Du schlägst früh die Augen auf und siehst als erstes die charakteristisch milde, leicht gebrochene goldene Röte der aufgehenden Septembersonne und hellgraue Wölkchen, die über den Himmel treiben. Dein Blick wandert tiefer und sieht, daß in den Senken zwischen den bewaldeten Dünenrücken zum ersten Mal Schleier von Morgennebel liegen. Du freust dich darauf, mit der durchs geöffnete Fenster einströmenden kühlen Morgenluft erstmals wieder den rauchig-erdigen Duft des kommenden Herbstes einzuatmen. Aber es riecht nicht nach Wald oder Erde. Stattdessen ist der Luft unverkennbar ein Hauch von Ölraffinerie beigemischt. Da fällt dir wieder ein, daß du im Südwesten Hollands bist: Agglomeration Randstad, dichtbesiedelste Region Europas.
"Zersiedlung ist die Folge niederländischer Raumplanungspolitik. Ihr Ziel war bis in die neunziger Jahre die gleichmäßige Verteilung der Bevölkerung auf möglichst weit verstreute Siedlungsflecken. Es entstand, was in den Vereinigten Staaten "sprawl" genannt wird: Ein Siedlungsfleck ohne ästhetische Idee, ohne strukturgebendes raumplanerisches Konzept." (Freitag, 19.4.2002) Inzwischen hat man auch in den Niederlanden das unbehagliche Gefühl, es sei langsam Zeit, umzudenken, aber das ist mühsam. Es gibt eine viel einfachere Lösung: umdefinieren.
"Stadtplaner Professor Dirk Frieling von der Technischen Universität Delft vertrat schon Mitte der neunziger Jahre eine betörende Idee: Der Nordwesten der Niederlande dürfe nicht mehr als stark besiedelte Region gedacht werden, sondern als dünn besiedelte Stadt."
Yep, guck mal, wieviel Platz man da auf einmal wieder hat! Und weiter geht's mit dem Zusiedeln.
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