich nicht einschüchtern und in seiner Zeitanalyse nicht beirren. 1935 veröffentlichte er Im Schatten von morgen. Eine Diagnose des kulturellen Leidens unserer Zeit. Das Buch und überhaupt sämtliche Schriften Huizingas landeten in Hitlerdeutschland prompt auf dem Index “schädlichen und unerwünschten Schrifttums”.
Er selbst stand nach der deutschen Besetzung der Niederlande auf einer Liste potentieller Geiseln. Eine Einladung zur Emigration in die USA lehnte er ab. Aus Protest gegen die Einmischung der Besatzer in Universitätsangelegenheiten bat er 1942 um seine Emeritierung. Die Nazis schlossen die ganze Uni. Huizinga wurde verhaftet und im August ‘42 mit siebzig Jahren im niederländischen Geisellager Sint-Michielsgestel interniert. Doch war er international zu bekannt, als daß die Nazis seinen Tod in ihrer Haft riskieren wollten. Unter der Auflage, nicht nach Leiden zurückzukehren, wurde er entlassen und erhielt einen Wohnsitz in der Nähe von Arnheim zugewiesen. Dort starb er, als die Alliierten nach der verlorenen Schlacht um die Brücke von Arnheim gerade ein zweites Mal zum Angriff auf den Niederrhein antraten, am 1. Februar 1945. Der unmittelbar bevorstehende totale Zusammenbruch der Nazidiktatur war ihm sicher längst klar. Bei der Arbeit an seinem letzten Werk, Geschändete Welt. Eine Betrachtung über die Aussichten auf Genesung unserer Kultur, geschrieben im Sommer ‘43, konnte er wohl wieder Hoffnung schöpfen.
Mit der beeindruckend gelehrten historischen Abhandlung dieses Titels war er 1919 mit einem Schlag unter allen europäischen Geisteswissenschaftlern bekannt und eine Berühmtheit geworden. Doch war Huizinga wohl ein eher pessimistisch gestimmter Mensch. Als den auslösenden Gedanken zu seinem historiographischen Meisterwerk hat er selbst die Einsicht benannt, die ihm 1907 auf einem Spaziergang über die grünen Wiesen Frieslands aufging: “Das späte Mittelalter ist nicht die Ankündigung eines Kommenden, sondern ein Absterben dessen, was dahingeht.”
Da war er gerade 35 und frisch berufener Professor. Doch skeptisch bis pessimistisch beurteilte Huizinga auch seine eigene Zeit und ganz besonders den Aufstieg des Nationalsozialismus in der Mitte Europas, den er von Anfang an als “Barbarei” erkannte und benannte. Gegen dessen Antisemitismus setzte er gleich zu Beginn ein deutliches Zeichen. 1933 eröffnete er als Rektor an der Universität Leiden eine Tagung des International Student Service und wies einen der führenden deutschen Antisemiten, Goebbels-Mitarbeiter und Hitler-Biograph Johann von Leers, kraft seines Amts aus der Universität. Der Vorfall führte zu einem offiziellen Protest der Reichsregierung Hitler in Den Haag. Doch Huizinga ließ sich nicht einschüchtern und in seiner Zeitanalyse nicht beirren. 1935 veröffentlichte er Im Schatten von morgen. Eine Diagnose des kulturellen Leidens unserer Zeit. Das Buch und überhaupt sämtliche Schriften Huizingas landeten in Hitlerdeutschland prompt auf dem Index “schädlichen und unerwünschten Schrifttums”.
Er selbst stand nach der deutschen Besetzung der Niederlande auf einer Liste potentieller Geiseln. Eine Einladung zur Emigration in die USA lehnte er ab. Aus Protest gegen die Einmischung der Besatzer in Universitätsangelegenheiten bat er 1942 um seine Emeritierung. Die Nazis schlossen die ganze Uni. Huizinga wurde verhaftet und im August ‘42 mit siebzig Jahren im niederländischen Geisellager Sint-Michielsgestel interniert. Doch war er international zu bekannt, als daß die Nazis seinen Tod in ihrer Haft riskieren wollten. Unter der Auflage, nicht nach Leiden zurückzukehren, wurde er entlassen und erhielt einen Wohnsitz in der Nähe von Arnheim zugewiesen. Dort starb er, als die Alliierten nach der verlorenen Schlacht um die Brücke von Arnheim gerade ein zweites Mal zum Angriff auf den Niederrhein antraten, am 1. Februar 1945. Der unmittelbar bevorstehende totale Zusammenbruch der Nazidiktatur war ihm sicher längst klar. Bei der Arbeit an seinem letzten Werk, Geschändete Welt. Eine Betrachtung über die Aussichten auf Genesung unserer Kultur, geschrieben im Sommer ‘43, konnte er wohl wieder Hoffnung schöpfen.
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