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Sonntag, 22. November 2009
Am Wendepunkt. Steilkliff von Saka
Von Tallinn ostwärts auf die russische Grenze bei Narwa zu führte die äußerste Etappe dieser Reise. Mit leicht gemischten Gefühlen, denn überall kann man nachlesen, daß dies der Schmutzwinkel Estlands ist. Jahrzehntelang wurde hier Ölschiefer abgebaut, der einzige Rohstoff des Landes, den man zur Energiegewinnung in großen Kraftwerksblöcken verbrannte. Abraumhalden sollten die Gegend prägen, die Luft hochgradig belastet sein. Von all dem bekommt man auf der Küstenstraße kaum etwas mit. Viel mehr war es die Fahrt in ein Nirgendwo; Ortschaften wurden immer kleiner, sahen immer zurückgebliebener aus und lagen immer weiter auseinander, aufgegebene Felder verkrauteten und wucherten zu, junger Wald breitete sich aus, wurde dichter, als sollte besiedeltes Land überhaupt bald aufhören und nur noch - immer wieder reizvolle Vorstellung - aufs Neue unbewohnte, sich renaturierende Natur folgen; da standen wir auf einmal vor einem blitzsauberen, modernen Tagungshotel unmittelbar am Rand eines fünfzig Meter hohen Steilufers.
Unten spülte die Ostsee über runde Wackersteine auf den Strand, dahinter erstreckte sich das Meer weit über den Horizont hinaus nach Norden. Tief jagten graublaue Wolken vor Westwind dahin, hier und da von der untergehenden Sonne an den Rändern leuchtend vergoldet. Wir standen am Ufer, betrachteten die ständig wechselnden Lichtspiele auf den Wellen und sahen zu, wie die Nacht heraufzog. Morgen würden wir den Kühlergrill endgültig nach Süden wenden.
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