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Dienstag, 24. Februar 2015
Spaziergang in Leiden. Von Bescheidenheit und Teetrinken. Rikyu (I)
Mauerpoesie in Leiden
Unterdessen lehrt einen ein weiterer Winter in den Niederlanden wieder Demut vor dem Wetter und Bescheidenheit in vielen anderen Dingen. Bescheidenheit ist an sich kein schlechter Leitfaden, schade nur, daß er in den Niederlanden durch den Kalvinismus seit bald 500 Jahren vor allem als Geschäftstüchtigkeit ausgelegt und als Knausrigkeit gelebt wird. Der Ausdruck ‟einen guten Kauf machen” ist im Niederländischen zu einem Wort zusammengezogen und in seiner Bedeutung einseitig verengt worden: goedkoop heißt nichts weiter mehr als: billig. Und daß etwas ‟goedkoop” ist, ist hierzulande das Kaufargument schlechthin. Natürlich läßt sich das Wort auch steigern, und manche Dinge sind noch ‟goedkooper” als andere. Diese negative Steigerung, die ja eine andauernde Unterbietung darstellt, markiert den allgemeinen Weg hier und in den Nachbarländern.

Ein Land, in dem man seit ungefähr der gleichen Zeit durch Zurückhaltung und Bescheidenheit umgekehrt den Weg zu einer Verfeinerung einschlug, war Japan. Der Wegweiser hieß ursprünglich Yoshiro Sen, nahm den buddhistischen Namen Soeki an und erhielt schließlich den Namen Rikyū verliehen. Er stammte aus einer gutsituierten Kaufmannsfamilie in Sakai bei Osaka, zog es aber vor, sich von Zenmönchen in der sich damals von Sakai ausbreitenden Kunst ausbilden zu lassen, das Teetrinken auf zeremonielle Weise zu zelebrieren. Zu seiner ‟Zeit der streitenden Reiche” (Sengoku-Jahrhundert von 1477 bis 1573) kam es bei reichen Japanern in Mode, Freunde und Bekannte zum Teetrinken einzuladen, um ihnen in Form importierter kostbarer Porzellangefäße aus China den eigenen Reichtum vor Augen zu führen, wie es Reiche heute mit Haus, Auto, Boot tun. Solche Teezusammenkünfte wurden in immer feierlicherer Form veranstaltet, und es galt als vornehm, für die Teezeremonie (chanoyu) eigene Teemeister zu engagieren. Sen no Rikyu folgte allerdings dem strengen Weg des Zen: chazen ichimi: ‟Tee und Zen sind eins”, wurde aber doch zu einem gefragten Teemeister, der schließlich sogar Teezeremonien am Hof des Kaisers leitete. Dort beeindruckte er den damals mächtigsten Mann und Regenten (Kanpaku) Japans, den 15 Jahre jüngeren Warlord Toyotomi Hideyoshi. Dieser machte ihn zu seinem persönlichen Teemeister und bald Ratgeber auch in politischen Fragen, und er verlieh ihm den Namen Rikyu samt dem Titel Koji (Edler). Die beiden waren sich sicher in gegenseitiger Achtung zugetan, doch wie Hideyoshi seinen Weg des Schwerts zur Alleinherrschaft ging, folgte Rikyu dem Weg des Tees und seine Philosophie unterschied sich radikal von der seines prachtliebenden Herrn. Er war selbstsicher genug, dem Beherrscher des gesamten Inselreichs seine Sichtweise aufzuzwingen. Schon bald nach seiner Ernennung schrieb er in einem Gedicht, das man auch als subtile Drohung gegen wen auch immer verstehen kann:

Wenn Du den Weg des Tees nicht kennst, wird der Tee Dich austrinken.

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