Ich stehe und blicke - so weit der Blick bis in die tiefen Wolken oder Nebelbänke reicht - über diese ebene Fläche, auf der es nichts zu geben scheint als fruchtlosen schwarzen Sand - und mich. Ist das nicht der ideale Nullpunkt aller Philosophie? Das Nichts und darauf ein Ich. Wie kommt es dahin? Aus dem Nichts? Die Definition des Nichts scheint mir so einfach wie evident. Es ist nichts, die Abwesenheit von allem. Die Frage nach dem Ursprung von nichts stellt sich nicht. Was nicht da ist, hat auch keinen Ursprung. Anders verhält es sich mit dem Ich. Im Unterschied zum Nichts ist es da, lebt, existiert. exsisto, ich trete hervor. Woraus? Und was tritt da hervor? Was ist das, was sich Ich nennt? Woher kommt es? Wohin geht es?
Ich setze mich in Bewegung. Beim Gehen denkt es sich vielleicht beweglicher. Ich - setze - mich, in Bewegung. Wohin ich mich bewege, wird durch das Nichts um mich her nicht vorgegeben. Mir steht jede Richtung offen. Ich entscheide hier, ob ich weitergehe oder zurück dahin, woher ich gekommen bin, ob ich mich nach links wende oder nach rechts. Es mag Gründe geben, die eine oder andere Richtung zu bevorzugen, aber ich kann diese Gründe gegeneinander abwägen, und letzten Endes entscheide ich. Das nenne ich Freiheit.
"Und man verstehe die Freiheit, aufzubrechen, wohin man will", schießt mir durch den Kopf. Hölderlin. Ich hätte die Form lieber persönlicher, richtet sich die Forderung nicht an ein Du? Versteh die Freiheit, aufzubrechen, wohin Du willst. Schon, aber das “man” ist hier vielleicht nicht nur verallgemeinernd gedacht, sondern auch inkludierend: Hölderlin richtet seine Aufforderung an andere, aber auch an sich selbst: Du und ich, wir alle sollten die Freiheit begreifen, die darin liegt, aufzubrechen, wohin wir wollen.
Dass es diese freie Wahl überhaupt gibt, wird mit guten Gründen bestritten. Aber vielleicht liegen das Wagnis, der Mut und die Hoffnung des deutschen Idealismus, an dem der junge Hölderlin begeistert mitwirkte, gerade darin, die Möglichkeit der Freiheit in einer sich gerade industrialisierenden und maschinisierenden Gesellschaft noch einmal zu denken und zu postulieren.
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